Das Gesetz der Vampire
nachdrücklich den Kopf. »Ich glaube, dass er Kontakte in die Unterwelt geknüpft hat, die wir noch nicht entdeckt haben und die euch möglicherweise immer noch gefährlich werden könnten.«
»Sobald er verurteilt und hingerichtet ist, dürfte diese Gefahr nicht mehr bestehen«, war Stevie überzeugt.
Sam zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. »Das hoffe ich für euch, Stevie. Doch es gibt Gerüchte in der Unterwelt, in denen immer wieder von den Nachtwanderern die Rede ist – also von euch Vampiren –, denen etwas Großes bevorsteht. Als ich dort war, um mir Darkwings Dämon vorzuknöpfen, habe ich zudem eine gewisse Form von Unruhe bemerkt, die immer einer großen Sache vorausgeht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber möglicherweise ist das, worum es da geht, beendet, sobald Phelps nicht mehr ist. Oder es hat tatsächlich gar nichts mit ihm zu tun. Wird sich zeigen. Ich halte jedenfalls für alle Fälle Augen und Ohren und magische Sinne offen.
Übrigens habe ich auch die beiden Menschen ausfindig gemacht, die den Fernzünder der Falle für euch bedient haben. Jemand, auf den Phelps’ Beschreibung passt, hat sie bereits vor ein paar Tagen hypnotisch für diesen Dienst rekrutiert und ihnen genaue Instruktionen gegeben. Sie waren dadurch der ehrlichen Überzeugung, dass es sich dabei nur um einen Streich für die Basketballer handeln sollte und lediglich Stinkbomben auf sie regnen lassen würde. Jedenfalls sind sie genau genommen unschuldig. – Also, man sieht sich, Leute.«
Sie winkte den Vampiren zu und war im nächsten Moment verschwunden. Die wandten sich dem immer noch bewusstlosen Morton Phelps zu.
»Sobald er wieder zu sich kommt, wird das Urteil über ihn gefällt und vollstreckt«, erklärte Gwynal Ashton.
»Nein«, entschied Sean. »Damit werden wir noch etwas warten, denn wir werden ausnahmsweise einmal Gäste dazu einladen.«
***
Das Misstrauen war beinahe körperlich spürbar in dem fensterlosen Raum, der zu Gwynals Haus in Baltimore gehörte und der dem historischen Ereignis, das in wenigen Minuten hier stattfinden sollte, nicht so recht angemessen zu sein schien. Der Rat der Wächter hatte Seans Antrag zugestimmt, die Verhandlung gegen Phelps insofern öffentlich zu gestalten, als dass die Vampire die Führungsspitze der Londoner Zentrale von PROTECTOR sowie Winston Shepherd und seine Truppe eingeladen hatten, dem beizuwohnen.
Beide Seiten waren sich nur allzu bewusst, dass sie damit ihr Leben aufs Spiel setzten. Gwynal hatte zusätzliche Vorkehrungen dahingehend getroffen, dass er sein Domizil in Baltimore noch in dieser Nacht aufgeben und nach New York in eine noch geheime Wohnung ziehen würde, wohin er schon seine ihm wichtigen Besitztümer transferiert hatte. Falls die Jäger falsch spielten und nach der Verhandlung zurückkamen, um die Vampire hier zu vernichten, sofern sie das nicht schon vorher versuchten, so würden sie nur noch ein verlassenes Haus vorfinden. Alle anderen Wächter hatten vorsichtshalber ebenfalls ihre weltlichen Angelegenheiten geregelt für den Fall, dass dieses Treffen in einer Katastrophe enden sollte.
Vampire und Menschen waren schon an ihrer Kleidung deutlich voneinander zu unterscheiden. Die Vampire trugen dem Ernst der Angelegenheit Rechnung und hatten sich in ihre besten Anzüge beziehungsweise Kostüme gekleidet. Die Jäger dagegen trugen bis auf die Londoner Delegation ihre »Jagdkleidung«, bestehend aus Jeans, bequemen Pullovern und den an den Innenseiten mit Holzpfeilen und Silberdolchen bestückten Jacken. Natürlich hatten sie auch ihre mit Silberkugeln geladenen Schusswaffen dabei.
Von der PROTECTOR-Zentrale aus London waren ihr Leiter, Cecil Tremaine, seine Stellvertreterin Lucinda Everett und ein junger Mann gekommen, den Ashton nicht kannte. Winston Shepherd war ebenfalls mit seiner gesamten Mannschaft erschienen, zu der auch wieder Harry Quinn gehörte. Ashton war sich sicher, dass Tremaine und Everett vor ihrer Abreise in die USA ihre Nachfolge bei PROTECTOR geregelt hatten für den Fall, dass sie nicht lebend zurückkehren sollten.
Shepherd warf Ashton einen seltsamen Blick zu, den dieser nicht deuten konnte. Der New Yorker PROTECTOR-Chef wirkte distanziert, müde und erweckte beinahe den Eindruck, als wäre er ein gebrochener Mann.
Die Jäger waren jedoch nicht die einzigen geladenen Gäste. Eine zierliche Frau mit kupferroten Haaren, blauen Augen und unglaublich kraftvoller Ausstrahlung war ebenfalls anwesend, die Sean als Lady
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