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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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den die Studenten so begierig hören wollten. »Ich bereue mein Verhalten. Ich lehne das Althergebrachte ab. Ich bedauere, dass ich mich von nutzlosen und dekadenten Gedanken habe verleiten lassen.«
    Er wurde verschont, im Gegensatz zu seinem älteren Bruder, der zum Schuppen des Gärtners rannte und mit einer Harke zurückkam der einzigen Waffe, die der törichte Junge auftreiben konnte. Innerhalb kürzester Zeit verwandelten die Studenten ihn in einen dritten blutigen Haufen Fleisch, der genauso leblos wie seine Eltern auf dem Teppich lag.
    Den loyalen Kwan Ang nahmen die glühenden Burschen mit und hießen ihn im Herzen der Glorreichen Jugendbrigade des Roten Banners von Fuzhou willkommen, um dann die ganze Nacht hindurch noch weitere der verderblichen Alten aufzustöbern.
    Keiner der Studenten bemerkte, dass Ang sich am nächsten Morgen aus ihrem provisorischen Hauptquartier schlich. In Anbetracht der zahlreichen Reformen, die es durchzusetzen galt, schienen sie sich nicht einmal an ihn zu erinnern.
    Er indessen erinnerte sich sehr gut an sie und hatte seine kurze Zeit als maoistischer, das Alte verachtender Revolutionär - kaum mehr als ein paar Stunden - recht produktiv genutzt: Er hatte sich die Namen der Jugendlichen dieses Kaders genau eingeprägt und ihren Tod geplant.
    Doch er würde den geeigneten Augenblick abwarten.
    Naixin...
    - Der Überlebensinstinkt des Jungen war stark, und er floh auf einen der Schrottplätze seines Vaters außerhalb von Fuzhou. Dort lebte er einige Monate und durchstreifte täglich das große Gelände, um zwischen den Fahrzeugwracks und Abfallhaufen Ratten und Hunde zu erlegen, von denen er sich ernährte. Als Waffen dienten ihm ein selbst gebastelter Speer und eine Keule ein rostiger Stoßdämpfer aus einem alten russischen Lastwagen.
    Als er merkte, dass die Kader nicht nach ihm suchten, fasste er Mut und unternahm Raubzüge in die Stadt, um in den Mülltonnen hinter den Restaurants nach etwas Essbarem zu suchen.
    Dank ihrer Seefahrervergangenheit und der zahlreichen Kontakte mit dem Rest der Welt zählten die Einwohner Fuzhous seit jeher zu den selbstbewusstesten Bürgern Chinas. Kwan Ang fand bald heraus, dass die Kommunistische Partei und ihre maoistischen Kader das Hafenviertel und die Docks mieden, weil die dort ansässigen Schlangenköpfe und Schmuggler sich einen Scheißdreck um die unterdrückten Massen kümmerten und jeder ideologische Bekehrungsversuch einem Selbstmord gleichkam. Der Junge wurde von einigen dieser Männer inoffiziell adoptiert und übernahm schon bald Botengänge für sie. Nachdem er ihr Vertrauen gewonnen hatte, durfte er manche der kleineren Aufträge sogar in Eigenregie ausführen, beispielsweise Diebstähle aus den Docks oder Schutzgelderpressungen in den Geschäften der Stadt.
    Seinen ersten Mann tötete er mit dreizehn - einen vietnamesischen Drogenhändler, der den Schlangenkopf ausgeraubt hatte, für den Ang arbeitete. Und mit vierzehn spürte er endlich die Studenten auf, die ihm seine Familie genommen hatten. Sie starben unter grausamen Qualen.
    Der junge Ang war kein Narr; er sah sich um und stellte fest, dass die Halsabschneider, mit denen er sich abgab, nur selten in der Rangordnung aufstiegen - hauptsächlich wegen ihrer miserablen Bildung. Ihm war klar, dass er sich kaufmännische Kenntnisse aneignen, das Prinzip der Buchführung begreifen und Englisch lernen musste - die künftige Sprache des internationalen Verbrechens. Er schlich sich also in die staatlichen Schulen von Fuzhou, die dermaßen überfüllt waren, dass die fehlende Anmeldung eines ihrer Schüler keinem der Lehrer je auffiel.
    Der Junge arbeitete und sparte Geld. Er lernte, welche Straftaten man besser nicht beging (Diebstahl von Staatseigentum und Import von Drogen; beides verhalf dir mit Sicherheit zu einer Hauptrolle bei den gut besuchten dienstäglichen Morgenexekutionen, die im örtlichen Fußballstadion stattfanden) und welche akzeptabel waren: Waffenhandel, Menschenschmuggel und Diebstähle bei ausländischen Firmen, die unerfahren ihre ersten Schritte auf dem chinesischen Markt wagten.
    Kwan Angs Lehrzeit im Hafenviertel hatte aus ihm einen sachkundigen Schmuggler, Erpresser und Geldwäscher gemacht, und auf diesen Gebieten verdiente er auch sein Vermögen, erst in Fuzhou, dann in Hongkong und später in ganz China und dem Fernen Osten. Er achtete sorgfältig darauf, keine Aufmerksamkeit zu erregen, nie fotografiert zu werden und sicherzustellen, dass niemand ihn

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