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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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sich auf seinem Stuhl vor, stützte die Ellbogen auf den Tisch und zog eine Augenbraue hoch, ein komischer Ausdruck, mit dem er sich offenbar aufs Reden vorbereitete. Seine Zunge schoss hervor und leckte den Schweiß von seinen Lippen. Dann holte er Luft, machte noch eine dramatische Pause und begann mit verhaltener Stimme zu erzählen.
    »Staub steigt auf, und zwar reichlich«, sagte er. »Zwei oder gar drei Männer kommen jetzt täglich nach Galadell, aus Ringstein, Choldenfas und auch weit aus dem Osten, sogar von der Küste von Kureen. Aber du«, sagte Himney betont und zeigte auf Jastail, »du gehst nach Westen. Was weißt du, was die anderen nicht wissen?« Er überlegte kurz und fuhr dann fort: »Manche sagen, der Orden wisse Bescheid. Andere sind nicht überzeugt davon. Aber kaum eine Handvoll von denen weiß, in was für Geschäfte sie wirklich verwickelt sind, Jastail. Im Gegensatz zu dir.«
    »Die kennen wohl unsere Zeiten? Wissen, wann wir ins Tiefland kommen?« Der Wegelagerer zog einen engen Kreis mit der rechten Hand, der wohl Galadell bedeuten sollte.
    »Wir haben hier nichts von einem Dreiring gesehen. Aber meine Gäste sprudeln über vor Gerüchten. Manche behaupten, der Staub gehöre der Stille.« Himney machte eine abfällige Kopfbewegung. »Das ist nichts Neues. Aber die meisten Neulinge haben keine Ahnung, was sie tun. Denen juckt es nur in den Fingern nach Geld.«
    Wendra entging nicht, was dieser Himney für ein Gesicht machte, wenn er das Wort Staub aussprach. Irgendetwas daran war ihr unheimlich. Es klang nach etwas Finsterem, von dem sie lieber nichts Genaueres wissen wollte.
    »Ganz im Gegensatz zu uns«, spottete Jastail mit viel sagendem Blick auf Himneys Gürtel, an dem mehrere lederne Geldbeutel hingen.
    »Solche Leute machen sich auf, nur weil sie ein paar Gerüchte gehört haben und das Gold schon in ihren Augen leuchtet. Die sind gefährlich. Sie kommen hier rein, um etwas zu trinken, wenn sich der Staub gelegt hat, weil ihnen das Geschäft auf den Magen schlägt.«
    »Und wie steht es damit?«, fragte Jastail. »Wie gehen die Geschäfte?«
    »Wie immer, mein Freund. Allerdings …« Himney beugte sich vor und sprach so leise, dass viele seiner Worte nur an den Bewegungen seiner Lippen abzulesen waren. »Es heißt, ein ganzer Cullach sei von der Hand in den Süden gezogen, bis nach Reyal-Te.« Himney schluckte. »Und Velle sollen sie anführen.« Offenbar musste er über seine eigenen Worte nachdenken, denn er verstummte.
    »Hat jemand sie mit eigenen Augen gesehen?«, fragte Jastail.
    »Einer«, antwortete Himney. »Die anderen erzählen nur weiter, was sie gehört haben. Aber wenn du mich fragst, ich halte das für die Wahrheit. Die Zeiten sind nicht mehr so angenehm wie noch vor zehn, ach was, vor fünf Jahren.«
    »Deine Fässer leeren sich umso schneller, je weniger Kupfer du in deinen Beuteln hast«, sagte Jastail.
    »Nein!«, brüllte Himney, beruhigte sich jedoch sofort wieder. »Ich meine damit, dass die Nacht sich länger hält. Und die Jahreszeiten scheinen ihren Zweck nicht mehr zu kennen, der Winter kommt zu früh, der Frühling zu spät, und der Sommer schleudert eine Hitze herab wie von einem Schmiedefeuer. Was ich auch betrachte, es sieht mir nach einem Ende aus.«
    »Grauenhaft poetisch für einen Kaschemmenwirt im dreckigen Galadell«, sagte Jastail voll finsterem Hohn.
    »Pah. Du wolltest Neuigkeiten. Das sind sie. Wir machen unser Geschäft in den Zwischenräumen, du und ich.« Himney zeigte mit dem Finger auf Jastail. »Und es mag im Verborgenen stattfinden, aber die meisten von uns gehen niemals in den Norden und auch nicht nach Westen. Niemals in die Nähe der Hand. Jetzt aber greift die Hand nach dem Süden und Osten, klammheimlich und unbemerkt von Fürsten und Königen, als hätte sie ein bestimmtes Ziel. Alles verändert sich, Jastail, die Dinge sind im Wandel, und das nicht nur für die Städte und die Regentin und den Adel – die zum Lesherlauf aufgerufen haben. Das dürfte dich interessieren.«
    Ein grimmiger Ausdruck breitete sich über Jastails wettergegerbtes Gesicht. Wendra konnte ihn nicht deuten. Ihr Entführer blieb so zynisch wie stets, doch jetzt wirkte dieser Zynismus gebrochen, vorsichtig. Sie dachte an die Bar’dyn, die das Flussschiff geentert hatten, und den Kampf nahe dem Fluss Lesule. Vielleicht wusste Jastail mehr über die Wahrheit, die in diesen Gerüchten stecken mochte, als er sich anmerken ließ. Und er vermutete ohnehin schon,

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