Das geschenkte Leben
kannst.«
»Ich bin mehr als beinahe versucht. Aber ich sollte dich lieber nach Hause bringen. Ich habe noch eine Menge Arbeit vor mir.«
Sie fuhren eine Weile schweigend; dann sagte Mrs. Branca: »Jake … du fühltest dich ganz jung eben, bevor wir unterbrochen wurden.«
»Ich glaube, du weißt es.«
»Ja. Und ich war bereit, dich zu lassen, weißt du das? Jake, möchtest du ein Aktfoto von mir, als Ersatz? Ein gutes, nicht von so einem Schnüffler, der Tausende dafür verlangt.«
»Du meinst, dein Mann würde eins von dir machen? Sicher, wenn du einen Abzug beiseite schaffen kannst.«
»Aber Jake – ich habe Dutzende von Aktfotos. Du kannst gern eins haben – wenn du es nicht überall herumzeigst und den Mund halten kannst.«
»Deine Geheimnisse sind bei deinem Anwalt in sicherer Obhut.«
»In welcher Art soll es sein? Künstlerisch? Oder sexy?«
»Oh Gott … was für eine Wahl!«
»Mmh, vielleicht geht beides zusammen. Ich denke da an eines, wo ich unter der Dusche stehe, mit klatschnassem Haar, überall naß, keinerlei Makeup, weder am Körper, noch im Gesicht, und auch kein … nun, du wirst schon sehen. Wäre so etwas in deinem Sinne?«
»Ich werde heulen wie ein Wolf!«
»Also, du sollst eins haben. Themawechsel; wir sind gleich da. Jake? Glaubst du, daß der Boß bei dieser Transplantation eine Überlebenschance hat?«
»Ich bin kein Mediziner. Nach meiner laienhaften Ansicht – keine.«
»Das dachte ich mir. Er hat also nicht mehr lange zu leben, Operation oder nicht. Jake, ich werde mich bemühen, mich für ihn noch frecher als bisher anzuziehen.«
»Eunice, du bist ein süßes Mädchen. Es gibt nichts Netteres, was du für ihn tun könntest. Und es ist die beste Art, wie du dich für die Versicherung bedanken kannst.«
»Ich habe nicht an diese lächerliche Million gedacht, Jake, sondern nur an den Boß. Es tut mir leid für ihn. Ich werde noch heute abend versuchen, etwas wirklich Ausgefallenes für ihn zu finden. Wenn ich nichts Passendes finde, nehme ich einfach einen hautengen, durchsichtigen Body … ist zwar aus der Mode, aber mit der riesigen Bemalung darunter – Joe ist in so etwas wirklich gut. Und … nun ja, da ich jetzt eigene Wachen habe, trage ich vielleicht an manchen Tagen gar nichts außer Farbe – nur hochhackige Schuhe dazu, dann sehen meine Beine noch besser aus …«
»Und Parfüm.«
»Der Boß kann nichts mehr riechen, Jake. Funktioniert nicht mehr.«
»Ich habe meinen Geruchssinn aber noch.«
»Oh. In Ordnung. Ich trage Parfüm für dich. Und Farbe für den Boß. So was Extremes habe ich noch nie bei der Arbeit ausprobiert … aber jetzt, wo wir nicht mehr in seinem Büro arbeiten und weit weniger Leute als früher zu ihm kommen, kann ich mal testen, ob dem Boß so etwas gefällt. Joe mag es, sich provokante Designs für mich auszudenken, und er ist auch nicht eifersüchtig auf den Boß, ihm tut der arme alte Mann genauso leid wie mir. Außerdem ist es unheimlich schwierig, wirklich ausgefallene Kleidung zu finden, obwohl ich mindestens einen Abend pro Woche einkaufen gehe.«
»Eunice.«
»Ja, Jake?«
»Geh heute abend nicht mehr einkaufen. Das ist eine Anweisung vom Anwalt deines Chefs.«
»Ja, Jake. Darf ich fragen, warum?«
»Wenn du willst, kannst du morgen ausschließlich Körperbemalung tragen – dieser Wagen und meine Wachen werden dich so sicher wie die Kronjuwelen befördern. Doch heute nacht brauche ich den Wagen. Ab morgen stehen dir dann Johanns Wagen und seine Leibwächter zur Verfügung, und du wirst sie immer dabei haben, wenn du einkaufen willst. Und bei allen anderen Gelegenheiten ebenfalls.«
»Ja, Jake«, sagte sie sanft.
»Übrigens irrst du dich, wenn du denkst, Johann hätte nicht mehr lange zu leben. Sein Problem besteht darin, daß er zu lange leben muß.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Sein Problem ist, daß sie ihn nicht sterben lassen. Er ist gefangen, Eunice. Er ist in den Händen der Mediziner, und so lange er lebt, können sie eine Menge Geld machen. Außerdem sehen sie es als ihre Aufgabe an, einen Menschen am Leben zu erhalten, und so verweigern sie ihm die Gnade, einfach einzuschlafen. Als er sich von ihnen in alle diese lebenserhaltenden Apparaturen einbauen ließ, verlor er seine letzte Chance. Hast du bemerkt, daß seine Mahlzeiten ohne Messer und Gabel serviert werden? Nur mit einem Plastiklöffel.«
»Aber seine Hände zittern so …«
»Denk darüber nach. Sie haben es ihm unmöglich gemacht, irgend etwas
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