Das Gesetz der Freiheit
Zunächst gab es den Häuptling, der von brutaler Gewalt gewählt war, dann den Priesterkönig, dem der Glaube an ein Leben nach dem Tode mit Lohn und Strafe für das Verhalten während des Erdenlebens half, seine Macht zu festigen. Später versuchte man es mit Diktatoren, Präsidenten, Königen, mit all den verschiedenen Regierungssystemen, einschließlich der Demokratie auf der einen und des schrankenlosen Despotismus auf der anderen Seite. Und alle diese Systeme haben früher oder später versagt.“
„Gewiß. Sie sind an innerer Krankheit oder allgemeiner Dekadenz zugrunde gegangen“, nickte Dell. „Das ist mir bekannt. Was wollen Sie damit beweisen?“
„Etwas ganz Einfaches. Die Stärke des Menschen liegt in seiner Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten, sich als losgelöste Einheit mit anderen zusammenzutun. Diese Tatsache war zu allen Zeiten bekannt, und Schiffe, Armeen, Industrien und sogar ganze Völker förderten und erkannten die Notwendigkeit, daß der einzelne sich dem Wohle des Ganzen unterordnete oder gar opferte. Jeder hatte seinem Nebenmanne gegenüber Pflichten, und unter dieser Devise eroberte das Römische Reich die ganze Alte Welt, brachten die totalitären Staaten um ein Haar die ganze moderne Welt unter ihre Herrschaft. Sie hätten zweifellos Erfolg gehabt, hätten sich die demokratischen Staaten nicht zu einem ganz ähnlichen System bekannt, um den fürchterlichen Krieg zu gewinnen. Zusammenarbeit, Dell! Sie allein brauchen wir unbedingt. Und gerade sie ist es, die wir verloren haben!“
„Haben wir sie wirklich verloren? Und selbst wenn wir sie verloren hätten – was wäre schon zu tun?“
„Was zu tun wäre?“ Der alte Mann seufzte verzweifelt auf und schob seinen Hocker ein wenig näher.
„Überlegen Sie doch einmal ganz ruhig, Dell!“ Seine Stimme klang beschwörend und fast flehend. „Es ist noch kaum dreißig Jahre her, da waren wir bewaffnet und gepanzert, wie unser Planet kaum jemals vorher ausgerüstet gewesen war. Wir hatten die Grenze zur Fahrt durch das All erreicht und sogar schon ein bißchen überschritten. Die Atomkraft war entdeckt, und die Menschheit arbeitete erfolgreich daran, sie zu zähmen. Zugegeben, wir zerfielen in zwei große Lager. Zugegeben, zwischen uns zog sich ein Eiserner Vorhang aus Mißtrauen und Haß hin. Aber wir waren doch alle Menschen, Dell, und wir hatten eines gemeinsam.“
„Das alles ist mir doch bekannt!“ fuhr Dell ungeduldig auf. „Ich möchte von Ihnen hören, wodurch Sie mich überzeugen wollen, daß die Unparteiischen unsere Feinde sind.“
„Das will ich Ihnen sagen!“ Mit einem Ruck warf Carter einen Hebel herum, und der Generator fing leise zu summen an. Unvermittelt flackerte ein winziger Bildschirm auf, eine blaugrüne Kathodenstrahlung, von einem zuckenden Streifen flammenden Rots durchzogen.
„Sehen Sie!“ Sorgsam drehte der alte Mann an ein paar Einstellknöpfen, die rote Linie tanzte und zuckte, und dann schließlich beruhigte sie sich zu einem gleichmäßig dahinfließenden breiten Band.
„Das da wird gesteuert von den normalen Ausstrahlungen unseres Gehirns. Schauen Sie, wie gleichmäßig es pulsiert, pocht. Es ist ein regelmäßiges Dahinströmen elektrischer Energie, kaum merklich, aber doch regelmäßig und berechenbar. Und nun sehen Sie gut hin!“ Er drehte einen Schalter, und ganz plötzlich wand und drehte sich die rote Linie, verknotete sich und vollführte einen irren, chaotischen Wirbel.
„Was ist das denn?“
„Das ist der augenblickliche Zustand des Gehirns, gemessen an seinen Ausstrahlungen. Der gleichmäßig dahinströmende Streifen war das, was wir als normal ansprachen – der Zustand vor den Unparteiischen, wenn Sie so wollen, der festgehaltene, gemessene und registrierte elektronische Fluß, wie verschiedene Geräte, die man bei paraphysischen Forschungen benutzt, ihn aufgenommen und uns überliefert haben. Dieses gleichmäßige Dahinströmen gehört nun der Vergangenheit an. Heutzutage ist das verzerrte, zuckende Tanzen der Ausstrahlungen normal, und den gleichmäßigen Strom gibt es überhaupt nicht mehr.“
„Und?“
„Erkennen Sie es noch nicht einmal jetzt, Dell? Es muß doch eine Ursache geben für diesen plötzlichen Wechsel in den Ausstrahlungen des Gehirns! Irgendeine äußere Kraft hat den steten, gleichmäßigen Energiestrom, der sich durch die Zellen des Gehirns verbreitete, abgelenkt, verzerrt. Und damit ist das ruhige, normale Denken unmöglich geworden. Und
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