Das geschenkte Leben
auf und sah ihr Etikett auf dem Vorsatzpapier: ›Ex Libris JSB Smith.‹ »Sehr seltsam. Ich wußte nicht, daß so etwas da ist.«
»In deiner Bibliothek sind vielleicht zehntausend Bände, darf ich die indiskrete Frage stellen, wie viele davon du gelesen hast?«
»Oh, vielleicht zwanzig oder dreißig«, antwortete Joan unbekümmert. »Ich hatte nie Zeit, obwohl ich Bücher mochte. Nun, wenn du damit fertig bist, werden Winnie und ich es durchsehen. Es muß viele Übungen geben, von denen wir nicht wissen und die wir vielleicht lernen sollten.« Sie gab das Buch zurück; er legte es zur Seite. »Bereit zur Meditation?«
»Bereit für die Gebete. Und es tut mir leid, wenn ich letzte Nacht etwas abschätzig geklungen habe.«
»Es spielt doch keine Rolle, wie man es bezeichnet, solange man es nur ernsthaft betreibt. Aber zuerst habe ich ein Geschenk für dich. Beuge den Kopf vor.«
Er tat wie geheißen, und Joan legte ihm die Kette um den Hals. Er nahm das Ankh und betrachtete es. »Danke, Eunice. Das ist ein sehr schönes Geschenk. Soll ich es jetzt tragen?«
»Ganz wie du möchtest. Fertig, Winnie?«
Joan legte ihr Neglige ab, ließ sich auf den Teppich nieder und nahm den Lotussitz ein. Winnie folgte ihrem Beispiel. Jake zog seinen Bademantel aus und gesellte sich zu ihnen.
»Ich leite an«, sagte Joan. »Es ist nicht nötig, ›atmen‹ oder ›Atem anhalten‹ zu sagen, wenn ihr mir im Rhythmus bleibt. Wir werden das Tempo langsam halten und jeden der vier Teile mit einem Gebet einleiten. Zuerst eine Minute Konzentration.«
Pause.
»Om mani padme hum!«
*
Jake Salomon schien augenblicklich einzuschlafen, sobald sie ihn zu Bett gebracht hatten. Die Mädchen verließen still den dunklen Raum. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb Joan im Korridor stehen. »Winnie, kannst du mir einen Gefallen tun?«
»Was du willst, Joan.«
»Um welche Zeit wird das Personal morgens munter?«
»Ich weiß nicht, wann die Köchin aufsteht. Ungefähr um sechs, glaube ich. Die meisten anderen um sieben herum denn um halb acht frühstücken sie.«
»Della ist nicht wichtig, sie kommt nie in dieses Stockwerk.«
»Nun, um neun fangen sie mit dem Saubermachen an. Aber niemand arbeitet in der Nähe deines Schlafzimmers, bis du dein Frühstück kommen läßt. Bist du gestört worden?«
»Nein. Und ich will auch nicht gestört werden. Ich glaube, Hubert ist der einzige, der mir Sorgen macht. Ich werde zurückgehen und mit Jake schlafen.«
»Oh!«
»Nicht jetzt gleich, ich möchte sicher sein, daß er fest schläft. Und wenn er die ganze Nacht durchschläft, werde ich ihn nicht wecken; der Arme braucht seine Ruhe. Aber ich werde mit ihm schlafen! Ich will nicht, daß Hubert morgen in aller Frühe hereinplatzt. Weißt du eine Möglichkeit, wie wir das verhindern können?«
»Oh, ich verstehe. Soviel ich weiß, geht Hubert nie in Mr. Salomons Zimmer, bevor Mr. Salomon das Frühstück bestellt und Hubert es ihm bringt. Wenn ich unten mit den anderen esse, sehe ich Hubert oft am Tisch sitzen und Kaffee trinken und ziemlich lange die Nachrichten verfolgen. Dann wartet er auf Mr. Salomons Anruf.«
»Das ist eine Erleichterung. Dann wird außer dir wahrscheinlich niemand davon erfahren. Mir selbst würde es nicht allzuviel ausmachen, aber ich möchte auf keinen Fall, daß Jake in Klatschgeschichten hineingezogen wird. Sein Ruf ist ihm wichtig. Gut. Kannst du dreierlei für mich tun? Lies oder schlaf eine Weile in meinem Bett, daß es zerwühlt aussieht. Du kannst die ganze Nacht bleiben, wenn du willst, aber dann mußt du auch deins durcheinanderbringen. Stell deinen Wecker auf acht Uhr, und wenn ich bis dahin nicht in meinem eigenen Bett sein sollte, ruf die grüne Suite an. Und noch etwas: Würdest du mir einen Schlafanzug und Hauspantoffeln bringen? Wenn alle Stricke reißen, werde ich wenigstens angezogen sein, und zum Teufel mit den Schnüfflern. Während du die Sachen holst, werde ich dieses Neglige in mein Zimmer tun und noch ein paar Stoßgebete sagen. Ich habe mich entschlossen, aber ich bin ein wenig nervös. Ich habe Angst, Jake könnte mich zurückweisen.« (Mir scheint eher, du hast Angst, er könnte dich nicht zurückweisen.) (Willst du denn nicht, daß wir es tun?) (Doch, natürlich. Hör auf zu jammern und mach weiter.)
»Sofort, Joan. Oh, ich bin selbst ganz aufgeregt. Ich glaube, ich werde in deinem Bett schlafen. Wenn du nichts dagegen hast.«
»Du weißt, daß ich nichts dagegen
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