Das geschenkte Leben
ich über diese Farm nachdachte.«
»Was? Während du an mich hättest denken sollen?«
»Das tat ich auch, Lieber. Aber seit meiner Verjüngung scheine ich imstande zu sein, an mehrere Dinge gleichzeitig zu denken. Bessere Gehirndurchblutung, vielleicht. Unser Bankettsaal, zur Trauungskapelle hergerichtet, sah mehr wie eine Kirche aus, als er jemals wie ein Raum zum Essen ausgesehen hat. Meine Idee ist, daß wir das Haus Hugo und seiner Gemeinde zur Verfügung stellen könnten, mit einem tüchtigen Mann – Alec, vielleicht – als treuhänderischem Verwalter. Der Verwalter bekäme ausreichend Mittel für die Instandhaltung, und Hugo könnte das Haus als Kirche und Gemeindezentrum verwenden. Was sagst du zu der Idee?«
»Wenn du das Haus wirklich nicht mehr bewohnen willst, Joan, sehe ich keine Schwierigkeiten.«
»Ich will es nicht mehr bewohnen, wenn es dir recht ist.«
»Es ist dein Haus, Joan, und du kannst nach deinem Gutdünken darüber verfügen. Aber wenn du meine Ansicht hören möchtest – nun, ich bin schon vor längerer Zeit zu der Einsicht gelangt, daß es mehr Kopfschmerzen als Vergnügen bereitet, in einer großen Stadt ein Haus zu haben. Wir könnten mein kleines Haus in der Enklave Safe Harbour behalten, wenn du willst. Ich werde mit Alec sprechen und einen Plan mit ihm machen. Aber ich frage mich, ob Shorty mit dem Haus zurechtkommen wird. Ich könnte mir vorstellen, daß es ihn überfordert.«
»Du hast recht. Wenn wir einem Analphabeten ein Haus wie das überließen und niemand da wäre, der ihn in den praktischen Fragen kontrolliert, dann hätte er bald einen verwahrlosten Kasten mit eingeschlagenen Scheiben und leergeräumten Zimmern, aber keine Kirche. Aber das paßt zu der anderen Hälfte meiner Idee: was aus meinen allzu getreuen Gefolgsleuten werden soll. Man könnte allen, die zwanzig Jahre und länger bei mir gedient haben, ein oder zwei Jahresgehälter als Abfindung zahlen und ihnen so den Ruhestand schmackhaft machen. Die Handwerker und Wächter sollten wir auffordern, bei gleicher Bezahlung wie bisher für den Verwalter zu arbeiten. Hugo ist ein guter Leibwächter, aber er ist ein Kind Gottes und versteht nichts von Management. Er braucht einen praktischen, zynischen Mann als Hausmeister – nein, als gleichberechtigten Vertreter der Verwaltung. Cunningham. Oder O’Neil. Alec kann das ausarbeiten. Jake, Hugo soll ein vollständig finanziertes und verwaltetes Haus erhalten, so daß er sich ganz auf sein Seelenretten konzentrieren kann. Ich nehme an, du weißt, warum.« (Ich glaube, ich weiß, warum, Boß – aber jeder der vier hätte meinen Mörder umgebracht.) (Den anderen dreien haben wir schon auf unsere spezielle Weise gedankt – und wir werden damit auch noch eine Weile fortfahren. Aber Hugo ist ein besonderer Fall.)
»Joan Eunice, glaubst du wirklich, daß Hugo Seelen rettet?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Jake. Ich weiß nicht, wer diese Welt unter sich hat. Aber selbst wenn Hugos Predigten und Gebete nicht mehr reale Bedeutung als unsere Meditationsübungen haben, behalten sie einen Wert. Wir leben heute in einer schwierigen Welt, die den jungen Leuten kaum Hoffnungen anbieten kann. Die einen werden Dropouts und greifen zu Drogen, die anderen radikalisieren sich politisch und landen in den Gefängnissen, und wieder andere werden kriminell. Wenn welche das nicht wollen, bleibt ihnen nicht viel übrig, als nach der Arbeit zu Haus zu bleiben, stillzusitzen und Om mani padme hum zu singen oder den Rosenkranz zu beten. Und wie die Welt ist, ist das noch das beste, was sie tun können. Wenn aber Meditation und ein bedeutungsloses Gebet besser sind als die meisten Handlungen, die ihnen noch offenstehen, dann ist in der gleichen Weise gut, was Hugo anzubieten hat. Auch wenn seine Theologie hundertprozentig falsch ist. In einer Zeit, in der die Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz immer deutlicher wird, ist jeder Trost eine gute Sache. Übrigens glaube ich nicht, daß Hugo sich mehr irrt als die gelehrtesten Theologen. Jacob, niemand weiß, wer die Welt unter sich hat, und vieles spricht dafür, daß wir es nie wissen werden.«
»Ich fragte mich bloß, meine Liebe. Schwangere Frauen kommen zuweilen auf seltsame Ideen.«
»Ich bin hier unten schwanger, Liebster; hier oben ist noch immer der alte Johann. Bewahrt mich vor manchen Dummheiten, glaube ich. (Oh, das glaubst du, hm? Boß, wenn du mich nicht hättest, die dich immer wieder zur Vernunft bringt, würdest
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