Das Gesicht des Teufels
hatte.
«Seit wann bist du so ängstlich, Hanna? Fehlt dir vielleicht was? Zum Beispiel der Mann im Haus? Oder gar unser Babur? Arndt geht ja nun andere Wege … Aber wie es so schön heißt: Richte nicht, auf dass du nicht gerichtet werdest. Nun, wie ich sehe, hast du Besuch?»
Er klang getrieben, aufgeregt, geradezu forsch.
«Vorübergehend, Valentin. Das ist Ursula … Ursula Neusser aus Ohrenbach.»
Valentin und der Leitgeb-Zwilling reichten Ursula die Hand. Aufmerksam schaute diese von einem zum andern, bevor sie Hanna aufmunternd zulächelte. Doch die schüttelte schnell den Kopf, geradezu erschrocken.
Ursula verstand sofort und nickte wissend.
«Ich möchte dich etwas fragen, Hanna», begann Valentin zögernd. «Und damit du siehst, wie ernst es mir ist,habe ich den Karl Leitgeb mitgebracht, als Zeugen. Gut, dass du auch eine Zeugin hast.»
«Ja, Valentin. Was also liegt dir auf dem Herzen?»
Marie, die die Spannung spürte, stellte sich schützend vor ihre Schwester. Hanna schlang ihre Arme um sie. Sie hatte Herzklopfen, denn sie ahnte nur zu gut, weswegen Valentin gekommen war. Und gerade deswegen wuchs ihre Furcht, er könnte ihren Entschluss nicht hinnehmen.
«Etwas auf dem Herzen haben? Das ist schon einmal gut, Hanna. Wie einfühlsam du bist, denn damit triffst du ins Schwarze.» Seine Stimme klang weich, er lächelte. Ihr fiel auf, dass er sein Haar frisch gewaschen hatte und neue Stiefel trug, selbst sein weiter Reitmantel schien neu zu sein.
Als ob er Ritter spielt, dachte sie. Er will mich beeindrucken. Warum tut er sich und mir das an.
«Valentin, bitte …», flüsterte sie und schaute flehentlich zu Karl Leitgeb.
Marie wand sich in ihren Armen, so unangenehm war ihr dieses Gespräch. Hanna schickte sie hinaus zum Wasserholen.
«Bitte … was? Hanna, du scheinst es ja bereits zu wissen, was mich umtreibt, also mach ich es kurz: Möchtest du meine Frau werden? Ich verspreche, dich zu achten und zu ehren, so lange mein Leben währt. Dass ich dich liebe, das weißt du ja eh. Also?»
«Nein.» Die Antwort kam schnell und tonlos. Hanna sah Valentin unverwandt an, sie zitterte leicht. «Du weißt es selbst, ich bin nicht für dich bereit. Du hast eine andere verdient.»
Valentin nickte. Er musterte sie mit schmalen Augen, von einem Augenblick auf den anderen wirkte er um Jahre gealtert. Einerseits tat er Hanna aufrichtig leid, andererseitsärgerte sie sich, dass Valentin mit dem Kopf durch die Wand wollte.
Stur wie ein Schaf, dachte sie. Tut so, als wäre er niemals im Spital bei mir gewesen und hätte dort nichts gesehen und nichts gehört.
Erleichtert sah sie, wie er sich umdrehte und zur Tür schritt. Doch plötzlich drehte er sich um und war mit zwei Schritten bei ihr. Mit wutverzerrtem Gesicht packte er sie an den Schultern und schüttelte sie. «Das wirst du mir büßen, Hanna Völz. So wahr ich Valentin Schnitzer heiße. Du falsche Schlange, du. Machst schöne Augen und spielst mit Gefühlen. Du kleines, schmutziges Stück! Du Träumerin! Aber ich warne dich: Du wirst keinem anderen mehr gehören. Und deinem Traumritter aus Detwang schon gar nicht. Das versprech ich dir.»
Er gab Hanna einen Stoß, sodass sie auf ihre Bettstatt fiel, dann stürzte er aus der Hütte. Karl Leitgeb starrte auf sie herab, schüttelte verständnislos den Kopf in Ursulas Richtung: «Du machst es wohl mit der da, wie?»
Dann ging auch er.
Hufschlag ertönte, ein Pferd wieherte.
Hanna schluchzte auf, dann nahm Ursula sie in die Arme. «So sind die Kerle eben», sagte sie mitfühlend. «Vergiss die Worte. Alles nur Geschäume. Gekränkte Eitelkeit. Wenn ihnen der Kamm schwillt, sind sie wie Tiere.»
Jemand räusperte sich an der Tür. «Das ist nicht ganz falsch, was sie sagt, Hanna Völz. Tut mir leid, ich wurde unfreiwillig Zeuge.»
«Ihr, Hegemeister Bernward?»
«In Person und quicklebendig.»
Grinsend verbeugte er sich im Türrahmen, dabei rutschte ihm sein Quersack von der Schulter: «Packt aus. Wildererfleisch – aber nicht menschlich, sondern von einer Sau.»
Er lachte.
Hanna rappelte sich hoch und streckte Bernward die Hand hin.
«Willkommen in der neuen Hütte. Ich weiß jetzt, dass nach dem Feuer Ihr es wart, den Marie morgens gesehen hatte.»
Bernward hielt Hannas Hand fest. Sein Händedruck war warm und fest, aber doch auch weich – so weich wie sein eigentümlich schmelzender Blick, aus dem Hanna wachsende Überraschung las. Für einen kurzen Augenblick verlor sie
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