Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
eines seiner Beine zu fassen. Mit aller Kraft daran ziehend brachte er den Krankenwärter zu Fall. Der landete flach auf dem Rücken, schnellte aber augenblicklich, wie auf Federn, wieder hoch.
Seine Arme schienen überall gleichzeitig zu sein. Angesichts des Ungestüms seiner Attacken hatte Alex Mühe, die Übersicht zu behalten. Er wählte seine Möglichkeiten mit Bedacht und setzte sein Messer ein, wann immer sich eine Chance bot. Ein klaffender Schnitt quer über den Oberschenkel des Mannes durchtrennte den Muskel genau in der Mitte und ließ ihn straucheln.
Diese Bresche machte Alex sich zunutze. In einem Versuch, den Kampf zu beenden, hechtete er nach vorn, hielt den Messerarm
des Mannes fest und stach erneut zu. Doch der Kerl war kräftig genug, ihn zurückzustoßen. Alex kam sich vor wie ein kleiner Junge, der mit einem erwachsenen Mann zu kämpfen versuchte.
Nachdem sich der Kerl mit einer Drehung aus Alex’ Umklammerung befreit hatte, breitete er die Arme in aggressiver Kampfhaltung aus – was ihm das Aussehen eines auf den Hinterbeinen stehenden, jederzeit angriffsbereiten Bären verlieh. Alex sah seine Chance und stieß ihm das Messer unter Aufbietung seiner ganzen Körperkraft im Stil eines Boxhiebs mitten in die Kehle.
Er fühlte die Klinge eindringen und auf Knochen stoßen.
Die wüste Schlägerei schien auf der Stelle zu erstarren.
Dann begann der Krankenwärter in einer schraubenden Bewegung zu Boden zu sinken, wobei ihn sein Eigengewicht von der Klinge zog.
Keuchend, nach Atem ringend, die erschöpften Arme schlaff am Körper, versuchte Alex wieder zur Besinnung zu kommen. Er war so ausgelaugt, so bis auf die Knochen müde von dem Kampf, dass er jeden Moment zusammenzubrechen drohte.
Plötzlich war Jax an seiner Seite und legte stützend ihren Arm um ihn.
»Wir haben es fast geschafft«, erinnerte sie ihn. »Halt dich fest.«
Er musste über ihre Worte schmunzeln. Mit denselben hatte er sie eben selbst noch zum Durchhalten ermutigt.
Ihm war, als beobachte er sich selbst im Traum. Dann merkte er an Jax’ gebückter Haltung, dass er auf den Knien lag. Er konnte sich nicht erinnern, in die Knie gegangen zu sein.
Für einen Moment wandte sich Jax zur offenen Tür des Jeeps herum, wo sie mit hektischen Bewegungen irgendetwas tat. Erst kam er nicht darauf, doch dann dämmerte ihm, dass sie Stoff zerriss. Ebenjenen Lappen, in dem die Messer eingewickelt waren.
Sie legte ihm einen langen Streifen um den linken Oberarm
und wickelte ihn mehrmals fest darum. Dann riss sie das Ende mit den Zähnen auseinander und band einen Knoten. Mit einem weiteren zurrte sie ihn fest.
»Was tust du da?«
»Er hat dich mit dem Messer verletzt. Ich verbinde deinen Arm, um die Wunde zu schließen. Ich muss die Blutung stillen.«
Erst jetzt bemerkte er das Blut, das von seinen Fingern tropfte. Er überlegte, wie schlimm die Verletzung sein mochte. Eigentlich spürte er kaum Schmerzen, doch als er einen Schwall von Blut warm und feucht an seinem Arm herabrinnen fühlte, wurde ihm plötzlich flau.
»Schon in Ordnung«, versicherte sie ihm. »Gleich geht es dir wieder gut.«
Allerdings war der Klang ihrer Stimme dazu angetan, ihn an ihrer Äußerung zweifeln zu lassen.
»Wie schlimm ist es?«
»In dieser Dunkelheit kann ich das nicht sagen«, gestand sie. »Aber ich denke, allzu schlimm wird es nicht sein. Kannst du die Finger bewegen?«
Er probierte es. »Ja.«
»Dann bist du in Ordnung. Solange dein Arm noch funktioniert, kann es nicht allzu übel sein.«
»Danke«, sagte er benommen. »Nur begreife ich nicht, wieso er mich umzubringen versucht hat. Tot kann ich ihnen die benötigten Informationen nicht liefern.«
»Er hat dich nicht umzubringen versucht, er wollte dich gefangen nehmen.«
Sie lächelte bloß, als sie den Verband an seinem Arm richtete. Es gefiel ihm, von ihr umsorgt zu werden. Es beruhigte ihn und gab ihm die Gewissheit, dass alles wieder ins Lot kommen würde.
Sachte nahm sie ihm das Messer aus der Hand. »Ich lasse niemals jemanden mein Messer benutzen. Nicht dieses.«
Im trüben Schein der Innenbeleuchtung des Jeeps sah er, dass es das Messer mit den kunstvollen Verzierungen auf dem Silbergriff war. Nun war es auch noch voller Blut.
»In dem Moment schien es ziemlich wichtig zu sein«, meinte er. »Was meinst du, könntest du vielleicht dieses eine Mal eine Ausnahme machen?«
Nach einem kurzen Blick auf den Toten strich sie ihm die Haare aus der Stirn. Dann milderte das ganz
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