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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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praktisch ohne jegliches Leben. Nur der widerstandsfähigste Salbei wuchs hier, und auch das nur spärlich. Risse klafften wie Schnittwunden in der trockenen Fläche aus hart gebackenem Sand und Stein.
    Kleine Windhosen leckten an der Erde und zupften an braunem Gras, das bei jeder Bewegung raschelte. Die Sonne brannte herab, so intensiv, als werde sie von dem Land angezogen, das aufgesprungen war wie der Grund eines riesigen, vertrockneten Sees.
    »Was hat das verursacht?«, fragte Braethen betroffen.
    Vendanji winkte ihn zu sich heran. »Der Krieg des Ersten Eides währte fast vierhundert Jahre. Es wurde allerdings nicht unablässig gekämpft. Immer wieder herrschte ein paar Jahre lang Frieden ohne große Gefahr aus dem Born. Doch dann griffen die Stilletreuen wieder an. Und so sah eine Generation nach der anderen zu, wie ihre Väter in den Krieg zogen. In den Schulzimmern ging es um Kriegstaktik, um alles verfügbare Wissen über die Stilletreuen und die Herstellung von Kleidung und Waffen. Fast zwanzig Generationen lang lernten nur jene Kinder lesen und schreiben, deren Mütter die Lehrlieder sangen und ihren Kleinen vorlasen. Frauen fertigten die Ausrüstung für den Krieg und gebaren die Männer, die sie benutzen würden. Schon zu dieser Zeit nannte man sie die Kriegerquellen. Auf den Schlachtfeldern blieben die Früchte ihres Leibes zurück, vergessen und nirgends verzeichnet, während die Prozession der Armeen weiterzog.«
    Braethen hob das Gesicht der Sonne entgegen. Er wollte sowohl die Toten ehren als auch die Bilder, die durch die Worte des Sheson in ihm wachgerufen wurden, aus seinem Geist verdrängen.
    Vendanji trank einen Schluck aus seinem Wasserschlauch und fuhr fort: »Trotz aller Bemühungen der Menschen drangen die Quietus-Treuen weiter vor und vertrieben zahllose Familien aus ihrer Heimat. Flüchtlinge überschwemmten jeden sicheren Ort und jede Stadt. Die Nahrung wurde knapp, es kam zu Aufständen. Während die Menschen ums Überleben kämpften, breiteten sich Abscheulichkeiten aller Art auf den Straßen aus: Prostitution, Sklaverei, Glücksspiel. Die Gärten und Lauben der Städte stanken nach ungewaschenen Menschen, Kornspeicher wurden ausgeplündert und Vieh gestohlen, weil es hungrige Mäuler zu stopfen galt. Diese Zustände herrschten mehrere hundert Jahre, fast während der gesamten Spanne des Ersten Eides. Und so kam es, dass am Ende des vierten Jahrhunderts voller Kriege, als die größte Streitmacht aller Zeiten gegen die Welt der Menschen marschierte, eine der Kriegerquellen mit einem Neugeborenen die Stufen vor dem Palast von Decalam erklomm.«
    Braethen formte lautlos ihren Namen mit den Lippen: Anais Layohsa. Vor nicht einmal einer Woche hatte Penit ihnen dieses Rhei-Fol vorgespielt.
    »Drei Tage lang forderte Anais Layohsa, dass alle Nationen einen großen Rat bilden sollten, um dieser Bedrohung zu begegnen. König Baellor hörte sie an und entsandte Vögel und Reiter zu den verbliebenen unabhängigen Reichen. Bei Sonnenuntergang am vierten Tag wurde die Proklamation verkündet, die zur Bestellung von Mandaten zu dieser Versammlung aufrief.«
    Braethens Herz schlug schneller, wenn er an die Geschichte von Layohsa dachte, die ihr Kind in die Höhe hielt und lauthals einen König und den von ihm begünstigten Adel verdammte. Er hatte allerdings auch eine andere Version der Geschichte gelesen, die für das Kind barmherziger ausging.
    »Aus jeder Schicht und jedem Winkel der menschlichen Gesellschaft wurden Vertreter bestellt. Entthronte Könige, die Regenten belagerter Städte, alle nahmen einen Platz in diesem Rat ein. Diese Herrscher verpflichteten sich, jeden Mann und jede Waffe für eine gemeinsame, riesige Streitmacht zur Verfügung zu stellen. Zweihunderttausend Mann marschierten gegen die Feinde, die die Länder im Süden verheerten. Doch es stellte sich heraus, dass Stahl allein die Stilletreuen weder besiegen noch zurück in den Born treiben konnte. Späher berichteten von Lenkern und albtraumhaften Geschöpfen diesseits des Schleiers. Als König Baellor diese schrecklichen Neuigkeiten hörte, wandte er sich an Maral Praig, den Randior des Sheson-Ordens, und bat ihn, gegen den Schwur des Ordens zu verstoßen, der die Ausübung von Gewalt verbot, und mit seinen Brüdern in den Krieg zu ziehen. Baellor konnte Praig überzeugen, und die Armee, die unter Hörnerschmettern von Decalam aus gen Westen aufbrach, wuchs um vierhundert Sheson.« Vendanji wies auf die Landschaft um sie

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