Das Gesetz des Irrsinns
Exzellenz«. Womit bereits die innere Spannweite der herausragenden Erscheinung angedeutet wäre.
Hier muss indes gleich betont werden, was sich in Anbetracht der gegenwärtigen Weltlage letztlich von selbst versteht: Dass die Rolle des Engländers (»Lawrence of Arabia«) im Verlauf des Spielfilms sukzessiv abgebaut, die des Österreichers (»Scheich Musa«) hingegen konsequent aufgebaut wird – bis hin zur Schlusscoda.
Dies alles in einem klar umgrenzten Aktionsraum: Beide versuchten, seit Menschengedenken miteinander verfeindete Beduinenstämme der Arabischen Halbinsel zu
einen
– Musil mit dem Osmanischen Reich kooperierend, Lawrence im (Geheim)Dienst Englands, dem unser Großdeutsches Reich nun erneut Paroli bietet, ebenfalls in der Wüste, wenn auch der Libyschen.
Die von Ihnen im KddK ironisch erwähnte Frage, die sich in Ihrer Abteilung des Ministeriums zuweilen wiederholte: Was bringen wir in der nächsten Wochenschau?, diese Frage erübrigt sich ja derzeit: Die Sonderberichter-Staffel des OKW , die von Ihnen ausgeschickten Kameramänner liefern aus Nordafrika reichlich Material – die Cyrenaika ist ebenso wie Libyen fast ständig präsent in der Wochenschau unter Ihrer Ägide. Wobei jeweils Rommel als Generalstabschef gebührend ins Licht gestellt wird. Womit wiederum so etwas wie Streulicht auf Alois Musil fallen wird sowie, letztlich unvermeidlich, auf Lawrence.
Bevor ich Szenen skizziere, die meine Vermittlung dieser Figur ablesbar machen, einige Grundüberlegungen: Auf welche Weise soll T. E. Lawrence in unserem Spielfilm in Erscheinung treten?
Einerseits haben wir, mit Blick auf den gegenwärtigen Krieg in der Wüste, nicht den allergeringsten Anlass, diesen Oberst Lawrence (in arabischer Aussprache: Orens) so herauszustellen, wie er selbst das gewünscht, ja vorausgesetzt hätte. Wiederum wäre karikierende Darstellung unangemessen, obwohl er hierzu etliche Vorleistungen erbracht hat, etwa mit seinem fatalen Hang zu Belehrungen: Wie Barken an einem Kai festzumachen sind oder wie Steinplatten für Lithos beschaffen sein müssen. Dennoch herrscht weiterhin und weithin Bewunderung für ihn vor; viele, allzu viele Volksgenossen, auch Parteigenossen besitzen das in Edelbast gebundene, voluminöse, mit Tiefdrucktafeln ausgestattete Buch über
Die sieben Säulen der Weisheit
. Ich darf gestehen, dass ich dieses Buch gleichfalls besitze, wobei ich allerdings davor zurückscheue, in der gegenwärtigen Phase der Projektentwicklung auch nur einen Blick hineinzuwerfen; ich will nicht der Suggestion seiner Darstellung erliegen wie schon so viele Zeitgenossen.
Ich denke, die beste Lösung ist in diesem Fall die Annäherung an Gegebenheiten. So ist hinreichend belegt, dass »Orens« ein kleinwüchsiger, schmaler, dennoch enorm zäher Mann war, aber auch, und dies wiederum überraschend: dass er eine helle, fast mädchenhafte Stimme hatte. Würde es gelingen, Orens hier adäquat zu besetzen, hätten wir schon einen Punktsieg zu verbuchen.
Ich will und kann den Entscheidungen des Herrn Reichsministers nicht vorgreifen, möchte aber nicht verhehlen, dass ich während der Arbeit am Text ein Leitbild vor Augen habe: Werner Krauß. Dass er auf der Gottbegnadetenliste der Filmschaffenden einen der führenden Ränge einnimmt, ist für mich nicht unbedingt das entscheidende Kriterium, vielmehr: das vollauf gelungene Wagnis des relativ kleinwüchsigen Schauspielers, im
Jud Süß
fünf Juden zu verkörpern in verschiedensten Graden und Mustern der Verwerflichkeit. Damit hat sich eine gewisse Einfärbung im Erscheinungsbild des Schauspielers ergeben, und das ließe sich sinnvoll umsetzen in der Gesamtperspektive des Films.
Hier stellt sich sogleich auch die Frage: Und wer könnte die Rolle des Alois Musil übernehmen? Es müsste ein Schauspieler sein, der für Klarheit und Geradheit steht, und hier kommt mir Mathias Wieman in den Sinn, auch er auf der Gottbegnadetenliste. Unabhängig davon denke ich, dass Dr. Goebbels dieser Besetzung zustimmen würde – schließlich dürfte es kaum Zufall sein, dass Wieman vom Reichsminister in privatem Kreise gern gesehen wird. Und doch, ich muss es gleich betonen: Dieser Vorschlag kann nicht mehr als ein Gedankenspiel sein, das Schreiben des Drehbuchentwurfs begleitend und (indirekt) stimulierend.
Wo ich nun doch schon Namen ins Spiel bringe, hier gleich noch mein Wunschkandidat für die Regiearbeit: Wolfgang Liebeneiner.
[Anm.d.Hrsg.: Staatsschauspieler und Regisseur
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