Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
uns doch wohl nicht auch noch mit den Eingeborenen verbrüdern!«
Um einer unangenehmen Diskussion aus dem Weg zu gehen, hatte der Kommandant nach Rücksprache mit dem Ersten Offizier eingelenkt. »Es sind ja nur drei Wochen, dann sind wir die Meute wieder los«, hatte er mürrisch gemurmelt.
Die Matte, der flache Tisch und die Kissen der Besatzung wurden also in den Vorratsraum gebracht, der damit arg überfüllt war. Aber mit jedem Reisetag würde er sich ein bisschen mehr leeren, und der Herr Botschafter konnte in aller Ruhe in seinem Speisezimmer essen. Der Kommandant hatte ihm außerdem zwei Raumfahrtbegleiterinnen zugebilligt, die ihm während des Fluges das Essen servierten. Fand jedoch ein Manöver statt, ging das vor, denn der Kommandant war auf sämtliche Mitglieder seiner Besatzung angewiesen. Dann hatten alle zu erscheinen – bis auf diejenigen, die gerade schliefen.
Als die erste, ältere Ehefrau Seiner Exzellenz dem Kommandanten gegenüber die Bemerkung fallen ließ, es erschiene ihr angebrachter, dass Männer am Tisch servierten, da die Raumfahrtbegleiterinnen für vornehme Damen nicht schicklich seien, blieb er standhaft.
»Wenn Sie bestimmte Mitglieder der Besatzung nicht zu sehen wünschen, meine Dame«, erwiderte er, »müssen Sie eben in Ihrer Kabine bleiben. Mehr als die Hälfte der Besatzung besteht aus Frauen, und ich bin nicht in der Lage, die Arbeits- und Ruhezeiten meiner Mitarbeiter so zu organisieren, dass es den Passagieren gefällt oder nicht gefällt. Davon ganz abgesehen sollten Sie sich an diese Frauen gewöhnen. Sie werden auf Ta-Shima von Bord gehen. Selbst in Schreiberstadt – der Zone, die für Fremde reserviert ist – werden sie ständig auf einheimische Frauen stoßen, die in Hotels, Geschäften, selbst in der Botschaft arbeiten. Sogar am Astroport stellen Frauen die Mehrheit des Personals. Alle Ta-Shimoda üben aktiv einen Beruf aus.«
Die Dame schniefte laut, um ihre Missbilligung kundzutun. Dann schwebte sie von dannen, wie in einen Umhang aus Würde gehüllt, gefolgt von ihrer Tochter und der Co-Ehefrau. Der Kommandant sah ihnen nach; dann wandte er sich mit einem verzweifelten Seufzer an Professor Li, der das Gespräch mit Interesse verfolgt hatte.
»Ich hoffe nur, diese Leute kommen nicht auf den Gedanken,auf ähnliche Art und Weise einen Shiro anzusprechen. Die Shiro sind überheblich und jähzornig, und ihnen fehlt es an Respekt anderen Menschen gegenüber.«
»Mir scheint«, sagte der Professor, »als wüssten Sie über viele Dinge auf dem Planeten Bescheid, Kommandant. Wie oft sind Sie schon auf Ta-Shima gewesen?«
»Nur achtmal. Aber ich versuche immer, zumindest einige Tage dort zu verbringen, am liebsten in der Stadt. Die Mehrzahl meiner Kollegen verlässt nicht mal den Astroport. Für mich aber ist Ta-Shima anders als alle anderen Welten. Der Planet fasziniert mich. Schade nur, dass wir uns ausschließlich in Schreiberstadt aufhalten dürfen.«
»Wegen des Fiebers, nicht wahr?«
»Das ist nicht der einzige Grund. In der für Fremde reservierten Zone gibt es die Botschaft, die für Ordnung sorgt. Außerdem gelten auf Ta-Shima nominell die Gesetze der Föderation. Und ich glaube nicht, dass es möglich ist, Schreiberstadt ohne Erlaubnis zu verlassen. Denn hat man erst einmal die Brücke von Niasau hinter sich, ist man den örtlichen Gesetzen unterworfen. Diejenigen, die diese Brücke passiert haben, wurden nie wieder gesehen. Auf Nachfragen der Botschaft erhält man immer nur die Antwort, die Betreffenden hätten die Nationalität der Ta-Shimoda angenommen und keinerlei Interesse mehr an ihrem Heimatplaneten. Der alte Coont hat das bestätigt. Er wollte wegen einer Handvoll Missionaren und Abenteurern, auf die die Föderation getrost verzichten konnte, keinen Skandal provozieren. Deshalb ließ er eine Erklärung veröffentlichen, in der er bestätigte, dass alle, die die Brücke passieren, die Staatsangehörigkeit verlieren – und damit auch das Recht auf Hilfe vonseiten der Botschaft.
»Was mich betrifft, Professor, wäre das Fieber schon ein ausreichender Grund, in Schreiberstadt zu bleiben, da kaum einer diese Krankheit überlebt. Alle Einheimischen, die auf den Raumfahrzeugen oder in Schreiberstadt arbeiten, müssen einen Gesundheitspass bei sich tragen. Sie müssen sich regelmäßig untersuchen lassen, und es werden Analysen gemacht, um die Virusträger auszusondern. Es sieht so aus, als hätten sie im Laufe der Jahrhunderte eine Art Resistenz
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