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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Sonnenbrille, die Hand mit der Zigarette ragte aus dem offenen Fenster, auf ihren immer noch geschwollenen Lippen lag die Andeutung eines Lächelns. Roscoes Kopf neben ihrem, sein graues Fell flatterte im Fahrtwind.
    «Willst du die Geschichte hören?»
     
    Jane McBryde war zwar wahrscheinlich vorher schon einmal in der Kirche von Garway gewesen, die nur wenige Kilometer von ihrem Zuhause entfernt lag, aber mit Onkel Monty irgendwohin zu fahren, machte immer Spaß. Er war freundlich, und er war lustig und kannte lauter gute Geschichten – das wusste inzwischen natürlich jeder, und Jane McBryde hatte all seine Erzählungen gelesen.
    Onkel Monty konnte sich den ganzen Tag lang alte Kirchen ansehen, und die Kirche von Garway mit ihren Tempelritterzeugnissen war ein besonderer Genuss für ihn. In einer seiner berühmtesten Erzählungen – Jane fand sie herrlich gruselig – ging es um ein Ordenshaus und das, was ein eigenbrötlerischer Professor darin fand … und dann wünschte, nie gefunden zu haben.
    Monty bemerkte nicht – er war vermutlich im Turm oder beugte sich gerade mit der Brille auf der Nase über irgendetwas –, dass Jane aus der Kirche schlüpfte und die Außenmauern genauer untersuchte, indem sie sie mit den Händen betastete.
    «Was machst du denn da?»
    Das Mädchen war ein paar Jahre jünger als Jane, vielleicht acht oder neun. Sie hatte blonde Haare und wirkte ziemlich verwildert. Das war im Jahr 1917 .
    Jane McBryde sagte ganz offen: «Ich suche ein Loch in der Mauer. Ich will meinem Onkel einen Streich spielen.»
     
    «Woher wissen Sie das alles?», sagte Jane. «Ich meine, Sie erfinden das doch nicht, oder?»
    «Ich erzähle es genau so», sagte Mrs. Morningwood, «wie meine Mutter es mir erzählt hat.»
    «Also war das blonde Mädchen …»
    «Norah. Meine Mutter war ein ziemlich vorlautes Kind. Nicht viele Kinder aus dem Dorf hätten sich getraut, eine Fremde anzusprechen. Meine Mutter kannte bis zu ihrer Augenhöhe jeden Stein des Turms und konnte Jane einen zeigen – ungefähr dort, wo ein paar Jahre zuvor das kreisförmige Kirchenschiff freigelegt worden war –, den man mit Hilfe eines Stocks oder eines kleinen Messers leicht aus der Mauer hebeln konnte.»
    Mrs. Morningwood lächelte jetzt richtig und schüttelte den Kopf.
    «Stell dir die Szene ungefähr eine Stunde später vor, als Monty und sein Mündel um den Turm gehen und Jane sagt, ‹Was ist denn mit dem Stein, der da so vorsteht, Onkel Monty?› Und Monty geht auf alle viere und zieht den Stein heraus und findet … eine sehr alte, schmutzige Flöte.»
    «Oh … cool.»
    «Es war natürlich nichts eingraviert, aber du kannst dir vorstellen, wie Monty geguckt hat. Vielleicht hat er nach dem ersten Schock eine Ahnung gehabt, dass er reingelegt worden ist, aber er mochte Jane sehr. Ihm war klar, wie viel Mühe sie sich gegeben hatte, und er hat mitgemacht.»
    «Hat er auf der Flöte gespielt?»
    «Meine Mutter, die sich hinter einem Grabstein versteckt hatte und das Ganze beobachtete, hat es so erzählt:
Ich spiele lieber nicht darauf
, sagte Monty.
Wer weiß, was dann geschieht?
Und die junge Jane ist auf und ab gehüpft.
Oh, bitte spiel auf ihr, Onkel Monty! Bitte!
Aber Monty hat die Flöte eingesteckt und gesagt,
Vielleicht später. Jetzt machen wir erst mal mit unseren Erkundungen weiter.
»
    «Und hat er später auf der Flöte gespielt?»
    «Das wollte meine Mutter natürlich auch wissen, obwohl sie keine Ahnung hatte, worum es überhaupt ging. Also ist sie ihnen über den Friedhof gefolgt und weiter auf den Fußwegen, und sie hat gesehen, dass Jane Monty die ganze Zeit am Ärmel gezupft und gesagt hat:
Wann spielst du auf ihr? Bitte spiel jetzt auf ihr!
Meine Mutter hat sich erinnert, dass Monty auf einer Anhöhe, die ich genau kenne, stehen blieb und die Flöte hervorgeholt hat.
Soll ich?
Er hat die Flöte mit seinem Taschentuch gut abgewischt, sie in den Mund gesteckt, die Backen aufgeblasen … und nichts ist passiert. Er hat sie wieder aus dem Mund genommen und die Flöte gegen einen Stein geklopft, um den getrockneten Schmutz aus dem Loch am Ende zu bekommen. Als er sie wieder in den Mund steckte, während Jane auf und ab hüpfte, passierte zuerst nichts und dann …
piiiiiiep

    «Sie … erfinden das wirklich nicht?», sagte Jane.
    «Ich erzähle es dir genau so, wie es mir meine Mutter erzählt hat. Monty hat einmal in die Flöte geblasen und sie dann wieder in die Tasche gesteckt. Ein paar Minuten

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