Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
vorderen Bereich fest verknotet. Ebenso ist über Mund und Nase ein Handtuchstreifen als Knebel festgezurrt. Über den Kopf der Leiche ist eine weiße Badekappe gestülpt, die so weit ins Gesicht gezogen ist, dass sie das linke Auge ganz verdeckt.
Der Leichnam ist mit einer schwarzen Lederjacke, einem weißen T-Shirt und einer roten Jeans bekleidet. Die Kleidung ist insgesamt geordnet und unbeschädigt. Anzeichen eines Sexualdeliktes sind vorerst nicht erkennbar.
Die Leichenstarre ist an allen Gelenken ausgeprägt. Leichenflecken befinden sich lagegerecht an den rückwärtigen Körperpartien sowie an den Beinen. Rektal gemessen beträgt die Leichentemperatur 26,1 Grad Celsius.
In den Augen sind starke Stauungsblutungen erkennbar. An der Nase befindet sich angetrocknetes Blut. Blutabrinnspuren sind lagegerecht auf der Bekleidung feststellbar. Der Tod müsste im Zeitraum von 20 bis 22 Uhr eingetreten sein.«
Noch am selben Tag wurde die Leiche zur Gerichtsmedizin gebracht und dort obduziert. Hierbei wurde nach Entfernung des Handtuchstreifens am Hals eine tiefe Drosselfurche festgestellt, die eindeutig darauf hinwies, dass das Drosselwerkzeug mit großem Kraftaufwand zugezogen wurde.
Im Analbereich wurden deutliche Spuren von Lycopodium-Sporen sowie sogenannte Stärkekörner gefunden. Beide Substanzen verhindern das Verkleben des aufgerollten Latex bei Präservativen. Es lag somit der untrügliche Beweis vor, dass der Täter bei dem Opfer Analverkehr durchführte und dabei ein Kondom verwendete.
Wie üblich, wurden Beamte aus den verschiedensten Dezernaten zur Mordkommission berufen. Mich erreichte die Nachricht morgens um 9.30 Uhr. Bis zum Mittag waren schließlich 20 hochqualifizierte Kriminalbeamte im Einsatz. Hinzu kam noch eine Gruppe Kriminaltechniker, die den Tatort, das heißt den Parkplatz und das Fahrzeug, unter die Lupe nahmen.
Die Ermittlungen im Umfeld des Opfers und insbesondere im Bereich der Badegäste sowie hinsichtlich der männlichen Bediensteten des Hallenbades wurden in hektischer Betriebsamkeit aufgenommen.
Soweit möglich, wurden sämtliche Badegäste ausfindig gemacht. Das war nicht leicht, denn die Kassiererin und die Bademeister kannten zwar einige, aber bei weitem nicht alle. Doch durch die Befragungen der namentlich bekannten Besucher des Bades ergaben sich gute Ansatzpunkte zur Ermittlung eines Großteils der anderen Gäste. Die meisten von ihnen konnten sich jedoch nicht erinnern, Susi Bahm an dem Abend gesehen zu haben. Einige wenige gaben an, sie hätten gesehen, wie sie ein paar Bahnen geschwommen und dann wieder verschwunden sei. Einen männlichen Begleiter hätte sie nicht gehabt. Auch gab es keine Anhaltspunkte, dass sie von einem Mann angesprochen worden war. Einer der Bademeister konnte sich erinnern, dass Susi Bahm sich bei ihm nach dem Solarium erkundigt habe.
Ich hatte die Aufgabe, die Kassiererin zu befragen. Sie gab an, Susi Bahm wegen ihrer häufigen Besuche persönlich zu kennen. Ihrer Erinnerung nach, habe das Mordopfer das Bad um 20.35 Uhr verlassen. Sie sei ohne Begleitung gewesen. Dessen sei sie sich sicher, meinte die Zeugin.
Eine erste brandheiße Spur gab es, als wir auf einen Stammgast des Bades stießen, der schon einige Sittlichkeitsdelikte begangen hatte. Der Mann war in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen Exhibitionismus, Spannerei und sexueller Nötigung straffällig geworden. Obwohl er sich sonst jeden Freitagabend in dem Hallenbad aufhielt, um vermutlich seinen sexuellen Trieben in irgendeiner Form zu frönen, war er ausgerechnet an diesem Abend nicht schwimmen. Etwa 15 Gäste einer Geburtstagfeier, zu der er eingeladen war, konnten ihm ein hieb- und stichfestes Alibi liefern.
Bereits in der Anfangsphase stellten wir alle möglichen Hypothesen auf. Einige Kollegen gingen davon aus, dass der Mörder ein sogenannter Fremdtäter war, der vorher nie Kontakt zu dem Opfer gehabt hatte. Andere waren der Meinung, dass es sich, wie bei den meisten Gewaltdelikten und Morden, um eine Beziehungstat handelte. Dieser Meinung schloss auch ich mich an.
Natürlich war Klaus Merz, der Lebensgefährte des Opfers, die Nummer Eins im Kreis der Verdächtigen. Hatte er doch über zehn Stunden verstreichen lassen, bis er Susi Bahm als vermisst meldete. Das zeichnete ihn nicht gerade als treusorgenden Lebenspartner und Vater eines Kleinkindes aus, zumal die junge Mutter ihr Kind noch stillte und als zuverlässig galt.
Der 34-Jährige wurde gründlich unter die Lupe
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