Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
leicht in Gewalttätigkeiten ausarten konnte.
Den Kopf voller widerstreitender Gefühle, trat Alex hinaus in die eleganten Hallen. Er war deprimiert, und er war wütend. Am liebsten wäre er nach Hause gerannt und hätte sich weggeschlossen vor einer Welt, in der solche Menschen frei herumliefen. Gerne hätte er den Kerl ausfindig gemacht und ihm seinen schwarzen Markierstift ins Maul gestopft.
Als er den Kopf hob, stand nicht weit vor ihm die Frau.
Sie trug dasselbe schwarze Kleid mit demselben grünen, über ihre Schultern geworfenen Schal. Er meinte feine Wölkchen – ein Hauch von Dampf oder Rauch – von ihren blonden Haaren und Schultern aufsteigen zu sehen, die jedoch verschwanden, sobald er sich auf sie konzentrierte.
So unmöglich es schien – sie sah noch besser aus als in seiner Erinnerung.
»Kommen Sie öfters hierher?«, fragte er.
Ohne ihren Blick von seinen Augen zu lassen, schüttelte sie langsam den Kopf. »Dies ist erst mein zweiter Besuch hier.«
Irgendetwas an ihrem ernsten Gesichtsausdruck machte ihn stutzig. Ihm war klar, dass sie nicht zum Einkaufen hergekommen war.
Das ewige Mantra seines Großvaters, Ärger wird dich finden , ging ihm durch den Kopf.
»Geht es dir gut, Alex?«, erkundigte sie sich.
»Klar.« Dafür sorgte allein schon der Klang ihrer Stimme. »Sie wissen, wie ich heiße, aber ich kenne Ihren Namen nicht.«
Ein dünnes Lächeln milderte ihre Züge, als sie einen Schritt näher herantrat. »Ich bin Jax.«
Ihr Name war so ungewöhnlich wie alles an ihr. Er konnte kaum glauben, dass er sie tatsächlich wiedersah.
»Ich würde alles dafür geben, wenn ich Sie malen dürfte, Jax«, sagte er kaum hörbar bei sich.
Seine Worte brachten sie zum Lächeln, auf eine Art, die besagte, dass sie sie als Kompliment nahm, ohne sie jedoch weiter bewerten zu wollen oder eine Zustimmung daraus ableiten zu lassen.
Schließlich löste er seinen Blick von ihr und blickte um sich, um zu sehen, ob jemand in der Nähe war. »Haben Sie die Nachrichten im Fernsehen gesehen?«
Fragend runzelte sie die Stirn. »Nachrichten? Nein. Was denn für Nachrichten?«
»Erinnern Sie sich, als wir uns vor ein paar Tagen zum ersten Mal auf der Straße begegnet sind? Als dieser Lastwagen uns beinahe überfahren hätte.«
»Von den Piraten, wie du sie genannt hast. Ja, ich erinnere mich.«
»Also, die beiden Streifenpolizisten, die den Lastwagen angehalten haben, sind noch am selben Tag tot aufgefunden worden.«
Sie starrte ihn einen Moment lang an. »Tot?«
Er nickte. »In den Nachrichten hieß es, die beiden Männer wären mit gebrochenem Genick gefunden worden.«
Die Art ihres Todes rief eine Reaktion in ihren Augen hervor. Sie stieß einen langen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. »Das ist schrecklich.«
Plötzlich wünschte sich Alex, er hätte das Gespräch nicht mit einer solch schaurigen Bemerkung begonnen. Er wies auf eine Bank, die inmitten einer Gruppe hoher mächtiger Platanen stand.
»Würden Sie sich zu mir setzen? Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Sie erwiderte sein Lächeln und ließ sich auf seine Aufforderung hin auf dem kleinen Mahagonibänkchen nieder. Riesige Philodendren mit ihren feingliedrigen Blättern schufen über der Bank einen Baldachin aus Grün, der wegen der aus den Blumenkübeln quellenden Pflanzen zu beiden Seiten an einen nur für sie beide geschaffenen Unterschlupf im Wald erinnerte. Die Blumenkübel und die üppige Vegetation schirmten sie nicht von allen, aber doch den meisten der durch die Hallen schlendernden Passanten ab.
Alex legte die eingerollten Leinwände rechts, auf der von ihr abgewandten Seite, auf die Bank und reichte ihr das eingepackte Gemälde.
»Was ist das?«, wollte sie wissen.
»Ein Geschenk.«
Für einen Moment sah sie ihn verwundert an, dann entfernte sie das braune Packpapier.
Der Anblick des Bildes schien sie ehrlich zu verblüffen. Ehrfürchtig nahm sie es in beide Hände. Ihr kamen die Tränen.
Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. »Warum schenkst du mir das?«
Alex zuckte die Achseln. »Weil ich es möchte. Sie fanden es schön. Nicht jeder denkt so über meine Arbeiten. Aber Sie schon, deswegen wollte ich, dass Sie es bekommen.«
Jax schluckte. »Erklär mir, warum du diesen speziellen Ort gemalt hast, Alex.«
»Hab ich Ihnen doch schon gesagt, er entstammt meiner Fantasie.«
»Nein, das tut er nicht«, erklärte sie mit einiger Bestimmtheit.
Überrascht von ihrer Bemerkung zögerte
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