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Das geschwaerzte Medaillon

Das geschwaerzte Medaillon

Titel: Das geschwaerzte Medaillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Jane Arnold
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glasklar. Ich würde erst wirklich und richtig leben können, wenn ich aufhörte zu bekämpfen, wer ich war. Ein Geräusch schreckte mich aus meinen Gedanken. Es war ganz leise und eigentlich kaum zu hören, aber es war da. Ein leises Pochen. Ein rhythmisches Schlagen. Ich sprang auf die Füße und glitt noch in der Bewegung in die Seelensicht. Die Hütte und der Wald lagen immer noch in Dunkelheit. Die einzigen Seelenenergien waren die von Keira und mir. Keiras Seelenenergie war so intensiv und hell wie immer. Es war meine, die mich für einen Moment ablenkte. Sie schimmerte in einem Blau, das so hell war, dass es schon ans Weiße heranreichte. Sie leuchtete so hell, dass ich dachte, sie müsste das Zimmer erleuchten. Sie schlug in demselben Rhythmus wie mein Herz. Und im selben Rhythmus wie das Pochen, das ich dachte, gehört zu haben. Ich drehte mich immer wieder suchend um meine eigene Achse. Da war keine andere Seele. Niemand, der nicht hier sein sollte und doch war ich mir sicher, dass das Pochen zum Schlagen eines Herzen gehörte.

    »Craig?«, flüsterte ich plötzlich in die Dunkelheit. Ich stand auf und ging zum Fenster. Es fühlte sich kalt an, als ich meine offene Hand dagegen legte. Das Fenster beschlug von meinem Atem und legte sich in einem milchigen Schleier um meine Finger. Ein Schauer überfiel mich, als es sich anfühlte, als würde sich eine andere Hand über meine legen und seine Finger zwischen meine schieben. Ich spürte die Wärme eines anderen Körpers. Den Atem eines anderen an meinem Hals. Einen Arm, der sich liebevoll um meine Taille legte. Ich schloss die Augen und genoss den Moment. Ich wusste, dass hinter mir niemand stand und dennoch fühlte es sich so echt an. Ich drehte mich nicht um, um die Illusion aufrechtzuerhalten. Um das Gefühl der Geborgenheit noch eine Minute länger zu genießen.
    »Ich liebe dich, Janlan«, flüsterte Craigs Stimme in meinen Gedanken. Eine Träne lief über meine Wange, als seine Gegenwart nach den Worten verschwand und meine Hand wieder alleine auf dem Fenster lag. Der Himmel weinte immer noch mit mir und weigerte sich den Mond freizugeben. Hier am Fenster konnte ich die Geräusche der Nacht hören. Das Rauschen des Regens und das wilde Säuseln des Windes und noch ein Geräusch, das mir bis eben nicht aufgefallen war. Ein Zug fuhr ganz in der Nähe vorbei nach Westen. Ich rannte aus dem Zimmer und packte meine Tasche. Keira schrak von dem einzigen Stuhl auf und sah mich verwirrt an. Ihre Hände fuhren wie selbstverständlich an ihre Schwerter.
    »Was ist los?«, fragte sie argwöhnisch.
    »Wir müssen los. Schnell, nimm deine Tasche.«
    Ich stürmte zur Tür und achtete nicht weiter auf Keiras verwirrte Miene, sondern ging einfach davon aus, dass sie kommen würde. Ich rannte raus in den Regen und folgte dem Geräusch. Ich hatte die Züge vergessen, die durch ganz Alanien fuhren und natürlich fuhren sie auch nach Levan. Die Stadt, die dem Ewigen Tal am nächsten war. Es war eigentlich unmöglich, in der Dunkelheit etwas zu sehen und erst recht bei dem nicht aufhören wollenden Regen, und doch rannte ich mit einer Zielstrebigkeit durch das Unterholz, dass Keira Schwierigkeiten hatte mitzuhalten. Wir rannten zehn Minuten, bis ich über die Gleise stolperte und mir die Hände aufschürfte, als ich mich abfing. Keira griff mir unter die Arme und half mir wieder auf.
    »Sieht so aus, als hätten wir unseren Zug verpasst. Hast du dir wehgetan?«
    Sie sagte es mit einem ironischen Grinsen im regennassen Gesicht. Der Regen tropfte uns von der Nase und unsere Haare hingen nur noch in Strähnen herunter. Bei keinem von uns hätte man ahnen könne, dass wir Locken oder Wellen hatten.
    »Nein. Nicht von Bedeutung.«
    »Und jetzt? Du hast nicht ernsthaft geglaubt, dass wir den Zug noch bekommen würden, den du gehört hast.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Jetzt laufen wir an den Gleisen entlang und suchen eine Stelle, wo der Zug langsam fahren muss.«
    »Also hast du vor, in diesem Regen durch die Nacht zu laufen, obwohl du eben schon über die Gleise gestolpert bist.«
    Ich stand mit dem Rücken zu ihr und doch wusste ich, dass sie in diesem Moment ihre Arme verschränkte und eine Augenbraue hochzog. Ein Grund, warum ich mich nicht zu ihr umdrehte, sondern nach Osten loslief.
    »Wir haben nicht die Zeit, in einer Hütte zu sitzen, wenn wir die Chance haben noch diese Nacht auf einen Zug aufzuspringen. Was glaubst du, wie viele Tage wir dadurch sparen. Erst recht

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