Das Gespinst des Bösen
Jane, «war einfach …»
«Du warst neugierig.»
«Ich war misstrauisch.»
«Warum?»
«Weil … ich …» Jane warf den Löffel auf die Arbeitsfläche. «Ach, um –»
«Komm, setz dich, Jane.»
«Ich werde mich nicht entschuldigen.»
«Wofür solltest du dich denn entschuldigen? Du hast – vermute ich mal – einfach versucht, deine Mutter zu schützen.»
Jane sagte nichts. Siân legte ihre Fingerspitzen aneinander.
«Jane, es gibt gewisse Themen, bei denen Merrily und ich uns wahrscheinlich nie einig werden, aber ich glaube, dass ich mir mehr Sorgen um sie mache als sie sich um mich.»
Siâns Lächeln wirkte irgendwie matt und bedauernd. Jane wusste nicht, was sie antworten sollte, also sagte sie gar nichts.
«Mir ist klar, dass ich wohl kaum ihre erste Wahl als Vertretung gewesen sein dürfte», sagte Siân. «Vermutlich war sie ziemlich entsetzt.»
«Ähm, ja.»
Jane setzte sich – ans andere Ende des Tisches. Im Moment machte sie einfach nichts richtig, oder? Sie hatte angenommen, frühmorgens wäre Callaghan-Clarke noch leicht verschlafen.
Aber jetzt hatte sie den Spieß umgedreht, und Jane wurde festgenagelt wie eine unglaubwürdige Zeugin. Siân Callaghan-Clarke, die es gewohnt war, Stille auszuhalten, saß einfach nur da. Und wartete darauf, dass Jane sich noch tiefer in die Scheiße ritt.
«O.k. …», sagte Jane extrem vorsichtig. «Wenn Sie wussten, dass ich in der Kirche war … warum haben Sie sie das dann alles erzählen lassen? Diesen ganzen Kram darüber, dass ich eine Heidin bin und im Garten des Pfarrhauses die Göttin angebetet habe.»
«Hast du das?»
«Nein. Ich meine, ein Mal, vielleicht auch ein paar Mal, halbherzig, aber jetzt nicht mehr. Und, ich meine, dass ich einen Altar auf dem Dachboden habe und singe und dunkle Mächte beschwöre, das ist alles totaler Müll. Das würde ich nicht machen. Ich meine, o.k., ich hab darüber nachgedacht … über einen Altar. Aber nur als Ort der Konzentration. Ich … ich meine, ich war noch ein Kind.»
«Eine Kinderhexe?»
«
So
kindisch war ich nie, Siân.»
«Verzeihung.»
«Aber, du meine Güte, das ist doch kein
Satanismus
! Diese Shirley erliegt dem fundamentalen Irrtum, dem diese ganzen ignoranten Fundamentalisten – ich meine, Satanismus ist nur eine perverse Umkehrung des Christentums. Der geht nicht mal als Abart des Heidentums durch.»
«Ja, Jane, ich habe meine Handbücher über spirituelle Grenzfragen gelesen. Und – weil du gefragt hast – ich habe Shirley deshalb aufgefordert, alles zu erzählen, weil
ich
dachte, es wäre hilfreich, wenn wir beide das Ausmaß des Ganzen kennen. So jemanden gibt es in jeder Gemeinde, Jane. Manchmal ist es auch mehr als einer – eine ganze Fraktion.»
«Wie bitte?»
«Meistens sind solche Leute harmlos, aber Shirley muss beobachtet werden. Sie könnte zum Beispiel von denen benutzt werden, die dagegen sind, dass deine Steine auf Coleman’s Meadow wieder aufgerichtet werden.»
«Stimmt.»
«Obwohl ich nicht glaube, dass sie sich damit einen Gefallen tun würden.»
«Nein.»
«Ich muss sagen …» Siân lehnte sich zurück. «… dass ich ganz zufrieden damit war, Shirley auf eine Art aus der Reserve locken zu können, wie es Merrily nicht möglich gewesen wäre. Tut mir leid, dass du das offensichtlich anders interpretieren musstest.»
Jane sackte auf ihrem Stuhl zusammen.
«Aber ich bin froh, dass du es heute Morgen gleich angesprochen hast», sagte Siân. «Das sagt etwas über dich aus.»
«Dass ich eine unreife Idiotin bin, die man besser einsperren sollte?»
«Ich glaube, das Wasser hat gekocht», sagte Siân. «Gießt du den Tee für uns auf, Jane? Und hast du schon gegessen, oder hast du auf mich gewartet?»
Jane stand auf und ergriff die Gelegenheit – die ihr diese verdammte Frau offensichtlich gerade ganz bewusst verschaffte –, um ihr rot gewordenes Gesicht zu verbergen.
«Ich wollte bloß sagen, nur für den Fall, dass Sie sich das fragen … diese Sache mit Lol und anderen Frauen …»
«Das ist natürlich Blödsinn.»
Jane sah sie an. «Glauben Sie?»
«Ich habe Mr. Robinson einmal kennengelernt», sagte Siân. «Er war anders, als ich erwartet hatte.»
«Ja. Ja, das ist er. Sagen Sie …» Jane sprach es aus, auf ihre überstürzte Art, ehe sie sich davon abhalten konnte. «Warum sind Sie wirklich hier?»
«Was glaubst du?»
Anwälte. Drehten einem die Frage immer elegant im Mund um.
Na gut.
«Mom glaubt … es besteht
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