Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
dass die deutschen Ankläger auf die Durchführung des Verfahrens verzichten. Unter der Zusicherung, dass Dale nicht zum Tode verurteilt und hingerichtet wird, wurde die Mordakte des John Dale den Amerikanern übergeben.
Dales Rechtsanwalt wähnte sich schon als Sieger, als die Verhandlung vor dem Militärgericht in Mannheim anberaumt wurde. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass von Beginn an ein deutscher Oberstaatsanwalt in die Ermittlungen eingebunden war, der bereits Erfahrung mit der amerikanischen Gerichtsbarkeit hatte und sämtliche Mitglieder der Mordkommission immer wieder darauf hinwies, was bei der Sicherstellung von Beweismitteln zu beachten ist. So kam es, dass bei der Hauptverhandlung alle Einwände und Anträge des Verteidigers hinsichtlich unsachgemäßer Sicherung und Auswertung von Beweismitteln vom hohen Gericht abgewiesen wurden. Die Experten der Kriminaltechnik sowie die Gutachter des Landeskriminalamtes, insbesondere die Serologen, traten im Zeugenstand sehr überzeugend auf. Und obwohl John Dale nie ein Geständnis ablegte und nichts über Motiv oder Verbleib von Kopf und Hände seines Opfers preisgab, stand nach Abschluss der Beweisaufnahme fest, dass er seine Geliebte auf unbekannte Weise vorsätzlich getötet und danach versucht hatte, die Leiche zu verbrennen.
Es fiel nicht ins Gewicht, dass der Tatort nicht sicher bestimmt werden konnte, und es war auch nicht ausschlaggebend, ob Dale sein Opfer, so wie er es noch am 26. September bei einem Liebesspiel getan hatte, vor der Tötung auf dem Bett fesselte und es dann erwürgte oder ob er es mit einer nie gefundenen Schusswaffe tötete. Fest stand, dass er die Tat vorher geplant und nicht im Affekt begangen hatte. Das konnte daraus geschlossen werden, dass Dale sich den Leihwagen schon vor dem Treffen mit Beatrice Liangson besorgt hatte und der Ford Sierra zweifellos nur zum Transport der Leiche diente. Die hohe Kilometerzahl resultierte daraus, dass Dale mit der Leiche im Kofferraum wohl ziellos umhergefahren war, bis er schließlich einen nach seiner Meinung geeigneten Platz gefunden hatte, wo er die Leiche ungestört verbrennen konnte. Sein Pech, dass am Morgen des 30. September Forstoberinspektor Otmar Kolb die brennende Tote gerade noch rechtzeitig entdeckte und die Leiche später als die philippinische Staatsangehörige Beatrice Liangson identifiziert werden konnte.
John Dale wurde folgerichtig für seine grausame Tat zu lebenslanger Haft verurteilt. Er ging zwar noch in Revision, doch das Urteil wurde vom obersten Gericht in den USA bestätigt. Der Mörder wird bis ins hohe Alter sein Leben in einer Zelle des Staatsgefängnisses Tennessee fristen. Wäre er von einem deutschen Gericht verurteilt worden, wäre er jetzt wahrscheinlich schon längst wieder frei.
Schwulenmord
Der Kollege in der Funkleitzentrale konnte um 21.54 Uhr das grellrote Aufleuchten des Knopfes an seinem Funkpult bereits sehen, bevor eine Sekunde später der laute und prägnante Summton des Notruftelefons an sein Ohr drang.
Obwohl er den Job schon einige Jahre machte, veranlassten die beiden Signale sofort eine Erhöhung seines Pulses. Bei einem Notruf konnte es auf jedes Wort und auf jede Sekunde ankommen, und dem Kollegen war klar, dass es an ihm liegen würde, wenn es jetzt in diesem Augenblick um die Rettung eines Menschen ging.
Er griff nach dem Hörer, presste ihn an sein Ohr und drückte auf den roten Knopf.
» Polizeinotruf!«, sagte er mit fester Stimme. » Was kann ich für Sie tun?«
» Guten Abend!«, meldete sich eine besorgte Frauenstimme. » Hier ist Hannelore Appel, und ich weiß nicht, ob es richtig ist, dass ich Sie anrufe, aber ich mache mir Sorgen um meinen Nachbarn. Er war in letzter Zeit etwas depressiv und heute zog er den ganzen Tag über seine Rollläden nicht hoch. Ich habe mehrfach versucht, bei ihm anzurufen, doch das Telefon ist ständig besetzt.«
» Sie meinen also, Ihr Nachbar könnte sich etwas angetan haben?«
» Ja, das befürchte ich. Aber ich hoffe, dass ich ihn mit meinem Anruf nicht in Schwierigkeiten bringe, sollte ihm nichts passiert sein.«
» Da kann ich Sie beruhigen. Außer einer eventuell beschädigten Wohnungstür wird das für Ihren Nachbarn keine weiteren Folgen haben. Wie heißt denn der Mann und wo wohnt er genau?«
» Er heißt Klaus Haag und wohnt in der Hirschstraße 14.«
» Ich schicke sofort eine Streife dorthin. Wenn Sie bitte vor dem Haus auf sich aufmerksam machen könnten, wären wir Ihnen
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