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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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beider Hände aneinander und sprach im selben Ton weiter. «Dein Herzensweib wird hier versteckt und dann nachts in einem Korb über unsere Klostermauer abgeseilt. Sehr erfindungsreich   … Schade nur, dass Doktor ABC und Frau von Badell vor dir auf diese Idee kamen. Ich glaube daher, wir müssen Sorge haben, dass sich jetzt wirklich die Hälfte aller Rothenburger totlacht   … nun ja, vielleicht doch nur ein Drittel.»Agathe lächelte dünn, ihre Augen waren zu Schlitzen verzogen. Langsam trat sie auf ihren Bruder zu und beugte sich zu ihm hinab, indem sie sich an den Armlehnen seines Sessels abstützte. «Der Name unserer Familie würde, in metaphora gesprochen, ebenso mit Salz verflucht werden wie die Aufwieglerstätten dieses Schmieds oder des Tuchscherers Etschlich, Bruder. Dies aber werde ich nicht zulassen. Nicht wegen dieser Frau, dieser deiner lächerlichen Köhlerin mit ihren dämonischen Gesichten.»
    Ulrich hielt ihrem Blick stand. Langsam nickte er. «Damals, nach dem Tod meiner Spielgefährtin Barbara, hast du mich wortreich zu trösten verstanden. Glaubst du, dass du es jetzt noch wagen dürftest, mir nur unter die Augen zu treten, wenn   …»
    «Wenn?»
    Agathe war wieder ans Fenster getreten. Sie schaute kurz hinaus, dann wandte sie sich überraschend heftig zu Ulrich um und sagte: «Ich war froh, dass Gott entschieden hatte, sie so früh zu sich zu rufen. Denn sie drohte, dich mir wegzunehmen. Genau wie es jetzt diese Hanna tut.»
    «Und eine Frederike – verflucht sei ihr Name und ihre Familie – nicht?»
    «Nein. Weil sie nicht zu dir gepasst hätte. Nach wenigen Monaten hättest du dich bei mir ausgeweint, sie wäre gegangen.»
    Ulrich rang um Fassung. Noch nie hatte er seine Schwester so kalt erlebt, noch nie aber auch so aufrichtig. «Warum, Agathe, warum bist du so?»
    «Weil ich dich liebe, Ulrich.» Sie machte eine lange Pause und schaute ihren Bruder bedeutungsvoll an. Dann senkte sie ihre Stimme und wiederholte mit Tränen in den Augen: «Weil ich dich liebe.»
    Sie zog ein Taschentuch und schnäuzte sich. Als Ulrich ihren Blick auffing, begriff er, dass sie die Wahrheit sagte.Deswegen ist sie ins Kloster gegangen, dachte er erschüttert. Um dieses Gefühl zu sühnen.
    Agathe trat zur Tür, legte die Hand auf die Klinke. «Ich werde mich gegen Stigmata aussprechen, Ulrich, sollten bei ihr welche gefunden werden. Ich werde ihr ein frommes Leumundszeugnis ausstellen. Mehr aber kann ich nicht für euch tun.»
    Sie trat auf den Flur. Ulrich hörte, wie ihre Schritte immer schneller wurden. Kurz darauf hörte er die Klosterglocke läuten. Ulrich legte die Hände aneinander und betete. Bernward wird mir helfen, dachte er. Und wenn ich die halbe Stadt bestechen muss und uns deswegen ruiniere.
     
    Als er aus dem Haupthaus trat, begegnete er Schwester Mathilde. Er grüßte und fragte nach dem Befinden. Mathilde aber lächelte nur, streckte ihre gichtknotige Hand aus und streichelte Ulrich mütterlich über die Wange.
    «Ihr wart heftig zu unserer Priorin, nicht wahr?»
    «Ich wollte, es wäre anders gewesen.»
    Mathilde nickte. «Eure Hanna habe ich hier einmal gezüchtigt, Ritter. Ich wollte sie damit abhalten, ins Spital zu laufen. Sie bildete sich ein, die Opfer Eures durchgegangenen Hengstes pflegen zu müssen. Aber hätte man Hanna dort nicht sofort festgehalten und dem Stadtrichter überstellt?»
    «Das sehe ich genauso, Schwester.»
    «Ja. Nun aber hat Gott dafür gesorgt, dass sie trotzdem vor den Aufreiter gekommen ist.»
    «Leider.»
    «Ich habe mich eingemischt, und doch: Der Mensch denkt, und Gott lenkt.»
    «Wenn Ihr es so sehen wollt   …»
    «Zählt auf mich. Mein Wort hat Gewicht bei Ritter vonSeckendorff. Ich werde Hanna entlasten. Denn sie ist gut.»
    «Danke, Schwester.»
    Ulrich spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete. Schnell verabschiedete er sich. Als er vor die Klosterpforte trat, wurde er sofort von einer Schar Bettler umringt. Er gab ihnen, was er an Geld bei sich hatte, dann machte er sich auf den Weg, um Bernward für seinen Plan zu gewinnen.
     
    Zur selben Zeit bogen Babur, Lienhart und Marie von der Rosengasse ins Gebäudegeviert der Hofstatt. Die Hitze war so groß, dass selbst Babur keine Lust hatte, Lienhart den Stock zurückzubringen, den dieser gerade vorausgeworfen hatte. Hechelnd trottete er neben Marie her und schaute sie dann und wann an, als wollte er sagen: Warum gehen wir nicht endlich in den Schatten?
    Lienhart hob den Stock auf und

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