Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
doch selbst mit Drängeln schien der Abstieg über die sieben Fluchten der Metalltreppe eine Ewigkeit zu dauern. Ihre Verfolger holten immer mehr auf, denn sie gingen erheblich rücksichtloser vor und stießen die Leute einfach aus dem Weg. Wenigstens waren die meisten Patienten beim Anblick ihrer weißen Kittel bemüht, ihn und Jax vorbeizulassen.
Sich an den verängstigten Menschen vorbeizwängend gelangten Alex und Jax schließlich bis nach unten. Dort fanden sie sich auf der Rückseite des Krankenhauses wieder, inmitten Hunderter ziellos durcheinanderirrender Personen. Ein Stück entfernt drängten Patienten der anderen Stationen ebenfalls über die Feuertreppen nach unten.
Ein paar Pfleger und Krankenschwestern bemühten sich, die
Patienten zu organisieren und ihnen zu erklären, wohin sie sich wenden mussten. Einige Patienten mit weniger schweren Gebrechen versuchten ihren Mitpatienten beim Entfernen von dem brennenden Gebäude zu helfen. Andere, von ihrem Wahn getrieben, versuchten sich – schwimmenden Lachsen gleich – gegen den Strom der nach unten Drängenden einen Weg die Stufen hoch zu bahnen.
Ein plötzlicher Stromausfall ließ sämtliche Lichter erlöschen. Eigentlich hätten jetzt die Notstromgeneratoren einspringen sollen, doch das taten sie nicht. Zwei batteriebetriebene Sicherheitsleuchten gingen an, die jedoch längst nicht ausreichten, um das gesamte Areal hinter dem Gebäude auszuleuchten.
Jetzt, bei nahezu völliger Dunkelheit, wirkten die über ihnen in den Himmel lodernden Flammen noch beängstigender. Mittlerweile hatten sie auch den gesamten achten Stock erfasst. Alex konnte sehen, wie sich die Flammen einen Weg von dort über das Dach bis ins Hauptgebäude bahnten. Auch auf der fünften Etage brannte es. Vermutlich war das Feuer dort, wie auch der Brand im obersten Stock, absichtlich gelegt worden.
Dann regnete das von den Flammen aus den Fenstern gesprengte Glas auf die Menschen herab, die unter panikartigen Schreien noch schneller von dem Gebäude fortdrängten. Leute am Boden wurden von herabfallenden Scherben aufgespießt, blutverschmierte Patienten schrien um Hilfe. Einige gerieten in der Dunkelheit ins Stolpern und stürzten. Alex und Jax halfen einigen von ihnen wieder auf die Beine, so dass sie ihre Flucht fortsetzen konnten.
Währenddessen bahnten sie sich beharrlich und schweigend einen Weg quer durch den Strom der von den Feuertreppen kommenden und von dem Gebäude fortlaufenden Menschen. Die nahezu vollkommene Dunkelheit war kein Hindernis. Alex
hatte dieses wegen der mächtigen alten Eichenwurzeln unebene Gelände so oft passiert, dass er es vermutlich mit geschlossenen Augen geschafft hätte.
Dann erblickte er zwei der Krankenwärter jenseits der wogenden Menge, die sich suchend durch die Fliehenden wühlten, dabei jeden genau in Augenschein nahmen und über den rückwärtigen Parkplatz in ihre Richtung kamen.
Auf den Zehenspitzen stehend machte er sie winkend auf sich aufmerksam. Im flackernden Schein der Flammen, so seine Überlegung, würden sie ihn nicht erkennen können und nur auf seinen weißen Kittel reagieren. Als sie ihn erblickten, deutete er mit eindringlichen Gesten vom Krankenhaus fort.
»Da drüben sind sie!«, rief er. »Sie sind da entlang gelaufen!«
Der Bluff erfüllte seinen Zweck. Die beiden Männer machten kehrt und entfernten sich in die angegebene Richtung.
Jax warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Das war riskant.«
»Nicht so riskant, als wenn sie uns eingeholt hätten.«
An der metallenen Eingangstür probierte er durch vorsichtiges Ziehen, ob sie offen war. Sie war abgeschlossen. Er durchwühlte seine Schlüssel und probierte sie nacheinander aus, denn er war nicht sicher, ob Henry im Besitz eines Schlüssels war, mit dem sich eine der Außentüren aufschließen ließ. Der vierte passte.
Er hielt kurz inne und blickte über seine Schulter zu Jax.
Sie sah ihn an. »Ich denke nicht daran, hier zu warten«, kam sie seinem Vorschlag zuvor. »Nun mach schon. Holen wir deine Schlüssel, und dann lass uns verschwinden, ehe diese Männer auf uns aufmerksam werden.«
Er öffnete die Tür gerade weit genug, dass sie hindurchschlüpfen konnten. Ein Stück weiter vorn, seitlich im Flur, brannte ein
einzelnes, batteriebetriebenes Notlicht. Wenigstens spendete das Ausgangsschild über der Tür ein wenig Licht, so dass man etwas erkennen konnte. Die plötzliche Stille im Innern des Gebäudes war nervenzermürbend.
Alex roch Gas.
Er blickte
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