Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesetz der Freiheit

Das Gesetz der Freiheit

Titel: Das Gesetz der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Gray
Vom Netzwerk:
Mann mit weißen Haaren und hagerem Gesicht, mit zitternden Händen und mit Augen, in denen sich alle Bitterkeit der ganzen Welt widerzuspiegeln schien. Als er das Mädchen erkannte, fingerte und bürstete er unbeholfen an seinem Anzug herum, fuhr sich mit den schmalen, knochigen, langen Fingern durch die wüste Haarmähne und gab sich auf mitleiderregende Weise alle Mühe, ein wenig von seiner früheren Würde und Vornehmheit zurückzugewinnen. Dell starrte ihn verblüfft an, und dann schaute er sich in dem Zimmer um, das dem Manne offensichtlich als Schlafzimmer diente.
    Und da erlebte er seine erste Überraschung.
    Es war ein Laboratorium, eine Mischung aus grob zusammengehauenen Regalen und Tischen und einer ganz modernen technischen Einrichtung. In der einen Ecke stand ein kleiner Generator, und auf mehreren Borden und Untersätzen aus Schiefer erkannte man vielfältige Instrumente. Raffinierte Vollkommenheit und einfache Bastelei schienen sich hier die Hand zu reichen, ein Wirrsal, gemischt aus Ultramodernem und denkbar Primitivem. Während Dell sich das alles mit fachmännischem Blick ansah, fühlte er ganz neue, unerwartete Hochachtung vor diesem hageren Mann und der schlanken Frau in sich aufsteigen.
    „Haben Sie das alles selbst gebaut?“ fragte er fast beklommen.
    „Einiges wenigstens“, erwiderte der alte Mann. „Was wir nicht erbetteln oder stehlen konnten, mußten wir ja irgendwie improvisieren. Und wir hatten das große Glück, einen mächtigen Helfer zu finden.“
    „Carter!“ warnte die Frau hastig. „Vorsicht!“
    „Nur keine Sorge!“ versicherte Dell ihm eilig. Wieder musterte er die Einrichtung des Laboratoriums. „Falls Sie beweisen können, daß das, was Sie behaupten, die Wahrheit ist, dann bin ich doch noch Ihr Mann. Ist aber alles hier nur eine betrügerische Fassade, um unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Helfer anzulocken, dann ziehe ich mich zurück – werde aber ganz bestimmt nichts verraten. Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort.“
    „Ich wünschte, es wäre nur das, was Sie eine betrügerische Fassade nennen!“ knurrte der Alte grimmig. „Ich wünschte von ganzem Herzen, nicht entdeckt zu haben, was ich tatsächlich entdecken mußte. Aber es besteht kein Zweifel, daß es die Wahrheit ist. Und die Einrichtung hier im Raum dient keineswegs nur dazu, auf andere Eindruck zu machen.“
    „Lorna hat behauptet, die Unparteiischen seien an allem schuld, und sie hat mir versprochen, den Wahrheitsbeweis für ihre Behauptung anzutreten.“ Schlaff und erschöpft ließ sich Dell auf den Rand der primitiven Bettstelle fallen. Sein Arm hatte begonnen, von neuem heftige Schmerzen durch seinen Körper zu jagen, und grenzenlose Müdigkeit erfüllte ihn. „Haben Sie nicht eine Tasse Kaffee?“
    „Kaffee?“ Fragend schaute der alte Mann das Mädchen an. „Haben wir Kaffee?“
    „Nein. Ich konnte beim besten Willen keinen beschaffen; die Gastwirte fangen an, uns mächtig lästig zu finden, und sie wollten mir nicht einmal mehr die Abfälle von den benutzten Tellern geben.“
    „Hier!“ Dell zerrte ein paar schmutzige und zerknautschte Geldscheine aus der Tasche. „Können Sie nicht jemand fortschicken, etwas zu essen und zu trinken kaufen? Ich bin dem Umfallen nahe.“
    Lorna zauderte einen Augenblick lang, dann aber zuckte sie die Schultern und nahm das Geld an. „In der vergangenen Nacht hat er als Messerstecher im Ring gestanden!“ erklärte sie dem Alten. „Dabei hat er ein paar Schnitte abbekommen. Zusammen mit dem Essen und Trinken werde ich auch etwas Salbe und Verbandszeug besorgen. Während ich fort bin, müssen Sie versuchen, ihm in den Schädel zu hämmern, worum es heutzutage auf dieser verrückten Welt eigentlich geht!“
    Sie lächelte Dell zu und lief eilig die baufällige Treppe hinunter. Carter hustete und machte sich eine Weile an der seltsam gemischten Einrichtung seines Laboratoriums zu schaffen.
    „Haben Sie sich vielleicht jemals darüber Gedanken gemacht“, begann er zögernd, „weshalb die alte Zivilisation so plötzlich zusammengebrochen ist?“ Er drehte sich zu Dell um, schob sich dann einen Schemel neben das Bett und setzte sich Dell gegenüber. „Solange unsere Geschichtsschreiber den Lauf der Welt festgehalten haben, zurück bis zu den allerersten Spuren der Menschheit, haben sich unsere Vorfahren stets in Gruppen zusammengeschlossen und den Gesetzen dieser Gemeinschaften gehorcht.
    Die Entwicklung verlief stets ganz geradlinig und einfach.

Weitere Kostenlose Bücher