Das Gesetz der Vampire
umgebracht, weshalb ich nicht sehr erbaut davon bin, dass Gwyn ausgerechnet mich zu deiner Mentorin bestimmt hat.«
»Oh«, machte Ashton betroffen. »Das tut mir leid. Das mit den Freunden, meine ich.« Er fühlte den irrationalen Impuls, sich für seine Taten zu rechtfertigen, obwohl er wusste, dass es dafür keine Entschuldigung gab, falls Gwynal ihm die Wahrheit gesagt hatte. Wovon er wohl ausgehen musste, ob er wollte oder nicht.
»Ich habe euch alle ausschließlich für menschenmordende Verbrecher gehalten. Und ganz ehrlich: Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich wirklich glauben kann, dass die Mehrheit von euch nicht so ist.«
Stevie zuckte mit den Schultern. »Das wirst du schon noch herausfinden«, war sie überzeugt.
Er sah sie nachdenklich an und trank schluckweise das Blut. »Es fällt mir schwer zu begreifen, dass ihr nicht alle über mich herfallt wie die fünf vorhin«, sagte er schließlich. »Besonders da ich glaube, dass sie nicht die Einzigen sind, die mich am liebsten tot sehen wollen.«
»In der Tat. Du hast dir eine verdammt große Menge Feinde gemacht. Die fünf Jungs sind ehemalige Schützlinge von Cronos, die er als Mentor betreut hat und beileibe nicht die Einzigen, die dich am liebsten in die Hölle befördern wollen. Sie standen ihm wirklich sehr nahe. Ebenso wie ich. Vielleicht kannst du nachvollziehen, wie frustrierend es gerade für uns Wächter ist, dich vor denen beschützen zu müssen, nachdem du einen von uns umgebracht hast.« Stevie atmete tief durch. »Aber das ist nun mal unser Job. Als ehemaliger Polizist verstehst du bestimmt, warum wir so handeln.«
Ashton nickte. »Nur zu gut«, stimmte er ihr zu. »Allerdings würden wir bei der Polizei nicht so weit gehen, uns so intensiv um einen, hm, Delinquenten zu kümmern wie ihr das mit mir tut.«
»Nun, jemand muss sich um dich kümmern, bis du allein zurechtkommst. Solange du nicht gelernt hast, als ein Vampir zu leben, bist du eine Gefahr für dich selbst und unsere ganze Gemeinschaft.«
»Ich habe nicht vor zu bleiben, was ich bin. Ich werde so lange nach dem Heilmittel suchen, bis ich es gefunden habe. Falls ich mich denn entscheiden sollte, über die neunzig Tage hinaus am Leben zu bleiben, die ich dem Alten zugesagt habe.«
»Das kannst du natürlich tun, wenn du willst. Falls es existiert und du es tatsächlich irgendwann findest, so bleibst du dennoch bis zu diesem Tag ein Vampir. Deshalb ist es notwendig, dass du alles lernst, was zur Existenz eines Vampirs gehört, und zwar bevor du dich auf die Suche begibst. Es wird höchstens einen Monat dauern, bis du alle relevanten Dinge weißt. Danach«, fügte sie ironisch hinzu, »kannst du dich auf die ewige Suche nach dem Heilmittel machen. Oder dich umbringen.«
Ashton ging nicht auf ihre letzte Bemerkung ein. »Womit fangen wir also an?«, fragte er, nachdem er den letzten Blutstropfen aus dem Glas gesogen hatte.
Stevie erhob sich. »Wir gehen zu mir. Dort haben wir mehr Ruhe.«
Ashton erhob sich ebenfalls. »Was ist mit meinem Wagen? Und meinen Sachen?«
»Dein Wagen steht mitsamt deinen Sachen hinter Gwyns Haus. Vollzählig. Einschließlich aller deiner Mordwerkzeuge«, fügte Stevie ironisch hinzu. »Du kannst sie dir jederzeit holen.«
»Das würde ich gern tun.« Er zögerte. Zwar hatte er keinen Grund, sich auf die Seite der Vampire zu schlagen, doch sein Ehrgefühl gebot ihm, Stevie zu warnen. »Ich habe PROTECTOR mitgeteilt, dass es in Baltimore eine Kolonie gibt. Sie werden umgehend eine Schwadron schicken, um euch zu erledigen. Möglicherweise sind sie schon hier. Du solltest vielleicht die anderen warnen.«
Stevie zuckte mit den Schultern. »Die Kolonie hatte deinetwegen schon die Flucht ergriffen«, erinnerte sie ihn nüchtern. »Die Meisten sind noch nicht wieder zurückgekehrt, seit wir die Parole ausgegeben haben, dass du in Gewahrsam bist, und wir anderen passen schon auf uns auf. Gwyn ist auch nicht in Gefahr, denn der ist nach New York abgereist, kaum dass du weg warst. Dort muss einiges in Ordnung gebracht werden.«
Und er, Ashton, trug die Schuld daran, dass die Ordnung der New Yorker Vampirgemeinschaft zerstört war. Er hatte nicht nur eigenhändig vier Vampire getötet, sondern auch dafür gesorgt, dass PROTECTOR die Kolonie ausräucherte. Falls Gwynal ihm tatsächlich die Wahrheit über die Vampire gesagt haben sollte, würde er das nie wieder gut machen können.
Stevie führte ihn zurück zu Gwynals Haus. Ashton bemerkte die vier
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