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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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gezogen. Wofür Gott mich bestraft hat.»
    «Nein, gerettet hat er dich, Valentin Schnitzer.» Ulrich zog Hanna fester an sich. Sie hingegen schaute wie gebannt auf Valentins blutverschmierten Kittel.
    «Vielleicht, Ritter von Detwang. Aber wenn Hanna schon Gesichte hat: Warum hat sie mich nicht gewarnt? Warum hat sie uns alle ins Unglück laufen lassen? Waren wir ihr alle so wenig wert?»
    «Das ist nicht wahr, Valentin!» Hanna straffte sich und verlieh ihrer Stimme einen festen Klang. «Willst du mirdie Schuld für euren wahnsinnigen Aufstand geben? Es gab genügend Menschen, die mir geglaubt haben. Aber für etliche andere war und bin ich bloß eine Hexe, die Angst und Schrecken verbreiten will. Tu nicht so, als ob du das nicht gewusst hättest.»
    «Ja, vielleicht bist du ja wirklich eine Hexe», höhnte Valentin. «Denn hier in Detwang, wo du bist, ist alles gut und schön. Alle erliegen deinem Bann   …»
    Er versuchte sich auf Hanna zu stürzen, wurde aber von ein paar Detwanger Männern festgehalten. Da packte ihn eine solche Wut, dass er wild um sich zu treten begann. Entsetzt sah Hanna zu, wie Valentin völlig außer sich geriet und mit der Kraft eines Rasenden um sich schlug. Fünf Mann schafften es mit Mühe, ihn festzuhalten. Ulrich versuchte, Hanna mit sich zu ziehen. Sie aber trat entschlossen auf Valentin zu: «Deine Eifersucht stinkt zum Himmel, Valentin! Anstelle Gott zu danken, dass er dich verschont   …» Mitten im Satz brach sie ab. Wie um sich vor grellem Sonnenlicht zu schützen, riss sie den Arm hoch. Ihre Augen aber standen weit offen. Stumm bewegte sie die Lippen und schüttelte den Kopf. «Nein, dein Gott, Valentin, hat anders entschieden: Damit du auf immer an ihn denkst, wird er dich auspeitschen lassen und dir die Finger deiner Rechten nehmen. Die anderen aber werden ihren Kopf verlieren oder ins Elend geschickt: Der Ratsprediger und der Ritter von Menzingen und viele   … viele andere. Beim vierten Streich fliegt der Kopf des blinden Mönchs, und das Blut, das bis in die Schmiedgasse hinabrinnt, ist ein Bach. Und es ist heiß, und die Schreie derjenigen, die geblendet werden, mischen sich mit dem Geflatter der Tauben und dem hellen Stundenschlag von St.   Jacob.»
    Sie sackte in die Knie, Ulrich konnte sie gerade noch auffangen. Doch jetzt gab es kein Halten mehr: Die Detwangerliefen auseinander, um die grauenhafte neueste Vision Hannas in der Stadt zu verbreiten.

54
    Diesmal ließ Hannas Vision niemanden in Rothenburg unberührt. Bislang hatten es nur die wenigsten offen zugeben wollten: Jetzt aber wusste und behauptete jeder, dass die Stadt nicht ungeschoren aus ihrem Bund mit den Bauernhaufen herauskommen würde.
    Hannas Worte wanderten von einem Ende zum anderen durch die Stadt. Jeder, der sie hörte, tat das Seinige, um sie auszuschmücken. Wer taub war, ließ sie sich mit Kreide aufs Pflaster schreiben, ein Jahrmarktsänger machte gutes Geld, indem er sie zu einem schaurigen Tombeau auf den nahen Tod der Stadt Rothenburg umdichtete und unter dumpfem Trommelschlag auf der Rathaustreppe vortrug.
    Allein der blinde Mönch ließ verlauten, er erfreue sich bester Gesundheit, von derlei geschwollenen Geschichtchen lasse er sich nicht irre machen: «Wer verbürgt sich überhaupt dafür, dass diese Frau wirklich Gesichte hat? Alles ist doch bloß Hörensagen! Angstmache von Patriziern und Deutschherren.»
    In einem aber war man sich jetzt einig: Es war endlich an der Zeit, dass sich der Rat dieser seltsamen Frau vom Wachsenberg annahm.
    Die Rufe nach dem Stadtrichter wurden lauter, und so beschloss der Rat, Jacob Aufreiter mit einer Untersuchung zu beauftragen: War diese Seherin vom Wachsenberg nun eine Hexe oder nicht? Bislang wusste niemand von jemandem zu berichten, der ihr Schadenzauber vorwarf. Wenn sich freilich herausstellte, dass das Korn, das derStadtrichter letzten Winter an die Armen hatte verteilen lassen, von ihr mit einem Hexenspruch besprochen worden war, dann sollte hart mit dieser Köhlerin ins Gericht gegangen werden.
    Jacob Aufreiter war am Ziel.
     
    Selbst Lienharts Eltern schlossen sich denjenigen an, die eine Befragung Hannas forderten. Gleichwohl freuten sie sich, wenn Marie bei ihnen über Nacht blieb, schließlich brachte sie immer etwas zu essen mit.
    Sie wohnten in der Rosengasse, ganz in der Nähe des Würzburger Tors. Vater Julian war Schuster und Sattler, Lienharts Mutter Silvia arbeitete aushilfsweise in der Meierei der Hofstatt.
    Marie war gerne

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