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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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schüttelte den Kopf.
    «Bist du noch da, Laurence?»
    «Ich nicke», sagte Lol. «Weil mein Mund vor Angst wie ausgedörrt ist.»
    «Das ist kein Witz. Und ruf mich danach auf jeden Fall an. Wenn du noch Finger hast, um die Tasten zu drücken.»
    Jetzt rief sich Lol die Route in Erinnerung und sah auf die Uhr auf dem Schreibtisch. Er musste Merrily anrufen, um herauszufinden, was genau sie von Hayter wissen wollte, aber es war vermutlich noch zu früh. Er würde es in einer Stunde versuchen und sich schon mal auf den Weg machen.
    Seine Sachen waren immer noch im Flur, wo er sie gestern abgestellt hatte. Das ganze Zeug ständig ein- und auszuladen, ohne dass es beschädigt wurde, war echte Arbeit. Er konnte sich nicht vorstellen, das noch jahrelang zu machen.
     
    Merrily hatte das Haus von Mrs. Morningwood noch nie am helllichten Tag gesehen, am Morgen zuvor war sie zu fiebrig gewesen, um es bewusst wahrzunehmen. Mit seiner wackeligen Pergola, dem Kaninchendraht und den chaotischen Schuppen bildete es einen fast komischen Kontrast zu den gepflegten Ferienhäusern, die von hier aus zu sehen waren.
    Und es war das einzige Haus, das Spuren von Leben zeigte: Rauch, der sich wie eine dünne Haarlocke aus dem Schornstein ringelte, das Durcheinander freilaufender Hühner.
    Aber wenn die Morningwoods schon seit Urzeiten auf diesem Hügel lebten, dann konnten sie nicht immer hier gewohnt haben. Dieses Haus konnte nicht älter sein als hundertfünfzig Jahre, dafür waren Türen und Fenster zu rechtwinklig, zu einheitlich.
    Es hatte aufgehört zu regnen, aber schmutzig rosa Wolken ballten sich immer noch wie Muskeln über den Hügeln. Kein vielversprechender Tag. Das Autofenster war halb heruntergekurbelt, Roscoe hatte die Schnauze hinausgestreckt, den Kopf an Merrilys Haar.
    «Roscoe, du bleibst im Auto, falls sie unterwegs ist, um dich zu suchen oder so. O.k.?»
    Vielleicht hatte es zu diesem Besuch kommen sollen. Sie dachte an den Prinzen von Wales, sein Bewusstsein für Zufälle und
Wegweiser
.
    Es war gerade erst halb acht. An der Haustür sah sie sich nach einer Klingel oder einem Türklopfer um. Wie gestern, als sie krank gewesen und die Tür für sie geöffnet worden war. Sie hob die Hand, um zu klopfen, als sie hinter dem Haus etwas zu hören glaubte … oder kam das aus einem der Ferienhäuser?
    Sie betrachtete die Häuser mit ihren leeren Blumenampeln, ihren rauchlosen Schornsteinen. Vor Mrs. Morningwoods Haus führte ein Weg zu einem Carport mit einem Blechdach, unter dem das Heck eines alten schwarzen Jeep Cherokee zu sehen war. Merrily sah jemanden auf einen Schuppen zugehen.
    «Mrs. Morningwood?»
    Die Gestalt ging weiter, sah sich nur kurz einmal um, auf Höhe des Schuppens.
    Sah nicht aus wie Mrs. Morningwood. Sah nicht aus wie eine Frau. Schien gar kein Gesicht zu haben, nur Dunkelheit.
     
    Das musste überhaupt nichts bedeuten. Es musste nichts zu bedeuten haben, dass die Hintertür angelehnt war, wie eine andere Tür im letzten Sommer, oder dass bei zwei Fenstern im Erdgeschoss die Vorhänge zugezogen waren, wie früher am Tag einer Beerdigung.
    Aber trotzdem atmete Merrily tief ein, und trotzdem entfuhr ihr ein
Gott, Gott, Gott
, halb Fluch, halb Stoßgebet.
    Und weil sie es wirklich nicht wollte, ging sie hinein.
    Sie betrat die Küche, in der es roch, als koche etwas über. Sie hörte ein Geräusch, das nach einem Kühlschrank oder einem Rayburn-Ofen klang, und weiter hinten im Haus ein Schleifen, als würde ein Teppich über den Boden gezogen.
    Sollte sie rufen? Sie öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus.
    Die Tür zum Wohnzimmer stand halb offen – der Behandlungsraum, in dem sie gestern den halben Tag verbracht hatte. Merrily blieb kurz vor der Tür stehen. Drinnen war es dämmrig, und es roch nach etwas Salzigem, Saurem. Ein Geruch, den sie gestern nicht wahrgenommen hatte, ein Geruch, den sie irgendwoher kannte.
    O.k., Telefon.
    Sie holte ihr Handy heraus, stellte es an und ließ es wieder in ihre Hüfttasche gleiten, beide Hände über der Beule. Eines Tages musste sie herausfinden, wie man den elektronischen Klavierakkord zum Verstummen brachte, der einem – und allen anderen – verriet, dass das Telefon zum Leben erwachte.
    Sie wartete und nahm das Handy dann wieder zur Hand, gab die Notrufnummer ein, aber ohne die Anruftaste zu drücken. Jetzt noch nicht.
    Irgendjemand raschelte im Haus herum. Merrily tastete nach einem Lichtschalter, als etwas krachend umfiel und das

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