Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
viel schwerer. Sie konnten sich nicht verteidigen. Wir sind der Ansicht, bei unserer naturgegebenen Aufgabe, die Asix zu beschützen, versagt zu haben. Ich weiß nicht, welche Schritte der Rat beschließen wird, aber ich persönlich habe bereits die Weisung erteilt, dass alle Asix, die hier nicht arbeiten – die kleinen Kinder, deren Mütter und Neugeborene – nach Gaia zurückkehren müssen.«
» Sie haben diese Weisung erteilt?«, fragte Rasser. »Im Namen der Regierung?«
»In meinem eigenen Namen, Exzellenz.«
»Und Sie glauben, man wird Ihnen Gehorsam entgegenbringen?«
»Auf jeden Fall«, entgegnete Suvaïdar. »Warum sollten sie mir nicht gehorchen?«
Sie presste die Kiefer so fest aufeinander, dass es wehtat. Schon der Gedanke an den Tod der Asix versetzte sie in blinde Wut – eine Wut, die sie eigentlich nur im Kampf hätte kompensieren können, vorzugsweise mit den Blutklingen. Um sich zu beruhigen, sprach sie ein anderes Thema an.
»In ein paar Tagen beginnen die Orkanstürme, dann haben wir vier Monate Trockenzeit. Wie man Ihnen bereits gesagt hat, ist das eine schwierige Zeit. Ich hoffe, Sie haben an die Versorgung mit Lebensmitteln für sich und Ihre Verwalter gedacht. Unser Planet produziert nämliche keine Überschüsse. Es kann sogar sein, dass wir auf eine Hungersnot zusteuern. Wir können auf gar keinen Fall die Menge der Lebensmittel erhöhen, die wir Ihnen liefern.«
»Ich verstehe. Ich gehe davon aus, dass die Händler bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen – im Rahmen des Machbaren, versteht sich.«
»Das ist keine Frage des Geldes. Man kann nicht verkaufen, was man nicht hat, nicht einmal zu einem unwiderstehlichen Preis.«
»Das ist eine Vergeltungsmaßnahme, nicht wahr? Nun, in gewisser Weise kann ich Sie verstehen, aber es wäre nicht gerecht, Unschuldige zu bestrafen.«
»Wir werden Ihnen sämtliche Überschüsse liefern, über die wir verfügen. Es gibt in Schreiberstadt auch noch Boden, der bewirtschaftet werden kann. Sie könnten diese Flächen kultivieren oder Nahrungsmittel importieren.«
»Hoffen Sie, dass wir abreisen?«
Ach, wenn das nur wahr wäre, dachte Suvaïdar. Nur die Selbstbeherrschung einer Shiro ließ sie gleichgültig erscheinen und die Diplomatiereserven mobilisieren, die sie benötigte, um eine Antwort zu geben.
»Viele von uns würden sich das wünschen, aber nicht alle. Außerdem kann man die Vergangenheit nicht rückgängig machen, ob es uns nun gefällt oder nicht. Ihre Ankunft hat unser Leben verändert. Aber es gibt einen Unterschied zwischen den Händlern, die hier seit Jahren ansässig sind und mit denen wir gewohnheitsmäßig Umgang haben, und einigen Neuankömmlingen – Abenteurern, die zweifellos darauf hoffen, schnelle Geschäfte zu machen oder von der Naivität der Einheimischen zu profitieren.«
»Ich glaube nicht, dass sie das schaffen. Mir scheint, dass der Handel strikt reglementiert ist. Übrigens, das wollte ich Sie schonlange fragen: Wie kann es sein, dass eine einzige Familie den Handel kontrolliert?«
»Ganz einfach: Sie waren die Ersten. Zuvor galten sie auf unserem Planeten als der am meisten verachtete Clan, denn sie übten einen Beruf aus, den keiner von uns hätte ausüben wollen: Sie arbeiteten als Schlachter und Totengräber. Als dann die Leute kamen, die bereit waren, einen guten Preis für das zu zahlen, was wir als Hundefutter verwerten, war es für diesen Clan ein Glücksfall.«
»Ich hoffe nur, dass sie uns mit dem Fleisch der Schlachter und nicht mit dem der Totengräber ernähren«, bemerkte Rasser grinsend, und Suvaïdar lächelte.
»Nach nunmehr zwölf Monaten weiß ich immer noch wenig über Ta-Shima«, sagte Rasser, »und was ich weiß, weiß ich nur aus zweiter Hand. Wann könnte meiner Bitte entsprochen werden, zumindest den bewohnten Teil des Planeten besuchen zu dürfen?«
Es war ein Ersuchen, das er bereits dreimal gestellt hatte. Mit der nächsten Regenzeit würde er seinem Anliegen sicher von Neuem Nachdruck verleihen, und es würde schwierig sein, es schon wieder abzulehnen. Tsune war nicht einverstanden, aber die nächste Sadaï konnte ganz anderer Meinung sein.
»Haben Sie denn keine Angst vor dem Fieber von Gaia?«, fragte Suvaïdar.
»Ich bin ich bereit, dieses Risiko einzugehen, um meine Mission zu erfüllen.«
»Was ist denn Ihre Mission? Die Annexion meines Planeten durch die Föderation vorzubereiten?«
»Meine Aufgabe besteht einzig und allein darin, gute Beziehungen aufzubauen
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