Das Gespenst der Nacht
dann?«
»Susan Winter!«, kreischte sie so schrill, dass ich Mühe hatte, den Namen zu verstehen.
»Aber du kennst Melissa – oder?«
»Ja.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Unterwegs. Sie ist das Gespenst der Nacht. Sie labt sich. Sie trinkt sich satt. Ja, das ist es. Satt will sie sich trinken, und ich brauche euer Blut.«
Bill lachte. »Überlässt du das mir, John?«
»Ja, ist okay.«
»Danke.«
Bill hatte seine Waffe bereits gezogen. Er ließ die Blutsaugerin in die Mündung schauen, die hämisch zu lachen begann. Genau in diese Lache hinein fiel der Schuss.
Der Kopf platzte nicht auseinander, aber es hätte nicht viel gefehlt. Dicht über der Nase war die Kugel in den Schädel gejagt und hatte ein Loch hineingestanzt, aus der kein Blut quoll, dafür aber ein grauer Brei.
Dann kippte sie um.
Keiner fing sie auf, als sie auf den Boden krachte. Es war vorbei. Susan Winter hatte ihr Vampirdasein nicht lange genießen können.
Bill steckte seine Waffe wieder weg und blies die Luft aus. »Ja, das war ein Schlag.«
»Kannst du wohl sagen.«
»Und jetzt?«
»Lassen wir es langsamer angehen.« Ich grinste ihn an. »Wir haben zwar nicht viel erreicht, aber wir wissen jetzt, dass eine gewisse Melissa Hunter mitmischt.«
»Dann hat Liane recht.«
»So ist es.«
»Und wo steckt die Hunter?«, fragte Bill.
»Keine Ahnung. Aber mich würde es nicht wundern, wenn sie plötzlich hier erscheint.«
»Dann sollten wir hier warten?«
»Ja. Oder es auch lassen. Es ist möglich, dass sie noch andere Baustellen hat.«
»Darüber könnte uns Liane Bradford vielleicht mehr sagen.«
Da waren wir uns einig, was dies anging. Bill allerdings schüttelte den Kopf.
»Sag, was du hast«, forderte ich ihn auf.
»Es will mir nicht so recht in den Sinn, dass Johnny mit dieser Liane zusammen ist. Ich habe das Gefühl, dass sie schon sehr viel hinter sich hat. Es kann auch sein, dass sie geschickt wurde, um sich an Johnny ranzumachen.«
Ich lächelte schief. »Bist du dir da sicher? Oder siehst du die Dinge nicht zu einfach?«
»Keine Ahnung. Jedenfalls müssen wir Melissa Hunter finden, sonst kann es noch großen Ärger geben.«
Wir waren allein im Haus. Wir sprachen auch einige Minuten nicht, um in Ruhe lauschen zu können, aber da war nichts zu hören.
»Was hältst du von einer Durchsuchung?«, fragte Bill.
Ich winkte ab. »Nein, ich denke nicht, dass das Sinn hat. Melissa Hunter wird sich nicht unbedingt hier versteckt haben.«
»Ich gehe davon aus, dass sie unterwegs ist.«
»Ja. Und wo?«
Bill hob die Schultern. »Frag mich was Einfacheres. Ich kann es dir nicht sagen.«
Ich sagte: »Es wäre gut, wenn wir das Haus hier unter Beobachtung halten.«
»Aha. Und das ist möglich?«
»Ja, ich muss mit Sir James reden. Vielleicht kann er ein paar Leute abstellen. Wobei ich weiß, dass es nicht leicht sein wird. Auch die Polizei spart beim Personal. Aber man könnte Streifenwagen des Öfteren hier durch die Straße fahren lassen.«
»Ja, das ist nicht schlecht. Willst du das jetzt in die Wege leiten?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Fahren wir wieder zurück zu dir. Liane und Johnny sind auch noch eine offene Baustelle.«
»Das kannst du laut sagen.«
Ich telefonierte noch aus dem Haus mit meinem Chef, Sir James. Er hielt sich noch im Büro auf, war kaum überrascht, als er meine Bitte hörte.
»Das ist nicht einfach, John.«
»Es muss ja keine Kompanie sein, Sir. Dass hin und wieder mal ein Streifenwagen dort vorbeifährt und die Kollegen einen Stopp einlegen und nachsehen, ob alles normal ist.«
»Ja, ich weiß schon, was Sie meinen, und ich werde versuchen, es in die Reihe zu bekommen.«
»Danke, Sir.«
»Und wo kann ich Sie erreichen?«
»Über Handy oder bei den Conollys über die Festnetznummer.«
***
Johnny und Liane waren nicht im Arbeitszimmer geblieben, sondern in Johnnys Zimmer gegangen. Sie hatten sich dort zurückgezogen und warteten auf Bill und John, weil sie hofften, dass die beiden etwas herausgefunden hatten.
Sie tranken auch etwas. Zu Johnnys Überraschung hatte sich Liane Tee gewünscht. Sheila hatte ihn zubereitet. Die Kanne und zwei Tassen hatten sie mit in Johnnys Zimmer genommen, wo sie saßen und die Wärme genossen.
Draußen war es kalt. Dort fielen die ersten Schneeflocken aus den tiefen Wolken.
Noch tauten sie weg, wenn sie auf den Boden fielen, aber es wurden immer mehr, die schon bald liegen bleiben würden. Dann erhielt auch London eine dünne Schneedecke.
Johnny schenkte den
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