Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
was sie sagten, denn sie hatten Angst, dass irgendetwas an die Ohren der Spezialkräfte drang. Sie hatten auch keine Lust mehr, sich die Äußerungen der ersten Ehefrau Rassers über die Unschicklichkeit des Zusammenlebens mit den Einheimischen anzuhören.
»Mit dem Licht der drei Monde ist dieser dreckige Planet beinahe schön«, sagte der Botschafter, der beschlossen hatte, seine junge Frau bei allen ihren Spaziergängen zu begleiten.
»Sollen wir bis zur Steilküste gehen?«
»Nein, die macht mir Angst.«
»Jetzt sag bloß nicht, dass du an Schwindel leidest. Du bist auf hohe Berge geklettert, als du bei uns warst.«
»Es geht nicht um mich. Ich sehe dich nicht gern so nah am Ufer.«
Elide wandte sich ihm zu, kurz davor, ihm die Ohrfeige zu verzeihen, die sie zwei Tage zuvor erhalten hatte, doch ihr Mann hatte die Stirn gerunzelt und zeigte jenen Ausdruck von Jähzorn, mit dem sie noch nicht umzugehen gelernt hatte. Sie wollte ihm vorschlagen, ein paar Meter vor der Steilwand stehen zu bleiben, um die letzten Wellen zu bewundern, die durch die böigen Winde extrem hoch waren. Die weißen Spitzen der Gischt sahen im Licht der drei Monde silbern aus. Doch Elide verwarf ihre Idee, und schließlich kehrten beide ins Haus zurück.
*
In Gaia war die Trockenzeit eine Art Ferienzeit.
Nach mehreren arbeitswütigen Tagen waren die Sturmschäden behoben. Anschließend stellten die Asix und die Jungen aus dem Clan die Matten und Tische wieder an Ort und Stelle. Die Bauern siedelten das Federvieh und die Bienen um: Man befreite sie aus ihren Gefängnissen im Keller, in denen sie trotz ihrer Unruhe die Stürme unbeschadet überstanden hatten, und brachte sie in ihre Sommerquartiere auf den Höfen, die dank Planen und Vordächern beschattet waren. Die Hühner kamen endlich zur Ruhe, nachdem sie im »Gefängnis« vor Angst und Schrecken wie die Wilden gegackert hatten. Sie waren zu dumm, um sich daran zu erinnern, dass das zweimal im Jahr passierte und immer ein glückliches Ende nahm. Auch die Bienen nahmen ihr normales Leben wieder auf, als wäre nichts gewesen.
Da im Sommer fast keine Arbeiten in der Landwirtschaft zuverrichten waren, hatten die Ta-Shimoda nur sehr wenige Pflichten. Suvaïdar, die im Sitz des Clans für die häuslichen Pflichten eingeteilt war, kümmerte sich zusammen mit Saïda um die Arbeit im Lebenshaus. Oda erteilte einer Gruppe junger Leute Unterricht im Fach Mechanik und lehrte sie, was er an der Universität von Neudachren studiert hatte.
Zum Fechten gingen beide in die Akademie des Clans. Dort unterrichtete immer noch die Meisterin Doran Huang. Jetzt, wo sie erwachsen war, war Suvaïdar in der Lage, ihr Niveau besser einzuschätzen. Obwohl Doran Huang jetzt schon sehr alt war, bewegte sie sich doch mit derselben tödlichen Grazie wie Tichaeris. Und ihre Kritik, die sie in einer Sprache anbrachte und die so scharf war wie ihre Binsenpeitsche, war stets gerechtfertigt.
Eines Nachts stellte Doran Huang während des Unterrichts ihre Peitsche an die Wand und wickelte die Binden vom Gesicht, die ihr als Schutzmaske gedient hatten. Damit wollte sie zeigen, dass sie wieder in die Rolle einer Schülerin geschlüpft war. Sie verbeugte sich tief vor einem Mann, der gerade durch die äußere Tür des Fechtsaals trat.
Es war Tarr, der Riodan Lal und die anderen Fechtmeister von Gaia besiegt hatte. Heute war der Hauptmeister der sieben Akademien gekommen, um eine seiner regelmäßigen Inspektionen durchzuführen. Begleitet wurde er von drei seiner besten Schüler.
Er grüßte und übernahm dann die Stunde. Er sprach wenig, wie gewöhnlich. Meist begnügte er sich damit, vor sich hin zu knurren oder mit der Übungswaffe leicht auf ein Bein zu schlagen, das nicht richtig gebeugt war oder auf einen Fuß, der nicht die ordnungsgemäße Position hatte. Suvaïdar betrachtete ihn aus den Augenwinkeln und stellte fest, dass die Wolle auf seinem Brustkorb bereits die ersten grauen Haare zeigte.
Es ist wahr, dass die Asix schneller altern als wir, dachte sie bei sich, aber wie viele Trockenzeiten hat Tarr bereits erlebt? Er ist doch nicht viel älter als ich.
Durch ihre Grübeleien war sie nicht konzentriert genug und kassierte einen peitschenden Schlag: Oda hatte Tarr ebenfallsherankommen sehen, aber nicht bemerkt, mit welcher Aufmerksamkeit seine Schwester sich diesem zugewandt hatte.
Ihr Gegenangriff war unbeholfen und wäre auch dann wirkungslos gewesen, hätte er sein Ziel getroffen.
»Nicht so!«, rief
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