Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
neuer Magie in gewisser Weise zumindest die Anwendung künstlerischer Prinzipien, vielleicht sogar künstlerischen Talents, erfordere.«
»Ach, kommen Sie. Wollen Sie mir etwa weismachen, dass Kunst Magie ist?«
»Nein, überhaupt nicht. Nur glaubte Lord Rahl …«
»Wer?«
»Der Anführer in den Zeiten der Trennung war ein Rahl, der letzte Rahl, von dem wir Kenntnis haben, bevor seine Familie irgendwie aus den historischen Zusammenhängen verschwand. Damals hieß er schlicht ›Lord Rahl‹. Er kämpfte – übrigens mit Erfolg – so ziemlich den gleichen Überlebenskampf, mit dem wir es derzeit zu tun haben. Seitdem steht der Titel des Lord
Rahl bei uns für den Erhalt von Magie und individueller Freiheit, ja für die Idee der Freiheit überhaupt.
Viel ist über die Zeit damals nicht bekannt. Wir wissen nur, dass sein kaum für möglich gehaltener Triumph in eine Phase des Friedens und des Wohlstandes mündete, die unter dem Namen das Goldene Zeitalter bekannt wurde und Hunderte von Jahren währte. Dieser Mann war ihr Begründer. Sein Sieg über die Tyrannei und die Verbannung all derer, die sich der Auslöschung der Gabe verschrieben hatten, machten all dies möglich.
Aus diesem Grund ist schon der Name Lord Rahl bei Radell Cain und seinesgleichen verhasst.
Wie auch immer, besagter Lord Rahl war überzeugt, dass neue Formen der Magie schöpferische Akte seien, die zwangsläufig Elemente künstlerischer Veranschaulichung enthielten. Kunst beinhaltet unter anderem die Prinzipien von Ausgewogenheit, Bewegung, Anordnung und künstlerischer Komposition. Alle diese Elemente müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, wenn Kunst für uns eine Bedeutung haben soll – damit sie uns tatsächlich im Innersten berühren kann. Magie und Kunst waren in seinen Augen also unausweichlich miteinander verwoben. Als du ein Bild meiner Welt gemalt hast, hast du dich irgendwie jener elementaren Vorstellung bedient, die er benutzte, um eine Brücke zwischen den Welten, Zeit und Raum zu schlagen.«
»Heißt das, Sie werden nicht versuchen, mich umzubringen?«, fragte er grinsend.
Matt erwiderte sie sein Lächeln. »Ich bin hier, um dich zu beschützen, Alex. Wenn wir eine Lösung finden wollen, bin ich auf deine Hilfe angewiesen. Ich konnte dich nur aufspüren und dafür sorgen, dass wir beide am Leben bleiben. Alles Weitere liegt bei dir.«
Alex machte ein überraschtes Gesicht. »Bei mir? Woher soll ich das wissen? Diese Leute sind doch aus Ihrer Welt hierhergekommen. Ich habe von alldem keine Ahnung. Wieso gehen Sie davon aus, dass ich weiß, was zu tun ist?«
Sie sah ihn an, als sei das offensichtlich. »Du bist Alexander Rahl.«
Er löste den Blick von ihren Augen und überlegte, wie er seine Gedanken in Worte fassen sollte. »Jax, ich weiß wirklich nicht, ob Sie den Richtigen gefunden haben.«
»Das Gesetz der Neunen besagt, dass du der Richtige bist.«
»Das meinte ich nicht.« Er hob in einer kraftlosen Geste die Hand. »Ich denke, dass Sie möglicherweise zu großes Vertrauen zu mir haben. Diese Geschichte mit dem Gesetz der Neunen ist doch nichts als Aberglaube. Ich bin zufällig in diese Prophezeiung hineingeraten, das ist alles. Nirgendwo ist darin die Rede von mir als Person. Ich bin nichts weiter als jemand, der seinen Lebensunterhalt mit Bildermalen verdient. Ich habe von alldem keine Ahnung, ich weiß nicht, wie man gegen Menschen aus einer anderen Welt kämpft.«
»Bis jetzt hast du dich wacker geschlagen.«
Er tat die Bemerkung mit einem Achselzucken ab. »Ich hab lediglich versucht zu überleben. Aber das bedeutet nicht, dass Sie auf mich zählen sollten. Selbst wenn tatsächlich Angehörige der Familie Rahl hierhergelangt sein sollten, wie Sie sagen, so ist das schrecklich lange her. Ich kann ihren Großtaten, damals in Ihrer Welt, unmöglich gerecht werden.« Mutlos fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich glaube einfach nicht, Sie …«
»Alex, hör mir zu.« Sie wartete, bis er sie ansah. »In dem Zimmer, in dem du malst, gibt es einen Spiegel. Während ich darauf wartete, dass die Vorkehrungen für meinen längeren Aufenthalt hier zum Abschluss gebracht wurden, habe ich mitunter stundenlang
am Stück dagesessen und dir beim Malen zugeschaut – und mir gewünscht, ich könnte dich durch den Spiegel vor den Kräften warnen, die dich im Visier hatten.«
Ihre Warnung, dass man ihn durch die Spiegel beobachten könnte, hatte er keineswegs vergessen. Er hatte den Spiegel
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