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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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abzuschließen. Wie sich ein Schlüssel im Allgemeinen zu einem Schlüsselloch verhielt, schien sich ihr zu entziehen, und sie kicherte, als es ihr dreimal hintereinander misslang, den Schlüssel ins Schloss zu stecken.
    Vielleicht war sie nicht nur leicht angedröhnt, sondern vollständig hinüber.

    Beim vierten Anlauf gelang es ihr, und der Riegel schnappte mit einem lauten Klacken zu.
    »Sheryl Crowe«, sagte Jonathan Harker, der auf der anderen Seite des Hausflurs in seiner Wohnungstür stand.
    Sie drehte sich um, sah ihn erst jetzt und strahlte über das ganze Gesicht.
    »Wenn du singst, klingst du wie Sheryl Crowe.«
    »Ach, wirklich?«
    »Würde ich dich etwa belügen?«
    »Das kommt ganz darauf an, was du willst«, sagte sie geziert.
    »Jetzt hör bloß auf, Jen, habe ich dich etwa jemals angemacht? «
    »Nein. Aber du wirst es tun.«
    »So, wann denn?«
    »Später. Oder früher. Vielleicht jetzt.«
    Sie war schon ein paar Mal in seiner Wohnung gewesen und er in ihrer; bei ihm gab es Pasta, bei ihr Gerichte vom Take-away, da sie nicht einmal Nudeln selbst kochte. Aber diese Einladungen waren nichts weiter als gutnachbarliche Gesten gewesen.
    Was er von Jenna Parker wollte, war nicht Sex. Er wollte von ihr das Geheimnis ihres Glücks erfahren.
    »Ich habe es dir doch schon gesagt – du erinnerst mich nun mal an meine Schwester.«
    »Schwester. So, so.«
    »Und überhaupt bin ich fast alt genug, um dein Vater zu sein.«
    »Wann hat das einen Mann jemals abgeschreckt?«
    »Wir sind nicht alle Schweine«, sagte er.
    »Oh. Tut mir Leid, Johnny. Himmel, ich wollte nicht … gemein zu dir sein. Ich schwebe nur innerlich so hoch über dem Boden, dass ich nicht immer da unten bin, wo die Worte rauskommen.«

    »Das ist mir schon aufgefallen. Warum nimmst du überhaupt Drogen? Du bist doch auch nüchtern glücklich. Du bist immer glücklich.«
    Sie strahlte über das ganze Gesicht, kam auf ihn zu und kniff ihn liebevoll in die Wange. »Du hast Recht. Ich liebe das Leben. Ich bin immer glücklich. Aber es ist doch kein Verbrechen, ab und zu noch glücklicher sein zu wollen.«
    »Wenn ich bei der Sitte wäre und nicht bei der Mordkommission«, sagte er, »müsste ich das vielleicht tatsächlich als ein Verbrechen ansehen.«
    »Du würdest mich niemals verhaften, Johnny. Wahrscheinlich noch nicht mal dann, wenn ich jemanden umbrächte. «
    »Wahrscheinlich nicht«, stimmte er ihr zu und sprühte ihr Chloroformlösung in den Mund und die Nasenlöcher.
    Ihr überraschtes Keuchen bewirkte das, was ein Schlag in die Kniekehlen bewirkt hätte: Sie ging zu Boden. Sie stotterte, schnaufte und verlor das Bewusstsein.
    Die Plastikflasche hatte er in Roy Pribeaux’ Wohnung mitgehen lassen. Es war eine von dreien, die er dort gefunden hatte.
    Später würde er sie bei ihrer Leiche zurücklassen. Sie würden Monate brauchen, um ihre Überreste zu finden, und daher würde ihr Zustand es den Leuten von der Spurensicherung unmöglich machen, den genauen Zeitpunkt ihres Todes zu bestimmen. Die Sprühflasche würde eines der vielen Beweisstücke sein, die sie als letztes Opfer von Roy Pribeaux auswiesen.
    Jetzt hob Jonathan sie mühelos hoch, trug sie in seine Wohnung und trat die Tür hinter sich zu.
    Von den vier Wohnungen hier im vierten Stock stand eine leer. Paul Miller von 4C war auf einer Verkaufskonferenz in Dallas. Nur Jonathan und Jenna waren da. Niemand konnte den Angriff und die Entführung beobachtet haben.

    Jenna würde erst nach ein oder zwei Tagen vermisst werden. Bis dahin würde er sie von oben bis unten aufgeschnitten und das besondere Etwas gefunden haben, das sie hatte und das ihm fehlte, und er würde sich ihrer Überreste entledigt haben.
    Zu all diesen Vorsichtsmaßnahmen griff er nicht etwa, weil er sich davor fürchtete, ins Gefängnis zu kommen, sondern weil er fürchtete, Vater würde ihn als den Abtrünnigen identifizieren.
    In seinem Schlafzimmer hatte Jonathan das Bett in eine Ecke geschoben. Die übrigen Möbelstücke hatte er auf dem Bett gestapelt, um genug Platz für den provisorischen Autopsietisch zu schaffen, den er für Jenna vorbereitet hatte.
    Der Boden war mit Plastikplanen abgedeckt. Am Kopf-und am Fußende des Tischs standen Lampen, die hell genug waren, um den Quell ihres Glücks zu zeigen, ganz gleich, ob er sich nun in einer Windung der Därme verbarg oder ob er in das Kleinhirn eingebettet war.
    Als er sie auf den Tisch legte, fiel ihm auf, dass sie aus einem Nasenloch blutete. Sie hatte

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