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Das Gesetz der Freiheit

Das Gesetz der Freiheit

Titel: Das Gesetz der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Gray
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Kampf ums Dasein für einen weiteren Tag aufzunehmen. Sie warfen hartverdiente Münzen auf den Zahltisch, rafften ihre Ware hastig an sich und eilten mit glänzenden Augen und geröteten Gesichtern weiter.
    Dell blickte ihnen forschend nach. Er gab sich Mühe, kein Gefühl der Verachtung aufkommen zu lassen, aber Mitleid konnte er beim besten Willen nicht empfinden. Lorna zupfte ihn am Ärmel und riß ihn aus seinen Gedanken.
    „Kommen Sie doch, Dell!“ drängte sie gutmütig. „Wir haben schließlich nicht unser ganzes Leben lang Zeit.“
    „Einen Augenblick“, wehrte er ab; er hatte einfach keine Lust, sich wieder in Bewegung zu setzen. Der Anblick der erwachenden Stadt interessierte ihn, und jetzt beschaute er sie mit ganz neuen Augen, mit den Augen eines Unbeteiligten. Dazu machte ihn das häßliche Mal auf der Stirn: ein Außenseiter war er, der keinen Anteil am normalen Alltagsdasein haben durfte, solange er das Zeichen trug.
    „Sie haben mir nicht geglaubt, als ich sagte, die Unparteiischen hätten all das auf dem Gewissen.“ Wieder zupfte ihn Lorna am Ärmel. „Und auch jetzt glauben Sie mir das noch nicht, nicht wahr?“
    „Nein.“
    „Das habe ich mir gedacht. Nun, dann will ich Sie einmal zu jemand bringen, der Sie überzeugen wird.“
    „Wer ist das?“
    „Spielt das denn jetzt eine Rolle?“ Sie lächelte zu ihm auf, während sie ihn durch ein verwirrendes Netz unglaublich enger Gassen führte. Er erwiderte ihren Blick, und seine Augen wurden hart.
    „Vielleicht spielt das doch eine Rolle!“ stieß er hervor. „Wenn ich es mir recht überlege, dann könnten Sie doch nur zu gut das alles raffiniert eingefädelt haben, um sich einen neuen Helfer zu gewinnen.“
    „Sie sind aber mißtrauisch.“
    „Dazu habe ich auch gewiß allen Anlaß“, preßte er grimmig zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er deutete mit dem Finger auf seine Stirn. „Das da habe ich nur deshalb, weil ich zu sorglos, zu wenig mißtrauisch gewesen bin. Und ich habe wirklich keine Lust, mir noch einmal etwas Ähnliches zustoßen zu lassen.“
    Sie zuckte die Schultern, und schweigend, unter wachsendem Mißtrauen, gingen sie nebeneinander durch die engen Straßen.
    Ein großes Lagerhaus wuchs vor ihnen empor, ein finsteres, verfallenes Gebäude mit einer düsteren Fassade aus verschlossenen Rolläden und glatten Wänden. Das Dach war ein wenig eingefallen, und im weiten Umkreis roch es nach Muffigkeit und Verfall. Kläglich sah es aus, wie ein Anwesen, das einmal bessere Tage gesehen hatte und das nicht vergessen konnte.
    Die Tür, auf die sie zugingen, war nichts als eine farblose Ansammlung von beschädigten Brettern, die von rostigen Metallbändern notdürftig zusammengehalten wurden. Im oberen Teil erkannte man ein kleines Fenster.
    Lorna klopfte mit erfahrenem Pochen an das nackte Holz: drei kurze Schläge und einen langen. Fünf Sekunden wartete sie dann bewegungslos, und anschließend klopfte sie noch einmal, diesmal das Signal in umgekehrter Reihenfolge gebend: einmal lang, dreimal kurz. Nach kurzer Zeit knirschte und quietschte Metall, und das kleine vergitterte Fenster öffnete sich. Ein Männergesicht starrte die Besucher an.
    „Kennst du mich nicht mehr?“ zischte das Mädchen ungeduldig. „Laß mich hinein!“
    „Wen hast Du dabei?“
    „Das ist Dell Weston!“ gab sie kurz zurück. „Vor dem brauchst du keine Angst zu haben.“
    Der Mann grunzte unzufrieden und knallte das Fenster wütend wieder zu. Dann knirschte es hinter der Tür, Metallriegel schoben sich kreischend durch das verrostete Lager, und dann öffnete sich der Eingang. Lorna ergriff Dell beim Arm, und nebeneinander betraten sie das finstere Gebäude.
    „Ist der Professor da?“
    „Oben!“ knurrte der Pförtner. „Du kennst ja den Weg!“ Schnell knallte er die Tür wieder zu, schob den Riegel vor und ließ sich dann geruhsam auf den Hocker fallen, der ganz in seiner Nähe stand. Er holte Tabak aus der Tasche, rollte sich eine Zigarette, und seine Finger zitterten unbeholfen.
    Lorna nahm überhaupt keine Notiz mehr von ihm. Sie winkte mit dem Kopf voran und dirigierte Dell zu einer Treppe aus ziemlich kläglichen Stufen. Er zauderte einen Augenblick, schaute wieder den Türhüter an und musterte das rote Mal, das der Mann auf der Stirn trug. Dann aber zuckte er die Achseln.
    Ein Bettler durfte nicht wählerisch sein.
    Als sie in das Zimmer im Obergeschoß traten, erhob sich ein Mann von einem primitiven Lager. Es war ein alter

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