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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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schwenkte ihn erneut vor Baburs Nase, dieser aber flüchtete sich in den Schlagschatten eines Hauses und presste sich in voller Länge auf den Boden.
    «Dann eben nicht. Ich hab auch Durst.»
    «Überall sind die Fenster offen, aber hören tut man nichts.» Marie hockte sich neben Babur und kraulte ihm die Stirn. «Sag mal ehrlich, glaubst du wirklich, sie lässt uns zu ihr?»
    «Bestimmt. Niemand wird ihr einen Strick daraus drehen. Nicht mal Aufreiter.»
    «Wenn du es sagst   …»
    Marie erhob sich, da trat vor ihnen die Eisenmeisterin aus einem der Häuser: «Was macht ihr denn hier?»
    «Ich möchte so gerne meine Schwester besuchen», bettelte Marie.
    «So? Na, dann kommt schnell.» Beate eilte vor zum Weibersturm.Ein gezäumtes Pferd schnaubte vor der Tränke, die Tortür stand offen. Babur begann leise zu knurren, doch von den Stadtbütteln, die Hanna bewachen sollten, war nichts zu sehen. «Wartet.» Beate eilte die Stufen hoch, kurz darauf hörte Hanna, wie die Eisenmeisterin ihren Namen rief.
    «Siehst du», rief Lienhart.
    «Ja. Los, komm, Babur auch!»
    Sie rannten die Stufen hoch – und prallten erschrocken zurück, als sie Jacob Aufreiter vor der offenen Zellentür stehen sahen. «Nur keine Angst. Ich beiße nicht. Euer Hund aber   …» Aufreiter schien Babur mit seinen Blicken durchbohren zu wollen. Babur knurrte furchterregend und fletschte die Zähne. Sein Nackenhaar sträubte sich. Nur unter Aufbietung aller Kräfte gelang es Lienhart, ihn festzuhalten. Mit dem vollen Gewicht seines Körpers krallte er sich in das Halsband, sonst hätte Babur sich auf den Stadtrichter gestürzt. «Zur Hölle mit eurem Viech», schimpfte Aufreiter und trat zur Seite, damit Marie und Lienhart Babur in die Zelle zerren konnten.
    Schnell schlug Beate hinter ihnen die Tür zu, Babur sprang an der Innenseite hoch und bellte wütend.
    Aufreiter schüttelte den Kopf und musterte die Eisenmeisterin finster. Doch plötzlich erhellte sich sein Gesicht: «Eine Stunde dürfen sie bleiben. Ich bin ja kein Unmensch. Kaum zu glauben, dass die Hexe Völz eine so niedliche Schwester hat. Wir können nur hoffen, dass sie deren teuflischen Einflüsterungen noch nicht erlegen ist.»
    «Bestimmt nicht, Herr.» Beate wagte nicht aufzusehen.
    «Mistviech.»
    Aufreiter stapfte die Stufen herunter, Beate sah ihm nach. Noch immer klopfte ihr das Herz, denn sie hatte gewagt, das Gespräch zwischen Aufreiter und Hanna zu belauschen. Hanna hatte geschluchzt   … hatte sie nichtsogar von einem Muttermal gesprochen? Einen Moment lang herrschte absolute Stille. Dann schwang in Aufreiters heiserer Stimme Begeisterung mit   … dafür verspreche ich dir das Schwert, Hanna Völz   … nur das Schwert.
    Beate ging nach unten und kam mit einem Napf voller Wasser wieder zurück. Jetzt war es still, Babur schien sich beruhigt zu haben. Hanna hockte mit geschlossenen Augen im Schneidersitz. Sie lächelte, im einen Arm hielt sie Marie, im anderen Lienhart. Babur lag vor ihnen, als wolle er alle drei beschützen. Leise begann er zu fiepen, als die Eisenmeisterin ihm den Wassernapf vor die Schnauze stellte.
    Aufreiter dagegen war kaum in der Lage, sein Pferd zu besteigen. Eine unsichtbare Kraft schien ihm die Glieder zu lähmen und die Luft zu nehmen. Ihm war, als würde er träumen, doch er wusste genau, dass dem nicht so war. Gleichwohl streckte er, als er im Sattel saß, behutsam die Hand aus. Es sah aus, als wolle er jemand Unsichtbares berühren, noch erstaunlicher aber war das Lächeln, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete.
    Und wer genau hingeschaut hätte, hätte sogar bemerkt, dass seine Lippen bebten.
    «Ihr Mund   … Es ist dein Mund.»
    Für einen Moment fiel alle Anspannung von ihm ab. Ihm war, als würde er von etwas angehaucht, und plötzlich spürte er jene Sehnsucht, die er für immer glaubte in seiner Seele begraben zu haben.
    Ruhig, sie war so aufreizend ruhig.
    Jacob Aufreiter schloss die Augen.
    Der warme Hauch ihres Atems streifte seine Stirn, seine Nase.
    «Einmal nur», hörte er sich heiser flüstern, «einmal.»
    Der Wind ließ Apfelbaumblüten regnen.
    «Du bist mir ja ein Schelm.»
    Ihre Augen wurden groß, dann begann sie zu lachen.
    Kichernd küsste sie ihn, küsste ihm das weißrote Blütenblatt von den Lippen, das gerade aus der Krone des Baumes gefallen war.
    Es war mein erster Kuss, dachte Aufreiter. Mein erster richtiger Kuss. Endlich durfte ich vergessen: Vater, Mutter, Bruder. Und das Gefühl, immer und immer

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