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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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würde draußen stehen, vor der hohen Mauer, in der Sonne. Und würde wieder atmen können. Dieses Bild vor ihren Augen machte sie ruhiger. Die Atemnot verebbte langsam, und Clara wischte sich die Handflächen an ihrer Hose ab. In diesem Moment öffnete sich die Tür.
    Clara erschrak, als Malafonte vor ihr stand. Er sah aus wie ein Kind. Mager und trotzig und noch immer voller Angst. Clara rief sich in Erinnerung, dass Malafonte erst dreiundzwanzig Jahre alt war. Wenig älter als ihr eigener Sohn.
    Sie stand auf und schüttelte ihm die Hand. Ihre eiskalten Finger verschwanden in der großen, überraschend warmen Hand ihres Mandanten. »Wie geht es Ihnen?«
    Malafonte versuchte ein schiefes Grinsen. » Tutt’a posto, avvoca ’. Es ist in Ordnung.«
    »Brauchen Sie etwas? Soll ich jemanden benachrichtigen?«
    »Nein!« Er wehrte heftig ab, und sein Gesicht verdüsterte sich. Dann besann er sich und fügte verlegen hinzu: » Grazie .«
    »Dieses Urteil wird keinen Bestand haben, Herr Malafonte.« Clara kamen die mühsam gesuchten Worte hohl und nichts sagend vor. Ihre Stimme zitterte noch ein wenig, doch sie spürte, wie die Panik sich zurückzog. Sie gab Claras Lungen frei und wanderte das Rückgrat hinunter, um sich als kalter harter Stein in den Eingeweiden niederzulassen, der geduldig auf die nächste Flut wartete.
    » Sì .« Malafonte schluckte schwer, und sein großer Adamsapfel hüpfte in seiner Kehle. Er wich ihrem Blick aus und starrte auf seine Füße.
    »Was da passiert ist, ist unglaublich, ich werde alles tun …«
    Clara verstummte resigniert, sie kam sich vor wie ein unpassender Gast auf einer Beerdigung. Jedes Wort, das sie in den Mund nahm, klang falsch.
    Malafonte hielt den Blick gesenkt. » Sì «, nuschelte er undeutlich in ihre Richtung.
    Clara legte die Kopien ihrer Schriftsätze auf den Tisch. »Ich werde Sie bald herausgeholt haben. Die Entscheidung des Richters entspricht nicht den Gesetzen. Verstehen Sie das?«
    Malafonte gab keine Antwort.
    Clara setzte sich an den Tisch und zog den anderen Stuhl für Malafonte hervor. »Bitte. Setzen Sie sich. Wir müssen miteinander sprechen.«
    Malafonte setzte sich, ohne den Blick zu heben, auf den äußersten Rand des Stuhls. Clara fiel auf, dass es die gleiche Sorte Stuhl war, wie in der Cafeteria des Gerichts, auf denen sie mit Pöttinger gesessen hatte.
    Sie schob sich nahe an den Tisch heran und sprach sehr leise, damit zwang sie Malafonte, endlich den Kopf zu heben und sie anzuschauen. »Woher wussten Sie, was passieren würde?«
    Seine Augen waren dunkel, fast schwarz, man konnte die Pupillen darin nicht erkennen. »Eh? Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Sie wussten, dass man Sie ins Gefängnis stecken würde. Sie haben es mir gesagt. Woher wussten Sie das?«
    Angelo schüttelte den Kopf. »Ich weiß gar nichts, avvocato . Ich hatte nur Angst.«
    »Wovor?« Claras Stimme war jetzt kaum mehr zu verstehen. »Wovor haben Sie Angst?«
    Angelo starrte sie an. Er zögerte, und seine Kieferknochen bewegten sich unter der glatten Haut. »Ich …« Ein Geräusch vor der Tür ließ beide herumfahren. Ein Beamter steckte den Kopf herein. Er war jung, mit einem roten Gesicht und hellen Haaren. »Alles in Ordnung, Frau Anwältin?«
    Clara knurrte verärgert. »Ja doch.« Sie wedelte ungeduldig mit der Hand, und der Beamte verschwand eilig.
    Sie wandte sich wieder ihrem Schützling zu, doch es war zu spät. Die Störung hatte die Verbindung unterbrochen, Malafontes Gesicht war verschlossen wie eine Tür, die man jemandem vor der Nase zugeschlagen hatte. Clara sah in seine Augen, die ihren Blick ausdruckslos erwiderten, schwarz und leer wie ein Abgrund. Doch dahinter lauerten Angst und Verzweiflung. Clara spürte es so deutlich, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief und sie unwillkürlich die Arme vor der Brust verschränkte. In Abwehr. Als Schutz vor dieser unbekannten Bedrohung, die Angelo vor Augen zu haben schien. Clara stand auf. Sie widerstand dem Drang, Malafonte etwas Tröstliches zu sagen. Wenn er sich verfolgt fühlte bis hinter die Gefängnismauern und sie sein Vertrauen nicht verlieren wollte, waren solche Phrasen fehl am Platz. Daher nickte sie nur knapp und ließ die Schnallen ihrer altmodischen Aktentasche zuschnappen. »Ich werde mich um Ihre Angelegenheiten kümmern. Wenn Sie etwas brauchen, rufen Sie mich an, jederzeit, in Ordnung?« Sie legte ihre Visitenkarte auf den Tisch und Malafonte nahm sie so zögernd, als habe er Angst, er

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