Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
Vom Netzwerk:
sich in Wurfgeschosse, die der Wind gegen die Mauern der Häuser warf. Dort zerschellten sie mit dem Lärm einer antiken Feuerwaffe oder prasselten auf die Unvorsichtigen, die im Freien vom Unwetter überrascht worden waren. Bevor die Windhose endgültig schlappmachte, traf sie auf zwei andere, die in der Ferne ihr Unwesen trieben, und zumindest eine von ihnen nahm Kurs Richtung Astroport.
    Rasser konnte bei dem ständigen Geheule, zu dem sich noch andere beunruhigende Geräusche gesellten, einfach nicht schlafen. Er fragte sich, ob die Gebäude dem Orkan standhielten; während er grübelte, kaute er an seinen Fingernägeln. Er hatte gehört, wie die Bewohner Ta-Shimas über die Orkane sprachen, aber etwas so Schlimmes hätte er sich nicht einmal in seinen bösesten Albträumen vorstellen können.
    Man hatte Rasser vorgewarnt und darüber informiert, dass die Stürme sehr heftig werden könnten. In seiner Vorstellung hatte er einen Tornado, den er einmal in Nueva Vida erlebt hatte, einfach mit zwei multipliziert, aber die Stürme auf Ta-Shima waren noch viel heftiger. Auf Nueva Vida, das seit rund dreihundert Jahren kolonisiert war, hatte Rasser acht Standardmonate verbracht. Dort hatte er sich in einem robusten Haus aus massivem Plastacier undverbunden mit einem Wettersatelliten, der jede Minute die Situation und die wahrscheinliche Entwicklung übermittelte, sicher gefühlt.
    Doch in den Steinbau der Botschaft auf Ta-Shima hatte er überhaupt kein Vertrauen. Im Grunde war der Bau aus einem natürlichen Material errichtet worden, das keinerlei Standardisierung unterlag und deshalb eine Vielzahl von Unregelmäßigkeiten und Schwachstellen aufweisen konnte. In Rassers Augen war es typisch für die Einwohner einer unterentwickelten Welt, Behausungen aus Stein zu bauen, die, glaubte man der Legende, an die Hütten der ersten Menschen erinnerten.
    Die ganze Zeit hörte Rasser das Gejohle des Windes, das ihn eher an den Schrei eines wilden Tieres aus einem Horror-Holocube erinnerte. Dazwischen erklangen die Geräusche niederstürzender Mauern und Dächer und ein ohrenbetäubender Lärm, wenn wieder einmal irgendetwas von einer Böe weggerissen wurde und gegen die Mauern der Botschaft krachte. Rasser fragte sich, ob die Orkanstürme nicht mit dafür verantwortlich waren, dass die Shiro einen so gemeinen Charakter besaßen, schüttelte dann aber den Kopf. Auch die Asix hatten sich notgedrungen jedes Jahr aufs Neue einer feindlichen Natur gegenübergesehen; dennoch waren sie friedliebende Leute und nahezu harmlos, was auch immer seine erste Ehefrau und dieser »Satan« Aber dachten, wie er den Kapitän inzwischen nannte.
    Seine junge Frau schlief tief und fest. Die Glückliche, dachte Rasser. Wenn man in die Jahre kommt, kann man nicht mehr so gut schlafen. Er stand auf, wobei er versuchte, das Bett nicht allzu heftig zu bewegen, um sie nicht zu wecken – auch wenn er den Verdacht hegte, sie würde nicht einmal aufwachen, wenn ihr das Dach auf den Kopf fiel.
    Er ging aus dem Zimmer. Im Korridor hörte man den Wind immer noch. Rasser hatte den Eindruck, als würden die Außenwände leicht zittern. Er inspizierte schweigend und auf Zehenspitzen die gesamte erste Etage und blieb zögernd vor der Zimmertür seiner ersten Ehefrau stehen. Durch die Tür fiel ein Lichtstrahl. Er klopfte an und trat ein, ohne auf eine Aufforderung zu warten. Seine Frau hockte mit sorgenvoller Miene auf dem Bett und hielt ihre Knie fest mit den Armen umschlungen.
    »Ich habe das Gefühl, der Wind wird immer stärker«, flüsterte sie.
    Das war auch sein Eindruck, aber er wollte seine Frau nicht noch mehr erschrecken und erwiderte: »Aber nein. Das kommt nur daher, dass sich der Lärm in der Stille der Nacht viel lauter anhört. Soener sagt, dass die Stürme fünf bis sechs Tage dauern. Es müsste also bald zu Ende sein.«
    »Das ist der schrecklichste Ort, an dem wir bis jetzt gewesen sind. Trotzdem bin ich dir überallhin gefolgt, weil du jedes Mal eine Aufgabe zu erfüllen hattest. Ich werde nie begreifen, warum B’chir und seine Anhänger so darauf bestehen, diese Hölle hier zu annektieren. Sie sagen, es sei religiös begründet, aber das ist absurd, denn wozu sollte es gut sein? Will man die Menschen mit Gewalt bekehren?«
    »Es hat sowohl politische als auch religiöse Gründe ...«, begann Rasser, verstummte dann aber, denn mit einem Vertreter der Spezialkräfte im Haus, der sich aufführte, wie er wollte, war es nicht ausgeschlossen, dass

Weitere Kostenlose Bücher