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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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sich bei ihrem Sturz die Nase auf dem Boden angeschlagen. Es war keine starke Blutung. Diese Nasenverletzung würde sie nicht umbringen.
    Jonathan überprüfte ihren Puls. Er schlug ganz regelmäßig.
    Das erleichterte ihn, denn er hatte sich Sorgen gemacht, sie könnte zu viel Chloroform eingeatmet haben und vielleicht an Atemlähmung gestorben sein oder einen anaphylaktischen Schock erlitten haben.
    Er wollte, dass sie während dieser Prozedur lebendig war. Zwischendurch musste sie nämlich unbedingt bei Bewusstsein und ansprechbar sein.

60
    Im Keller der Barmherzigkeit , verborgen hinter einer Reihe von Aktenschränken, hört Randal sechs Lärm, der von der anderen Seite der Wände seiner Welt hereindringt: das hohle Geräusch, mit dem eine Tür ins Schloss fällt.
    Nach dem zu urteilen, was Randal belauscht hat, während er in seinem Autismus gefangen schien, betritt und verlässt nur Vater das Gebäude durch die Außentür dieses Abstellraums. Jetzt, nach einem späten Abendessen, muss Vater wohl, wie so oft, zurückkehren, weil er vorhat, die ganze Nacht durchzuarbeiten.
    Randal, der sich am hinteren Ende der Reihe von Aktenschränken zusammengekauert hat, spitzt die Ohren und lauscht aufmerksam. Nach einem Moment hört er die elektronischen Töne von Ziffern, die in das Tastenfeld eines Schlosses auf der anderen Seite der Außentür zum Aktenkeller eingetippt werden.
    Die zehn Töne, die für die Ziffern null bis neun stehen, sind immer gleich, ob es sich nun um Telefone, Alarmanlagen, elektronische Schlösser oder andere Tastenfelder handelt.
    Das hat er auf einer pädagogischen Website gelernt, die von einem der größten Kommunikationsunternehmen unterhalten wird. Nachdem er diese Töne zur Vorbereitung auf seine Odyssee runtergeladen hat, hat er sie Hunderte von Malen abgespielt, und jetzt kann er jeden Code unfehlbar an der Tonfolge erkennen.
    Da die Tür des Aktenkellers im Weg ist, sind die Töne gedämpft. Wenn er nicht mit dem verbesserten Gehör der Neuen Rasse ausgestattet wäre, könnte Randal den Code vielleicht nicht entschlüsseln: 368 284.
    Ein leises Surren weist daraufhin, dass der Stromkreis, der das Schloss betätigt, durchbrochen worden ist.

    Obwohl die Tür nicht in Randals Gesichtsfeld liegt, sagt ihm das Quietschen der Angeln, dass Vater sie geöffnet hat. Schritte auf den PVC-Fliesen besagen, dass Vater den Aktenkeller betreten hat.
    Randal, der vom Mittelgang aus nicht zu sehen ist, fragt sich plötzlich, inwieweit oder ob Vaters Sinne überhaupt geschärft sind, und er hält die Luft an, um seine Anwesenheit nicht durch das kleinste Atemgeräusch zu verraten.
    Vaters Schritte durchqueren ohne jedes Zögern den Raum.
    Die Außentür fällt hinter ihm zu, und das Surren reißt ab, als der Riegel wieder einschnappt.
    Die andere Tür des Raumes öffnet sich und schließt sich wieder, und jetzt ist Vater im Gang des Untergeschosses, wo ihn Berge von Bauschutt an einen schlimmen Tag hier unten auf dem Grunde der Barmherzigkeit erinnern.
    Geduld ist eine Tugend, die Randal in Hülle und Fülle besitzt. Er kommt nicht gleich aus seinem Versteck hervor, sondern wartet noch ein paar Minuten, bis Vater mit ziemlicher Sicherheit ein anderes Stockwerk erreicht hat und außer Hörweite ist.
    PVC-Kästchen für PVC-Kästchen buchstabiert er sich zur Außentür. Hier ist, wie auch auf der anderen Seite, ein Tastenfeld angebracht. Er gibt den Code ein: 368 284.
    Das elektronische Schloss öffnet sich. Er legt seine Hand auf die Tür, kann aber den Mut nicht finden, sie zu öffnen.
    Dahinter ist keine Barmherzigkeit zu erwarten. Alles ist neu und voller verwirrender Wahlmöglichkeiten.
    Er schiebt es so lange vor sich her, dass das Schloss wieder einschnappt.
    Er tippt den Code erneut in das Tastenfeld ein. Das Schloss öffnet sich mit einem Surren.
    Er befiehlt sich, gegen die Tür zu drücken. Er kann es nicht.
    Das Schloss schnappt wieder ein.
    Zitternd steht er vor der Tür. Ihm graut davor, durch diese
Tür zu gehen, aber ihm graut auch davor, auf dieser Seite zu bleiben.
    In sein gemartertes Gehirn dringt die Erinnerung an das Zeitungsfoto: Arnie O’Connor, autistisch, aber lächelnd. Arnie ist eindeutig glücklicher, als Randal es jemals gewesen ist oder es jemals sein wird.
    Ein bitteres, ätzendes Gefühl von Ungerechtigkeit durchströmt Randal. Dieses Gefühl ist so intensiv, dass er fürchtet, es wird ihn von innen heraus zersetzen, wenn er keine Schritte unternimmt, um das Glück,

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