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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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von einer mörderischen Wut auf die Welt ergriffen waren. Jede Frau musste sich jetzt im Klaren darüber sein, was das für sie bedeutete. Ein falscher Blick oder eine schnippische Bemerkung reichten, schon verloren die Männer die Beherrschung. Die einen liefen ihren Familien davon, andere begannen zu prügeln, wieder andere legten die Arbeit nieder und schmiedeten stattdessen Pläne, wie sie sich am besten an den Reichen und der Kirche rächen wollten.
    Für einen Augenblick versuchte sie, Valentin einzuschätzen: Auch wenn ich ihn enttäuscht habe, gewalttätig ist er nicht, dachte sie. Hartnäckig dagegen schon. Hoffentlich wiegelt er nicht andere gegen mich auf. Das würde ich ihm nämlich zutrauen.
    Sie lauschte auf das Prasseln des Herdfeuers. Es war spät am Abend, Marie lag neben sie gekuschelt und schlief. Dass Babur gebellt haben sollte, hatte sie so aufgeregt, dass es ihr fast ein zweites Mal die Sprache verschlagen hatte. Zum Glück hatte sie sich nach einer Schüssel Suppe so weit beruhigt, dass sie gerade noch herausgebracht hatte, sie habe den Patrizier Jacob Aufreiter gesehen, wie er am Plönlein das Korn vom Müller verschenkt habe. Darauf war sie in tiefen Schlaf gefallen.
    Hanna setzte sich auf und schaute zu Ursula hoch, die gerade zur Tür hereinkam.
    «Na, schmeckt dir die Köhlerei? In fünf Stunden bin ich an der Reihe. Aber wir haben ja auch nur einen Meiler laufen. Stell dir vor, es sind drei, und jeder läuft ein wenig anders. Dann hat man, wenn man nur zu zweit ist, oft nur zwei, drei Stunden Ruhe.»
    «Ich weiß, was du meinst, Hanna. Aber noch ist allesneu für mich. Ich bin so froh, dass ich mich nützlich machen kann. Will schließlich kein unnützer Esser sein.»
    Sie ging zum Kessel und schöpfte sich eine Tasse Tee.
    «So etwas darfst du nicht sagen. Weißt du, ich bin froh, zurzeit nicht ganz allein dazustehen. Eine Frau ersetzt hier draußen zwar keinen Mann, aber sollten irgendwelche Strolche auf die Idee kommen, hier gäbe es etwas für sie   … Nun ja, zweie macht man wohl doch weniger leicht tot als einen, oder?»
    «Um Himmels willen, sag doch nicht so was! Du machst einem ja Angst!» Kopfschüttelnd ließ sich Ursula mit dem Rücken zur Herdstelle vor Hanna nieder. Sie kreuzte die Beine zum Schneidersitz und verschüttete dabei etwas Tee. Die herabrinnenden Tropfen hinterließen helle Streifen auf ihrem rußigen Handgelenk. «Sind euch hier denn schon einmal finstere Gestalten begegnet?»
    «Zum Glück nicht. Aber wenn sich herumspricht, die junge Völz ist allein, und bei ihr ist noch eine, die auch nicht gerade zu verachten ist   …»
    «Mal den Teufel nicht an die Wand.»
    «Schon gut. Manchmal setzt sich einem eben etwas in den Kopf. Wie gut, dass wir uns beide haben.»
    Ursula nickte und schlürfte den Rest ihres Tees. Hanna zeigte auf das Brot, das neben der Herdstelle auf einem Brett lag. Ursula griff nach dem Laib und säbelte sich eine Scheibe davon ab. Nach dem ersten Bissen drehte sie sich um und angelte sich den Topf von der Herdstelle. Andächtig stippte sie das Pfützchen Linsensuppe auf und wischte anschließend den Topf mit einem Stück Rinde so blank, dass er nicht mehr gescheuert werden musste.
    «Was ich dich schon längst fragen wollte, Hanna: Warum hast du keinen Mann? Willst du denn keine Kinder?»
    «Um Kinder zu bekommen, braucht man wohl einen Mann, ja, das ist wohl so», antwortete Hanna ausweichendund streichelte Marie über den Kopf. «Aber muss ich, nur weil Frauen Kinder bekommen sollen, gleich den erstbesten nehmen? Und wer weiß, vielleicht habe ich ja sogar einen Mann?»
    Sie blickte auf und schaute Ursula geradewegs ins Gesicht. Die aber starrte sie an, als habe sie gerade Ungeheuerliches gehört.
    «Das muss man doch wissen!», entfuhr es ihr aufgeregt. «Meinen Simon lernte ich bei Kirchweih kennen. Wir tanzten, und zum Abschied küsste er mich. Da wusste ich: Ursula, jetzt hast du einen Mann. Beim nächsten Dorftanz küssten wir uns auch. Vor Zeugen steckte Simon mir einen Ring an und sagte: Jetzt gehörst du mir. Er nahm mich noch in der Nacht, und ich kann nicht behaupten, dass es mir nicht gefallen hätte. Wie kannst du in deinem Alter ohne leben?»
    «Dann bin ich wohl nicht so   … so eine   … Ach, als ob es immer gleich so weit kommen muss, Himmel nochmal.»
    Hanna klang aufgebrachter, als sie eigentlich wollte. Ursula störte es nicht. Verwundert forschte sie in Hannas Gesicht und sagte ungerührt: «Auch Frauen brauchen

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