Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
schwieg. Nach einiger Zeit des Wartens schlug ich ihm mit dem linken Handrücken gegen die Brust und sagte:
» Rück schon heraus damit! Was weißt du?«
» Zuerst sagst du mir mal, was für mich rausspringt, okay! Das kann eine heiße Kiste für mich werden. Wenn da was durchdringt, bin ich geliefert. Klar?«
» Da dringt nichts durch«, versuchte ich Manni zu beruhigen. » Oder bist du jemals wegen mir in Schwierigkeiten gekommen?«
» Dieses Mal ist es mehr als ein Raub oder Heroindeal, es ist ein Mord. Also, was springt heraus?«
» Spätestens übermorgen wird der Staatsanwalt eine Belohnung aussetzen«, sagte ich. » Denke, dass 3000 Euro drin sein könnten. Die Kohle kannst du dir verdienen, wenn dein Tipp etwas taugt.«
» Das war ein Türke oder ein Araber!«
» Ja, was denn nun?«
» Das musst du schon selbst herausfinden. Ich weiß nur so viel, dass Klausi ein Faible für junge Türken und Araber hatte. Die meisten in der Szene wissen das. Er hat ja auch oft genug mit den Nummern geprahlt, die er mit denen abzog.«
» Namen, kannst du mir Namen nennen?«
» Das kannst du vergessen. Die heißen alle irgendwie Ali, Cemal, Mustafa oder so ähnlich.«
» Wie komme ich an die ran?«, fragte ich ungeduldig.
» Ihr müsst die Szene aufmischen, und zwar schnell. Sonst ist das Schwein über alle Berge.«
» Bist du dir sicher, dass es ein Türke oder ein Araber war?«
» Ja, ziemlich sicher. Der Klausi stand auf Natursekt und Schokolade. Das hat er mir selber mal erzählt. Er sagte auch, dass er schon ein paarmal von den Arabern gerippt wurde. Die machen das zwar, wollen dafür aber gut bezahlt werden.«
» Du meinst, für die Schokolade?«
» Ja, klar, und für den Sekt.«
Ich musste unwillkürlich schlucken. Ein abgrundtiefer Ekel kam in mir hoch. Aus meiner jahrelangen Tätigkeit bei der Sitte wusste ich, was die im Schwulen- und Prostituiertenmilieu oft verwendeten Begriffe wie Sekt und Schokolade bedeuteten. Aber ich versuchte, mir gegenüber Manni nichts anmerken zu lassen.
» Klausi war einer von denen, die den Strichern alles Mögliche versprechen, dann aber nicht zahlen können«, fuhr er fort. » Zwei- oder dreimal bezog er von den Jungs dafür auch Prügel. Er verdiente anscheinend nicht so toll, und wenn es dann ans Bezahlen ging, kam er ins Schwitzen.
Aber diese Sorte von Strichern nehmen ihre Freier grundsätzlich aus, selbst wenn sie anständig bezahlt werden. Wenn du einen von denen mit nach Hause nimmst, wirst du nach allen Regeln der Kunst beklaut. Vor denen ist nichts und niemand sicher. Sie nennen nie ihren richtigen Namen und übernachten oft bei ihren Freiern, da sie keine eigene Wohnung haben. Wird ihnen der Boden zu heiß, ziehen sie sofort weiter in die nächste Stadt.«
» Das hört sich nach verdammt viel Arbeit an«, sagte ich. » Ist das alles, was du mir zu bieten hast?«
» Ich werde dir spätestens morgen eine Liste von Leuten geben, die mit Türken und Arabern verkehren. Nur über die kommt ihr an den Täter ran. Natürlich werde ich mich auch umhören. Sobald ich etwas in Erfahrung bringen kann, rufe ich dich an. Die 3000 könnten mir schon guttun«, lächelte Manni.
» Okay, Kumpel«, sagte ich und lächelte hoffnungsvoll zurück. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn mir Manni in der Sache nicht weiterhelfen konnte, dachte ich, als ich ein paar Minuten später im Auto saß. Dann überlegte ich mir, welch armseliges Leben Klaus Haag doch geführt haben musste. Er konnte einem leidtun. Als alternder, einsamer Schwuler ständig auf der Jagd nach dem sexuellen Kick zu sein, nach jungen Burschen, von denen er wusste, dass sie gefährlich waren, und von denen ihm nun einer zum Verhängnis wurde, schien mir alles andere, als ein schönes Leben zu sein.
Ohne Mannis Namen preiszugeben, berichtete ich dem Kommissionsleiter von dem Gespräch mit meinem Informanten. Zusammen mit den anderen Kollegen berieten wir sofort über mögliche Strategien, wie wir den Täter unter einer unbestimmten Zahl von türkischen und arabischen Strichern ermitteln könnten. Noch am gleichen Tag wurden Konzepte zur Fandung nach dem Mörder erarbeitet, die bereits am nächsten Morgen gestartet beziehungsweise umgesetzt werden sollten.
Doch dann, mitten in die Frühbesprechung, platzte der Anruf des BKA. Der AFIS-Rechner hatte nach Eingabe der am Tatort gesicherten Fingerspuren gleich drei Treffer ausgespuckt. Die anschließende manuelle Überprüfung der Fingerabdrücke verschaffte
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