Das Gesetz Der Woelfe
»Und du bist dir sicher …«
»Ja. Hundertprozentig sicher«, erwiderte Clara mit einiger Schärfe, und Willi nickte langsam.
»Das ist furchtbar.« Er machte ein betroffenes Gesicht. »Warum hast du dich am Wochenende nicht gemeldet? Ich wäre gekommen«, meinte er.
»Weil …« Clara zögerte, auf der Suche nach einer plausiblen Antwort, in der ein gewisser Mick Hamilton nicht vorkam. »Ich war total fertig, ich wollte niemanden sehen, verstehst du?«
Willi nickte noch einmal, nicht ganz überzeugt, wie es Clara schien. Doch er insistierte nicht.
In dem Moment kam Linda mit dem fertigen Diktat herauf und legte es auf Claras Schreibtisch. »Wenn Sie es kurz durchschauen und korrigieren, mache ich es gleich fertig.« Sie schenkte Willi ein strahlendes Lächeln und schwebte wieder hinunter. Ihre hohen Absätze klapperten auf den Stufen.
»Was ist das?«, fragte Willi neugierig. Es war ihm nicht entgangen, wie dringlich dieses Schreiben für Clara war.
Clara las flüchtig die wenigen Seiten und brachte mit dem Bleistift ein paar Korrekturen an, dann stand sie auf und reichte es Willi. »Das«, sagte sie feierlich, »ist die Waffe, mit der ich Barletta packen werde.«
Willi überflog die Seiten. Mit einem Mal färbte sich sein Gesicht rot. »Spinnst du?«, rief er, noch bevor er zu Ende gelesen hatte und las laut vor: » … versichere ich, Clara Niklas, an Eides statt und in Kenntnis der strafrechtlichen Folgen einer unwahren eidesstattlichen Aussage, dass mein Mandant, Herr Angelo Malafonte, in seiner Heimatstadt San Sebastiano, in Kalabrien eine Liebesaffäre mit der Verlobten des Herrn Gaetano Barletta hatte. Aus Eifersucht und im Irrglauben, nur durch Rache seine Ehre wiederherstellen zu können, verfolgt und bedroht Herr Barletta seit geraumer Zeit meinen Mandanten … « Willi las leise weiter und schüttelte dabei unentwegt den Kopf. Plötzlich schwoll seine Stimme wieder an: »… weswegen Herr Barletta auch mich als Anwältin des Herrn Malafonte bereits mehrmals massiv bedroht hat. So hat er u. a. unter Zeugen versucht, mich mit dem Motorrad zu überfahren, ich bin dabei gestürzt und habe erhebliche Verletzungen erlitten … « Willi warf die Blätter auf den Schreibtisch. Sie segelten langsam über die Tischkante und landeten auf dem Boden. »Das kannst du doch nicht machen!«
»Und, bitte, warum nicht?«, gab Clara ungerührt zurück und hob die Seiten wieder auf.
»Weil es nicht wahr ist, was du da erklärst. Und damit machst du dich strafbar.« Willi schüttelte erregt den Kopf. »Ich kann gar nicht glauben, dass du das wirklich tun willst.«
»Hast du vielleicht eine bessere Idee?«, gab Clara scharf zurück. Mit einem Blick auf Linda, die vor Anstrengung dem Streit zu folgen, mit unvorteilhaft offen stehendem Mund hinter ihrem Computer saß, senkte sie die Stimme.
»Ich glaube, du hast den Verstand verloren.« Willi nahm seine Brille ab und begann zornig, sie zu putzen. »Ich verstehe, dass du wegen Elise fix und fertig bist, aber du bist Anwältin! Du kannst doch keine falsche eidesstattliche Versicherung abgeben. Das kostet dich die Zulassung, und ein Strafverfahren erwartet dich auch, wenn das rauskommt.«
»Es wird nicht rauskommen«, gab Clara ruhig zurück. Sie wunderte sich selbst, dass sie nicht wie sonst wütend wurde. »Soll Barletta vielleicht hingehen und sagen: ›Entschuldigung, ich bin gar nicht der eifersüchtige Verlobte von Angelo Malafontes Geliebter, töten möchte ich ihn nur deshalb, weil es mein Auftraggeber, jemand, den man weiße Katze nennt, so angeordnet hat.‹?« Clara schüttelte den Kopf: »Glaub mir, der wird den Teufel tun und sich bei Gericht bemerkbar machen. Dazu hat er viel zu viel Angst davor, was wir dann auf den Tisch legen.« Sie warf Willi einen triumphierenden Blick zu: »Und außerdem hat er tatsächlich versucht, mich zu überfahren.«
Willi putzte noch immer an seinen Brillengläsern herum. »Warum bist du dann nicht einfach bei der Wahrheit geblieben?«, fragte er seufzend, wohl wissend, dass Clara gewonnen hatte.
»Weil mir niemand glauben würde. Und weil ich immer noch nicht weiß, was überhaupt dahintersteckt. Was hätte ich denn sagen sollen?« Clara sah ihn drängend an. Es war ihr wichtig, dass Willi ihre Motive verstand.
Willi seufzte. Du steigerst dich da in was rein, deine Nerven sind überreizt, du hättest den Fall gar nicht erst annehmen sollen … All solche Dinge war er versucht zu sagen, doch er behielt sie für sich. Er
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