Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
Warte, ich zünde eine Lampe an.«
Ein Schatten verließ die primitive Behausung und bewegte sich auf die nahe Fackel zu, von der er dann einen Ölbaumzweignahm. Eine kleine Flamme loderte auf. Saïkin stellte die Fackel in eine mit Sand gefüllte Schale, bevor er sich seiner Besucherin zuwandte.
»Was ist denn vorgefallen, Suvaïdar Adaï?«, fragte er sie mit der typischen, friedvollen Spontaneität der Asix.
»Ein Training in der Akademie«, antwortete sie. »Es war sehr lehrreich. Ich wollte dich um etwas bitten. Hast du schon gegessen?«
»Nein, ich bin gerade aus dem Bad zurück und stehe dir gern zur Verfügung, wenn du möchtest.«
Er war nur mit einer Hose bekleidet, und seine Haare und das Fell auf seiner Brust waren noch mit winzig kleinen Wassertröpfchen bedeckt. Er holte die Matte, die ihm als Bett diente, und rollte sie schnell aus.
»Möchtest du dich setzen?«
Suvaïdar bedankte sich. Als sie eine zweite Matte entdeckte, die an der Wand lehnte, fragte sie: »Du hast jetzt eine feste Freundin?«
»Nein, die Matte gehört Edar Sarod, ein Bruder von demselben Vater. Er ist Viehzüchter und ist heute angekommen, um hier ein paar Tage Ferien zu machen. Er wird hier wohnen. Was kann ich für dich tun?«
»Wenn du dir etwas zu essen holst, könntest du mir dann was mitbringen? Mit diesem Kopf möchte ich mich im Gemeinschaftssaal des Clans nicht sehen lassen.«
»Natürlich, das mache ich gern«, antwortete er mit einem breiten Lächeln. Dann zog er sich Sandalen an, streifte die Tunika über und ging hinaus.
Suvaïdar setzte sich ganz vorsichtig, denn die Blutergüsse an ihren Beinen taten sehr weh. Vergeblich suchte sie eine Position, die Schmerzfreiheit bot. Ihr rechter Oberschenkel pulsierte heftig, sobald sie sich in den Schneidersitz setzte. Und das linke Bein bereitete Schwierigkeiten, wenn sie knien wollte. Schließlich rollte sie sich auf der Matte zusammen, den Rücken zur Tür und zu der kleinen Fackel, die dichten Rauch und einen unangenehmen Geruch verströmte.
Sie hatte gerade eine Haltung eingenommen, die nicht allzu sehr schmerzte, als ihr plötzlich ein voller Eimer eiskaltes Wasser über Kopf und Rücken geschüttet wurde. Eine wütende Stimme rief: »Du genetischer Irrtum, das wirst du mir büßen!«
Mit einem Satz war sie auf den Beinen, die Hand am Schaft ihres Messers. Vor ihr stand ein Asix, splitternackt und tropfnass. Mit einer drohenden Geste kam er auf sie zu, um dann plötzlich innezuhalten und den Mund wie ein Fisch zu öffnen und zu schließen.
»Asix, hast du völlig den Verstand verloren?«, rief sie wütend.
Wahrscheinlich lief der junge Mann Amok; eine andere Erklärung hatte Suvaïdar nicht. Dann legte er verzweifelt die Hände vor das Gesicht, was in einer anderen Situation durchaus komisch hätte wirken können, und stammelte:
»Shiro Adai ... bitte verzeih. Ich bin Edgar. Ich glaubte, hier Saïkin vorzufinden, meinen Bruder. Der Dummkopf hat sich einen Scherz erlaubt, als ich gerade ein Bad genommen habe. Er ist mit meinem Handtuch und meinen Kleidungsstücken auf und davon. Ich bin bestimmt zehn Minuten herumgelaufen, bevor ich seine Hütte gefunden habe. Bitte, meine Dame, lass Barmherzigkeit walten. Ich verdiene die Peitsche, du bist ganz nass!«
»Ich habe schon bemerkt, dass ich ganz nass bin«, erwiderte sie in säuerlichem Tonfall, »such mir ein Handtuch.«
Suvaïdar zog Jacke und Hose aus. Dann sah sie, dass auch ihr Schlüpfer nass war, und zog auch diesen aus.
Der völlig zerknirschte Asix näherte sich ihr, um ihr ein Handtuch zu reichen. Trotz des schwachen Lichts, das die Fackel spendete, war seine Erektion nicht zu übersehen.
Gütiger Himmel, sagte sich Suvaïdar, was passiert hier? Mein Gesicht sieht wie aus Mus, ganz zu schweigen von den roten Striemen auf dem Körper. Selbst ein Mox hätte mehr Sexappeal als ich.
Sie griff nach dem Handtuch und berührte dabei leicht die Hand des jungen Mannes. Eine Wolke seines Duftes streichelte ihre Nasenlöcher. Er roch nach Zimt und Muskatnuss – nicht so stark wie gewöhnlich, weil er gerade gebadet hatte, aber immernoch stark genug. Sofort waren die Schmerzen im Gesicht wie weggeblasen, und auch die unangenehme Erfahrung, mit eiskaltem Wasser begossen worden zu sein, löste sich in Luft auf. Der Junge wartete eine Einladung ihrerseits nicht ab, sondern machte einen Schritt auf sie zu und starrte sie an wie in Trance. Einen Augenblick lang vergaß Suvaïdar die Zeit und fühlte, wie eine
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