Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
verrennt, von der man felsenfest überzeugt ist, dass sie zum Täter führt. Bis man sich schließlich irgendwann kleinlaut eingestehen muss, dass man völlig danebenlag.
Kriminalhauptkommissar Thomas Beckert und ich machten als Erstes Holger Klein, den langjährigen Partner des Mordopfers, ausfindig. Er gab sich tief betroffen über den Tod seines ehemaligen Lebensgefährten. Doch der Schein könnte trügen. War er vielleicht der Mörder? Er hatte für die Tatzeit kein Alibi, denn er erklärte, alleine zu Hause gewesen zu sein. Das sagen alle, wenn sie kein Alibi haben. Holger Klein gab Folgendes zu Protokoll:
» Ich habe Klaus vor etwa 20 Jahren kennengelernt. Er sprach mich in der Stadt einfach an. Schwule erkennen sich untereinander. Es gibt da bestimmte Verhaltensweisen und Gesten, anhand derer man sofort weiß, dass der andere ebenfalls homosexuell ist.
In der Folgezeit trafen wir uns einige Male, wobei wir auch sexuell miteinander verkehrten. Schließlich entwickelte sich eine feste Beziehung zwischen uns. Doch wir behielten beide unsere Wohnungen, das heißt, wir zogen nicht zusammen.
Am Anfang besuchten wir regelmäßig Schwulenlokale. Doch im Gegensatz zu Klaus bin ich kein Szenegänger, weshalb ich das nicht mehr wollte. Er hingegen hatte ja lange Jahre als Kellner gearbeitet und fühlte sich in den Kneipen zu Hause. Auch trank er täglich Alkohol, was mir überhaupt nicht gefiel. Deswegen kam es zwischen uns immer wieder zu Spannungen. Ich zog mich dann manchmal für ein paar Tage von ihm zurück.
In den letzten Jahren unserer Beziehung stellte ich fest, dass Klaus mir untreu wurde. Man hatte mir mehrfach zugetragen, dass er jüngere Männer in seine Wohnung abschleppen würde. Einmal machte er mir nicht auf, weshalb ich vor dem Haus stehen blieb. Kurze Zeit später kam ein junger Mann heraus, der nicht in das Haus gehörte. Ich bin mir sicher, dass er bei Klaus war.
Sein Verhalten machte mich krank. Vor einem Jahr schaffte ich es, mich von ihm zu trennen. Er wollte es nicht wahrhaben und versuchte mich zurückzugewinnen. Doch ich blieb hart. Wir telefonierten zwar noch ab und zu miteinander, aber hatten keinen sexuellen Kontakt mehr. Ich habe dann auch bald meinen jetzigen Lebensgefährten kennengelernt, mit dem ich glücklich bin.«
» Können Sie sagen, wo Herr Haag die Männer fand, die er mit nach Hause nahm?«, fragte ich.
» Im Kino › Blue Movie‹, in dem regelmäßig Schwulenfilme gezeigt werden, hat man keine Probleme, Männer kennenzulernen. Auch nicht in den bekannten Schwulenlokalen sowie am Bahnhof oder in öffentlichen Toilettenanlagen. Abends geht es auch im Nymphenpark schwulenmäßig stark ab. Da gibt es Leute, die russisches Roulette spielen. Die ficken miteinander, ohne irgendwelchen Schutz und ohne sich zu kennen. Im Dunkel eines Gebüsches sehen sie nicht einmal das Gesicht des anderen. Das Ganze geht völlig anonym vonstatten. Man nennt keinen Namen und gibt nichts von sich preis. Es wird nur gefragt, was man möchte oder was der andere bereit ist, zu tun. Wenn das Ganze vorbei ist, trennt man sich wieder. Klaus hat mir das erzählt. Ich finde das widerlich und vor allem gefährlich. Von der Ansteckungsgefahr mal abgesehen, müssen diese Leute doch immer damit rechnen, dass sie von einem Stricher niedergeschlagen und ausgeraubt werden.«
» Können Sie konkret sagen, ob Herr Haag Jungs vom Schwulenstrich mit nach Hause nahm, und wenn ja, sind Ihnen irgendwelche Namen bekannt?«, fragte Kriminalhauptkommissar Beckert den Zeugen.
» Ja, ganz sicher nahm Klaus solche Jungs mit nach Hause. Aber nicht so oft, weil er immer knapp bei Kasse war. Namen sind mir allerdings nicht bekannt. Ich hatte mit diesen Jungs nie Kontakt und glaube auch nicht, dass sie gegenüber Klaus ihren richtigen Namen preisgaben. Diese Stricher sind nämlich ständig drauf bedacht, ihre Freier auszunehmen, wenn es sein muss mit Gewalt. Würde ihr Name bekannt sein, würde der eine oder andere Schwule sie vielleicht doch bei der Polizei anzeigen.«
» Hatte Herr Haag beim Sex irgendwelche besonderen Neigungen?«, fragte ich.
» Ja, er stand auf Gruppensex und auch auf Sadomasochismus. Ich habe da aber nie mitgemacht und weiß auch nicht, ob er es tatsächlich praktiziert hat. Er sprach aber davon, dass ihm das gefallen würde. Einmal verlangte er von mir, ich solle ihn auspeitschen. Ein anderes Mal wollte er, dass ich ihm heißes Wachs auf den Körper tropfe. Doch ich bin diesen Wünschen nicht
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