Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)
finsteren, anrüchigen Geschäften nachgingen.
Jastail führte Wendra zu einem wackelig aussehenden Gebäude etwa in der Mitte des Ortes. Neben der Tür war ein verwittertes Schild mit der Aufschrift BETT UND BECHER angenagelt. Jastail blickte in beide Richtungen die kaum erkennbare Straße entlang, ehe er durch die Tür in einen dämmrigen Raum trat. Wendra warf einen Blick über die Schulter und bemerkte einen Passanten, der sie abschätzend musterte. Der Mann starrte sie ungerührt weiter an. Hastig folgte sie Jastail nach drinnen.
Der Raum wurde spärlich erleuchtet von einigen wenigen Kerzen in gläsernen Laternen und dem bisschen Tageslicht, das durch Ritzen in den schlecht gezimmerten Wänden hereinfiel. Der Gestank von schalem Bier hing in der Luft. Wendra roch außerdem Wurzelgemüse und irgendeinen Fleischduft, den sie nicht kannte. Die Tische waren leer bis auf zwei ganz hinten im Raum, wo mehrere Fässer an der Wand befestigt waren. Aus den Hähnen fiel hin und wieder ein Tropfen und wurde in Bechern aufgefangen, die darunter auf dem Boden standen. Neben den Fässern saß ein Mann in einer langen Lederschür ze, der seinen Hut mit schmaler Krempe tief in die Stirn gezogen hatte. Der Stuhl war nach hinten gekippt und lehnte an der Wand, und die Brust des Mannes hob und senkte sich in den langsamen, tiefen Atemzügen des Schlafes.
Jastail ging lautlos zu den Fässern und tat so, als wollte er nach einem der Becher greifen, in die das Bier tropfte. Auf der Stelle knallten die vorderen Stuhlbeine auf den Boden, und der Mann packte Jastail am Handgelenk, ehe er den Becher anheben konnte.
»Du wirst langsam auf deine alten Tage, Himney«, sagte Jastail.
Der Mann lachte. »Natürlich«, entgegnete er. »Aber noch ist kein Dieb geboren, der schnell genug wäre, mir etwas von meinem Bitter zu stehlen, ohne dass ich ihn dabei erwische.«
Jastail stellte den Becher wieder unter den tropfenden Zapfhahn und zog Himney auf die Füße. Die Männer packten einander zur Begrüßung beim Unterarm und bewegten die verschränkten Arme zwei Mal ruhig auf und ab.
»Einen Dieb, der dich um den Profit bringt, wird es niemals geben.«
»Nicht, ehe ich ins Grab gehe.« Himney ließ Jastails Hand los und rückte den Becher, den der Wegelagerer hatte wegnehmen wollen, wieder genau an die richtige Stelle.
Jastail griff in seinen Umhang, holte eine Münze heraus und ließ sie geschickt über die Fingerknöchel wandern. Die Münze tanzte von einem Finger zum nächsten. Als Jastail offenbar genug gespielt hatte, warf er die Münze hoch. Ehe sie den höchsten Punkt ihrer Bahn erreicht hatte, schnappte Himney sie aus der Luft. Der kleine Mann leckte daran, glitt mit der Zunge über die Fläche und am Rand entlang und verdrehte dann die Augen vor Konzentration, während er die Zunge hinter den Zähnen bewegte. Anscheinend zufrieden mit dieser Prüfung, ließ er die Münze so schnell verschwinden, dass Wendra nicht sicher war, wohin er sie gesteckt hatte. Dann nahm er zwei frische Becher von einem Regal zwischen den Fässern und füllte sie für Jastail und Wendra.
»Immer noch die beste Nase für Geld, die ich kenne«, bemerkte Jastail belustigt.
»Bei dem Abschaum, der hier durchreist, kann ich kein Risiko eingehen, mein Freund.« Er führte die beiden zu einem Tisch abseits der wenigen Gäste, stellte ihre Becher auf die eine Seite und setzte sich ihnen gegenüber auf die andere, von wo aus er freie Sicht auf seine Bierfässer hatte. Als er saß, bedachte er Wendra mit einem langen, kalten Blick, unter dem sie sich vorkam wie eine Münze zwischen seinen schweißfeuchten Lippen. »Du bist in letzter Zeit dick im Geschäft, mein Freund. Das offene Land ist gut zu dir.«
Jastail trank ausgiebig. Dann wischte er sich den Mund ab und richtete den Blick wieder auf Himney. »Muss an meinem ehrlichen Gesicht liegen.«
Die beiden lachten leise über diesen Witz.
Als ihre Heiterkeit zu einem Lächeln abgeklungen war, sagte Jastail: »Erzähl mir, was es Neues gibt. Ich hatte in letzter Zeit ein paar …« Er sah Wendra an. »Schwierigkeiten. Berichte mir alles, was du gehört hast, Himney, und spar dir die Ausschmückungen für andere Gäste. Ich habe keine Geduld mit Schwätzern und kein Geld für Lügen und Gerüchte.«
Der kleine Mann hob die Hände vor sich und wedelte damit in der Luft, um Jastail zu besänftigen. »Ich habe verstanden. Staub und Erde, ist ja schon gut. Trink dein Bitter und lass mich reden.« Himney beugte
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