Das Gewicht der Liebe
war.
Johnny klang leicht verstimmt, als er sagte: »Merell weiß, dass ich sie liebe.«
»Es würde nicht schaden, sie hin und wieder daran zu erinnern.«
Seit Wochen hatten Ty und Roxanne einander nicht mehr auf die Art angesehen, die besagte: Ich sehe dich, ich kenne dich, ich liebe dich .
Johnny sagte: »Weißt du, ich kann dir exakt den Moment nennen, als ich mich in deine Schwester verliebt habe.« Sein Lächeln erfüllte den Raum mit Licht, überstrahlte die Sorgen um einen 911-Anruf und kleine Mädchen in Not. »Der Parkplatz am Mesa war total leer, bis auf diesen klei nen gelben BMW Cabrio, der einsam unter dem schwefelgelben Lichtschein einer Parkplatzlaterne stand, und daneben war dieses Mädchen, das so verwundbar aussah. Sie hatte sich ausgesperrt, und ihr Handy befand sich im Wagen. Ich hätte natürlich auch jeder anderen Person in dieser Situation geholfen, doch du kannst dir nicht vorstellen, wie schön und hilflos sie aussah. Ich habe mich auf der Stelle in sie verliebt.«
Roxanne dachte, du wolltest eine hilflose Frau haben und du hast sie gekriegt. Ty wollte das genaue Gegenteil, eine unabhängige Frau, die ihre Arbeit liebte. Zumindest behauptete er das. Jetzt schien es eher so, als würde er eine Frau bevorzugen, die für ihn bereitwillig alles hinschmiss und ihm wie ein Schoßhündchen hinterherlief. O nein, so war es nicht, das wollte er nicht, und sie hasste es, auf diese Weise über ihn zu denken.
Johnny bemerkte ihre Geistesabwesenheit nicht.
»Nachdem ich die Autotür aufbekommen hatte, lud ich sie auf einen Kaffee ein. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie Ja sagen würde. Ich meine, ich war völlig fremd für sie, und sie war so jung. Achtzehn, ja, aber eine junge Achtzehnjährige. Ich war wie alt? Neunundzwanzig? Ich hatte schon reichlich Erfahrung, war aber bis dahin noch nie einer Frau begegnet, die derart feminin war. Was mich jedoch am meisten betörte, war ihre Unschuld. Die haute mich wirklich um.«
Zum ersten Mal seit Tagen hätte Roxanne am liebsten laut gelacht. Was würde Johnny wohl tun, wenn ihm jemand erzählte, er sei angeschmiert worden, Simones Unschuld sei reine Show gewesen? Doch sie kannte die Antwort bereits. Er würde es nicht glauben. Roxanne glaubte es ja selbst kaum.
An dem Abend, als Simone und Johnny sich auf dem Parkplatz kennengelernt und anschließend eine Stunde im Starbucks verbracht hatten, weilte Roxanne in dem Apartment, das sie sich mit Elizabeth teilte. Es war kurz vor Mitternacht, und sie hatte gerade einen Stapel Aufsätze fertig korrigiert. Elizabeth war in ihrem Zimmer, surfte im Internet und besuchte ihre Lieblings-Websites über Reinkarnation und Engel.
Jemand klopfte an die Haustür, worauf Roxanne ihren Rotstift fallen ließ und Elizabeth aus ihrem Zimmer herauskam, gefolgt von ihrem bellenden Minischnauzer.
Roxanne blickte durch den Spion, öffnete die Tür und trat zur Seite, als Simone hereingestürmt kam.
»Roxy, ich bin verliebt. Ich habe den wunderbarsten Mann der Welt kennengelernt.«
Elizabeth lachte, hob ihr Hündchen hoch und ging in ihr Zimmer zurück.
»Er ist neunundzwanzig und hat eine eigene Firma, und er sieht unglaublich gut aus und ist so höflich. Er ist ein Gentleman wie BJ , weißt du. Er hält mir die Tür auf und all diese Sachen. Er gibt mir das Gefühl, als wäre ich ein Püpp chen, als könnte ich zerbrechen.« Sie schlang die Arme um Roxanne, drückte sie so fest, dass Roxanne fürchtete, blaue Flecken davonzutragen. »Ich werde ihn heiraten. Er möchte für mich sorgen.«
»Das hat er gesagt?«
»Nein. Aber ich weiß es.«
Sie tanzte in dem kleinen Apartment herum, verneigte sich und drehte Pirouetten, während sie unaufhörlich seinen Namen sang. »Johnny Duran, Johnny Duran, so sexy ist kein Mann wie Johnny Duran.«
Irgendwo im Haus bediente Celia den Staubsauger, und im Familienzimmer lief der Fernseher, obwohl niemand davorsaß. Als Roxanne schließlich sagte, es sei Zeit für sie, nach Hause zu gehen, fiel ihr Johnny ins Wort, kam wieder auf Merell zu sprechen.
»Nach diesem 911-Scheiß habe ich mit dem Polizeichef geredet, der, dem Allmächtigen sei Dank, ein guter Freund ist. Er meinte, wenn Merell seine Tochter wäre, würde er sie zu einem Psychofritzen schicken. Hältst du das für eine gute Idee?« Ehe Roxanne antworten konnte, fuhr er fort. »Mir gefällt der Gedanke nicht. Ich finde, ein Fremder hat sich nicht in die Familie einzumischen, verstehst du? Das ist so, als würde man
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