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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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gelingt ihm ganz gut.« Und plötzlich erzählte sie Mick von Angelo Malafonte und Gaetano Barletta und einer unbekannten Person, genannt die weiße Katze .
    Mick sagte nichts. Er sagte nichts von wegen »Wird schon wieder«, und er sagte auch nicht: »Das bildest du dir nur ein«. Er rauchte seine dünne, krumme Zigarette und zog Clara an seine Seite. Sie gab nach und legte den Kopf auf Micks Schulter. Eine Weile saßen sie dort schweigend aneinandergelehnt, da sprang Mick plötzlich auf. Verwirrt hob Clara den Kopf.
    Mick deutete in den angrenzenden Raum: »Die hatte ich ganz vergessen!« Und mit langen Schritten trat er zu den beiden jungen Leuten auf dem Sofa und machte ihnen freundlich, aber bestimmt klar, dass sie ihr Schäferstündchen anderswo fortsetzen mussten. Sie stolperten hinaus, Hand in Hand, mit müden Augen, aber einem seligen Ausdruck auf dem Gesicht. Sie waren beide nicht älter als siebzehn, achtzehn. Mick sperrte die Tür hinter ihnen zu und knipste die Deckenbeleuchtung aus. Jetzt brannten nur noch die beiden Lampen über der Bar. Clara beobachtete ihn, wie er durch das leere Lokal ging und noch ein paar vergessene Stühle auf die Tische stellte. Er trug alte, ausgefranste Jeans mit kaputten Hosentaschen und ein enges, schwarzes Hemd. Am Hals baumelte eine silberne Kette mit einem Anhänger. Clara konnte nicht erkennen, was er darstellte, und sie überlegte, wie alt Mick wohl war. Dreißig? Schon darüber? Er war schwer zu schätzen. Mick war kein Ire, sondern Engländer, er stammte irgendwo aus dem Norden, wie er einmal erzählt hatte. Mehr wusste sie nicht über ihn. Sein Gesicht wies schon ein paar Ecken und Kanten mehr auf, als dass er noch als der Endzwanziger hätte durchgehen können, der er auf den ersten Blick zu sein schien.
    Jetzt war er fertig mit den Aufräumarbeiten und kam zu Clara zurück. Er drehte die Musik etwas lauter. »So, die Party kann losgehen.« Aus dem Radio drang eine sehnsüchtige Stimme, und Mick sang ziemlich schräg mit: » Send someone to love me, I need to rest in arms …« Er lachte, selbst amüsiert über die krummen Töne, die er fabrizierte, und Clara lächelte zurück.
    Ihr fiel zum ersten Mal auf, dass er blaue Augen hatte. Ziemlich blaue sogar. Sie stand hastig auf. »Ich muss jetzt gehen, Mick.«
    Er schnalzte abwehrend mit der Zunge »Du hast doch noch gar nicht ausgetrunken.«
    »Ich mag nichts mehr trinken«, gab Clara zurück und hob ihre Tasche vom Boden auf.
    » Keep me safe from harm, in pouring rain …«
    » Ich sollte jetzt wirklich …«
    » Give me endless summer, I fear the cold … «
    Mick legte wieder den Arm um sie, und Clara stellte verwirrt fest, dass sie keine Lust mehr hatte zu gehen. Sie musste betrunken sein, auch wenn sie sich nicht so fühlte. Eindeutig betrunken.
    Plötzlich zog er sie an sich und küsste sie. Der Kuss war heftig und schmeckte nach Rauch. Es war verrückt und unerwartet, wie längst vergessene Teenagerküsse an der Mauer hinter der Schuldisco, und Clara fühlte den gleichen Schauer wie damals den Rücken hinunterrieseln, als sie Micks Hand in ihrem Nacken spürte. Sie ließ die Tasche fallen. Das ist jetzt nicht dein Ernst, Clara Niklas!, hörte sie die empörte Stimme der Vernunft in ihrem Kopf toben. Doch Claras Finger glitten davon gänzlich unbeeindruckt über den weichen, abgenutzten Stoff seiner Jeans und weiter hinauf, folgten den glatten, langen Muskeln an seinem Rückgrat entlang, den Konturen seiner Schulterblätter, die sich unter dem dünnen Hemd deutlich abzeichneten, und endeten bei seinem warmen Nacken. Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden und sich ein heftiges, flirrendes, summendes Kribbeln in ihrem Bauch ankündigte, altbekannt und tief vergraben, nichtsdestotrotz unwiderstehlich. Nach einer Ewigkeit wie es ihr schien, löste sich Micks Mund von ihrem, und unverschämt blaue Augen schoben sich in ihr leicht verengtes Blickfeld. Clara zwinkerte und ließ Mick verwirrt los. »Ähm.« Sie räusperte sich und spürte, wie ihre Wangen brannten. Einen Arm noch immer um ihre Hüfte geschlungen, griff Mick über die Theke, um die Stereoanlage auszuschalten. Die Musik verebbte und hinterließ eine zitternde, vibrierende Stille, die man förmlich greifen konnte, die im Raum schwebte wie ein glitzerndes, Funken sprühendes Gespinst aus Millionen flimmernder Teilchen und einem einzigen unerwarteten Kuss.
    Micks Augen suchten wieder Claras Blick: »Ich dachte, du solltest …, du willst vielleicht …«

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