Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
nicht weitere Details. Das Fläschchen kam von Salman Bur, ein Bruder von Eronoda Bur to Sevastak. Er hatte in meiner Akademie ein Duell mit den Blutklingen und verlor dabei sein Leben.«
»Und wie heißt der Händler?«
»Wie hieß der Händler, müsstest du fragen. Es gab einen tragischen Unfall.«
Kurzes Schweigen. Dann ergriff Tarr wieder das Wort.
»Ich überlasse es dir, ob du den Rat benachrichtigst. Aber noch etwas anderes: Ich habe meinen Schülern aufgetragen, die Landenge bei Niedrigwasser zu bewachen. Es würde mich nicht verwundern, wenn einige das Verbot, wichtige Lebensmittel zu verkaufen, nicht richtig verstanden haben.«
Er stand auf und war binnen Sekunden verschwunden.
»Du lieber Gott«, sagte Oda nur, »und das ist ein Asix? Ich frage mich, warum man ihn nicht gleich nach seiner Geburt einer Akademie übergeben hat.«
*
Der Sommer auf Ta-Shima zog gemächlich dahin.
Es gab ein paar Duelle, doch sobald einer der Monde zu sehen war, erinnerte sein Licht an das Fest der drei Monde, und die Shiro zeigten sich heiterer, beinahe herzlich. Die Asix, die während der Regenzeit auf dem Feld gearbeitet hatten, kehrten ins Haus ihres Clans zurück. Doch einige von ihnen blieben auf den Bauernhöfen, auf denen weitergearbeitet wurde, um essbare heimische Pflanzen und genmodifizierte Nüsse zu kultivieren. Dochauf den anderen Bauernhöfen gab es nichts weiter zu tun als ein paar kleinere, turnusmäßige Wartungsarbeiten. Die meisten Bauern zogen es vor, in die Stadt zu gehen und sich im Hof des großen, grauen Steinhauses des Clans eine provisorische Hütte zu bauen, um an den turnusmäßigen Fecht- und Schachturnieren, den Gemeinschaftsbädern und den geselligen Abenden teilnehmen zu können, die eine Gelegenheit boten, einen Shiro zu treffen, der geneigt war, die Matte mit ihnen zu teilen.
Die Asix übernahmen die häuslichen Aufgaben, und hatten die Einwohner Gaias ihre Arbeit außerhalb des Hauses erst einmal erledigt, verfügten sie über sehr viel Zeit – für sie ein seltener Luxus. Sie gingen an den Kanälen spazieren oder schwammen im toten Nebenarm des Flusses, der kein Trinkwasser spendete, aber die Kanäle und die Badebecken aus Stein bewässerte. Sie erlaubten sich kostspielige Extravaganzen. So gingen sie in einem der Asix-Restaurants zu Abend essen, statt im Gemeinschaftsraum des Clans, oder sie kauften sich ein Stück köstliche Reispastete oder Trauben aus Gorival an einem der Marktstände. Sie organisierten im Freien Fechtturniere oder spielten Schach, Mah-Jong und Go. Sie schliefen unter freiem Himmel und genossen das seltene Vergnügen, Sterne beobachten zu können. Sie verabredeten sich für das nächste Fest, das in der Nacht der drei Monde die Hochebene in intensives Licht tauchen würde. Alle jungen Leute – und auch viele ältere – würden dann zu den großen Feuern am See und auf den Feldern gehen.
In der letzten Nacht der drei Monde beobachtete Oda, wie Suvaïdar das Haus ihres Clans verließ. Er begleitete sie zu den Feuern, deren Leuchten schon von Weitem zu sehen war. Am ersten Feuer trieben sich viele lautstarke Jugendliche herum. Suvaïdar und Oda warfen sich einen wissenden Blick zu und gingen weiter zum nächsten Feuer, das ein paar hundert Meter entfernt loderte. Dabei begegnete ihnen eine kleine Gruppe männlicher Asix. Alle drehten sich um und starrten Suvaïdar ganz offen an – mit einer Dreistigkeit, wie sie es in der Regenzeit niemals gewagt hätten.
Auch am zweiten Feuer ging es turbulent zu, aber nicht so wild wie beim ersten. Sie setzten sich, den Rücken an den Stamm eineshundertjährigen Nussbaumes gelehnt, und schauten sich um. Die meisten männlichen Asix hielten sich trotz der Hitze nahe am Feuer auf. Sie wollten ganz sichergehen, dass die Shiro-Frauen, die ja in der Dunkelheit nicht so gut sehen konnten wie sie, sie deutlich erkennen konnten. Oda deutete mit dem Kopf auf drei Jungen, die beim Schein der Flammen ihre Brustmuskulatur spielen ließen, das Hemd nachlässig geöffnet.
»Guck dir die drei da an«, sagte er mit einem ironischen Lächeln. »Wen wollen sie damit beeindrucken? Was glaubst du?«
»Irgendeine normale Shiro-Frau«, gab Suvaïdar zur Antwort. Dann stand sie plötzlich auf und ging.
»Du verbringst das Fest nicht mit mir?«, rief Oda enttäuscht.
»Warum sollen wir bis hierher gehen?«, erwiderte Suvaïdar. »Wir könnten doch einfach in dein Zimmer gehen.«
Als sie Odas Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: »Du
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