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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ohren. »Nein! Nein!! Das hat sie nicht gesagt. Das kann Irene gar nicht sagen … das …«
    Dr. Mainetti riß ihm die Hände mit einem Ruck von den Ohren. »Hör mir zu!« sagte sie hart. »Warum, glaubst du, habe ich sie hinausgeworfen wie eine Nutte, die ihre Zimmermiete nicht bezahlt hat? Glaubst du, ich würde eine Frau so behandeln, wenn ich auch nur den leisesten Funken Hoffnung hätte, daß noch etwas zu retten ist? Ich war euch immer mehr als eure Ärztin, das wißt ihr alle. Ich war eure Freundin, euer Beichtvater, eure Mutter, wenn es nötig war. Ich habe mit euch gelitten und habe mich mit euch gefreut, und alles, was ihr hier in diesem Lazarett erlebt habt, habe ich miterlebt! Glaubst du Hornvieh wirklich, ich würde mich so benehmen, wenn ich keinen Grund hätte?«
    Fritz Adam starrte sie aus seinem Bratapfelgesicht mit flatternden Augen an.
    »Irene hat …«, stammelte er. »Frau Doktor … das ist doch gar nicht möglich. Sie hat doch noch vor drei Stunden gesagt, daß sie mich liebt! Frau Doktor … das kann doch nicht sein. Warum hat sie denn …«
    »Weil sie ein Charakterschwein ist!« sagte Lisa laut. »So nun weißt du's!« Sie drückte ihn an den Schultern aufs Bett zurück, als er wieder aufspringen wollte. »Vorhin, als ich 'reinkam, hast du geheult wie ein kleines Kind. Da hast du geglaubt, daß sie nicht wiederkommt. Jetzt willst du's plötzlich nicht mehr glauben? Warum denn? Es ist besser, unter großen Schmerzen einen Wahn aus seinem Herzen zu reißen, als immer mit einem Selbstbetrug herumzulaufen und an ihm langsam, aber sicher zugrunde zu gehen! Komm, leg dich wieder hin, heul wieder, beiß in die Kissen, schrei gegen die Wand, trommle mit den Fäusten gegen das Bett, tu irgend etwas, was dich befreit! Aber glaub es endlich und reiß dich selbst über diesen Schmerz hinweg! Es wird einmal die Zeit kommen, wo du für diese Stunde unendlich dankbar sein wirst. Und es wird gar nicht lange dauern.«
    »Sie hat einen anderen, nicht wahr?« Fritz Adam krallte die Finger um den Bettpfosten. »Irene hat einen anderen Mann. Sie hat es Ihnen gesagt, Frau Doktor, nicht wahr? Sie können es mir ruhig verraten. Nach all dem, was Sie schon gesagt haben.«
    Lisa schüttelte den Kopf. Der Junge tat ihr leid, unendlich leid. Aber sie sah keinen anderen Weg, sie mußte ihn durch diese Hölle jagen, um ihm ein neues Leben zu eröffnen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Aber ich glaube es fast.«
    »Ich bringe sie um!« schrie Adam grell.
    »Und was hättest du davon?« Lisa griff in die Tasche ihres weißen Mantels und holte einen Spiegel hervor. »Wird dein Gesicht davon anders? Komm, sieh es dir an! Ich weiß, du siehst es täglich beim Rasieren der wenigen Stellen, auf denen dein Bart noch wächst. Aber trotzdem: Guck hinein! Das ist der neue Fritz Adam!« Sie hielt ihm den Spiegel vor das Gesicht. »Los, sieh dich an!« befahl sie laut, als Adam dem Spiegelbild auswich. »Das ist Fritz Adam! Der andere Fritz Adam, der mit der Irene Puppenfee verheiratet war, ist in einem glühenden Panzer auf Rußlands Steppen geblieben. Für diesen neuen Fritz Adam mußt du leben. Und für den lohnt es sich auch zu leben. Er hat die Zukunft vor sich. Er ist ein neuer Mensch. Ein Mensch ohne Vergangenheit. Sieh ihn dir genau an, Fritz Adam: für diesen Menschen gibt es keine Irene mehr – sie paßt einfach nicht zu ihm!«
    Fritz Adam starrte sein verschrumpeltes Gesicht an. Dann warf er plötzlich die Hände nach vorn, riß den Spiegel aus Lisas Hand und schleuderte ihn mit einem Aufschrei auf den Boden.
    »Gut so!« sagte Lisa ruhig. »Tob dich aus, mein Junge! Das befreit von den letzten Schlacken. Aber vergiß nicht, daß morgen auch noch ein Tag ist!«
    Sie stand auf und verließ, ohne sich umzublicken, das Zimmer B 14. Als sie die Tür schloß, hörte sie, wie Fritz Adam aufheulte wie ein getretener Hund.
    Auf dem Flur traf Lisa Mainetti die kleine Schwester Dora Graff. Sie kam von der Weihnachtsfeier im großen Saal. Der Neueingang, der einäugige Leutnant Rudolf Fischer, war erwacht. Sie war zu ihm gegangen und hatte ihm eine neue Beruhigungsinjektion gegeben.
    »Dora, Sie können mir einen Gefallen tun«, sagte Dr. Mainetti nachdenklich und blickte auf die Tür von Zimmer 14. »Warten Sie hier zehn Minuten, und gehen Sie dann ins Zimmer. Da drinnen ist ein Mann, der dringend einer weiblichen Hand bedarf. Aber sie muß jünger sein als meine. Ich werde Sie unterdessen bei der Weihnachtsfeier

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