Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
grausame Verbrechen schon Tage zuvor minuziös geplant. Es sollte eine große » finale Aktion«, ein » bösartiger Abgang« von ihm werden, an deren Ende auch sein eigener Tod stehen sollte. Der japanischen Samurai-Tradition zufolge, trug er während des Blutbades die rituelle weiße Kleidung eines Samurais. Die Tat führte er mit absolutem Tötungswillen sowie äußerster Brutalität und Heimtücke aus. Seine Opfer waren arg- und wehrlos, als er mit dem rasiermesserscharfen Schwert auf sie einschlug.
Obwohl die forensisch-psychiatrischen Untersuchungen im Ergebnis völlig unterschiedlich ausfielen, sind bei einem groben Abgleich der Persönlichkeitsbilder von Stefan A. und Manfred Öhler doch einige erstaunliche Parallelen zu erkennen:
– Beide Männer waren Einzelgänger und lebten sehr zurückgezogen,
– sie hatten einen unbändigen Hass auf Frauen,
– sie waren in höchstem Maße narzisstisch geprägt,
– sie waren Waffennarren
– und sie verloren vor den Taten beide ihren Führerschein, was in ihrem narzisstischen Gefühlsleben einen großen negativen Einschnitt hervorrief.
Es stellt sich abschließend die Frage, ob die detaillierte Schilderung des von Manfred Öhler inszenierten Amoklaufes nicht dazu geeignet ist, bei potenziellen Tätern einen Nachahmungseffekt auszulösen oder zumindest als Informationsmaterial zu dienen. Dem steht entgegen, dass ich beim Verfassen des Textes sehr darauf geachtet habe, die Mordlust des Täters so niedrig wie nur möglich zu schildern. Absolute Priorität wurden der Aufklärung darüber gegeben, wie solch ein schlimmes Verbrechen geschehen konnte und wie sich Menschen unter Umständen verhalten sollten, um die tödliche Gefahr rechtzeitig zu erkennen, ihr auszuweichen oder ihr vielleicht sogar entgegenzusteuern. Dazu reicht es eben nicht, das Geschehen nur zu berichten, sondern man muss sich schon mit der Geschichte im Detail befassen, um zu begreifen, wozu Menschen, insbesondere psychisch gestörte, fähig sind.
Schließlich sollte die authentische Fallschilderung auch dazu dienen, Polizisten, Ärzte und Behörden zu noch mehr Wachsamkeit aufzurufen, so dass sich solche oder ähnliche Fälle nicht noch öfter als bisher wiederholen.
Ganz verhindern kann man sie auch bei bester Aufklärung (zum Beispiel in den Schulen), bei stärkster polizeilicher Präsenz, bei optimaler ärztlicher Behandlung nicht und auch nicht damit, dass man alle psychisch Kranken auf die Stufe von potenziellen Gewaltverbrechern stellt und sie bei den geringsten Anzeichen wegsperrt.
Der Freigänger
Der nun folgende Fall weist auf Gegebenheiten und Missstände staatlicher Stellen hin, die auch ein liberal denkender Mensch sicher in letzter Konsequenz nicht mehr akzeptieren kann. Gleichzeitig enthält er auch einiges an politischer Brisanz. Um dienst- oder privatrechtlichen Repressalien zu entgehen, wurde deshalb noch mehr als in den anderen Fällen auf die Abänderung von Orten, Zeiten und Namen geachtet. Und gerade auch aus diesem Grund war ich bedacht, die Geschehnisse mit dem höchstmöglichen Grad an Authentizität zu schildern.
» Also tschüss, meine beiden Goldhamster, ich gehe schwimmen.«
Es war Freitag, der 2. Oktober, um 19.05 Uhr, als sich Susi Bahm von ihrem Lebensgefährten und dem gemeinsamen Baby liebevoll verabschiedete, um in ein Hallenbad zu gehen. Die 36 Jahre alte Diplom-Volkswirtin schwamm regelmäßig, da sie Rückenprobleme hatte und ihr das Schwimmen guttat.
Mit ihrem Opel-Corsa fuhr Susi Bahm in die sechs Kilometer entfernte Stadt, und eine Zeugin sah, wie sie um 19.20 Uhr in die Einfahrt zum Hallenbadparkplatz einbog. Der Bademeister und andere Bedienstete sagten später aus, dass sich Susi Bahm bis etwa 20.30 Uhr im Bad aufgehalten habe. Niemand sah jedoch, wie sie es verließ und zu ihrem Fahrzeug ging, und niemand konnte sagen, ob und wann sie schließlich heimwärts fuhr.
Klaus Merz wurde gegen 21.30 Uhr allmählich unruhig. Susi hatte doch versprochen, um 21 Uhr zu Hause zu sein. Das Baby musste noch gestillt und bettfertig gemacht werden. Die Zeit verrann, und schließlich gab Klaus Merz dem Kind einen Brei. Anschließend wickelte er es und legte es ins Bettchen.
Es war inzwischen 22.30 Uhr. » Wo Susi nur bleibt«, dachte er. » Vielleicht hat sie Bekannte getroffen und ist mit denen noch etwas Trinken gegangen. Das könnte durchaus sein. Obwohl es nicht ihre Art ist. Sie ist doch immer sehr zuverlässig, insbesondere wenn es um das Baby
Weitere Kostenlose Bücher