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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Ophal’Donn-Brücke überquert habt. Ich habe euren Schrei in der Vielstimmenschlucht gehört. Ihr stammt nicht aus dem Tal draußen, sonst hättet ihr keinen Fuß darauf gesetzt. Und ich halte euch auch nicht für Schatzjäger, denn ihr habt keinen Karren bei euch.« Sein Gesicht blieb unverändert fröhlich und unbekümmert.
    Tahn hörte aufmerksam zu. Er ließ den Bogen sinken und wollte etwas erwidern, als Sutter sich zu Wort meldete. »Wir sind Abenteurer!«
    »Auf dem Weg nach Decalam. Nur auf der Durchreise«, fügte Tahn hinzu.
    »Eine prächtige Stadt zum Durchreisen«, erklärte Sutter aufrichtig.
    Dem Fremden schien Sutters Antwort besser zu gefallen. »Prächtig, in der Tat«, echote er.
    »Und offenbar von ihren Einwohnern verlassen. Schon vor einigen Jahren, wenn mich nicht alles täuscht.« Sutter löste den Wasserschlauch von seinem Sattel, trank einen Schluck und bot ihn dann dem Fremden an.
    »Nein, mein junger Freund. Danke sehr.«
    Sutter verschloss den Schlauch und befestigte ihn wieder am Sattel.
    Tahn steckte seinen Pfeil weg und tat ein paar vorsichtige Schritte auf den Mann zu. »Darf ich fragen, was Euch hierherführt?«
    »Ich bin Archivar und Historiker, mein Bester«, entgegnete der Fremde voller Begeisterung. »Was sollte ich denn sonst sein?«
    »In einer Schule oder Bibliothek?«, fragte Sutter und grinste nun ebenso breit.
    Das maskenhafte Lächeln des Fremden versagte, aber nur kurz. »Pah, nicht doch. Dies ist meine Schule. Hier findet man alles Substanzielle.« Der Fremde warf ihnen einen schiefen Blick zu.
    »Wir nicht«, korrigierte ihn Tahn. »Wir sind nur auf der Durchreise .«
    »Nun, dann gehen wir trotzdem in die Stadt hinein«, erklärte der Fremde. »Ich, um meine Erkundungen und Aufzeichnungen zu machen, und ihr, um den Weg hindurch zu finden. Und währenddessen können wir uns über alles Substanzielle unterhalten: untergegangene Städte, lange Reisen, Speisen, Getränke, Schmerzen des Körpers und der Seele, Leben und Atem und neue Freundschaften … wunderbare Vereinigungen.«
    Tahn fand, dass »wunderbare Vereinigungen« seltsam und doppeldeutig klang, und rückte auf Armeslänge von dem Fremden ab. »Wir haben leider nicht viel Zeit«, erklärte er.
    Das freundliche Lächeln des Mannes verblasste nun doch. »Die habt ihr sehr wohl, wenn ihr Steinsberg wieder verlassen wollt, meine neuen Freunde.«
    Sutter zog sein Schwert.
    »Halt«, rief der Mann mit ruhiger, aber gebieterischer Stimme. »Ich will damit nur sagen, dass ihr die Stadt nicht auf demselben Weg verlassen könnt, auf dem ihr gekommen seid. Banne in der Vielstimmenschlucht lassen in dieser Richtung niemanden hindurch.« Er zeigte zu der tiefen Schlucht, durch die Tahn und Sutter nach Steinsberg gelangt waren. »Es gibt nur einen anderen Weg durch die Klippen. Und so unternehmungslustig ihr auch seid, ihr werdet ihn allein kaum finden.« Sein Lächeln war wieder da. »Kommt mit mir, und ich füge alle eure größeren Taten meiner Chronik hinzu. Dann könnt ihr euer Abenteuer fortsetzen.«
    Sutter ließ langsam sein Schwert in die Scheide gleiten. Tahn sah dem Mann direkt ins Gesicht, und ihm fiel auf, dass er ihnen noch nicht seinen Namen genannt hatte. Er hatte aber auch nicht nach ihren Namen gefragt. Tahn beließ es vorerst dabei, und die beiden nahmen das Angebot mit einem stummen Nicken an.
    Die Stadt ragte vor ihnen auf wie ein prächtiges Mausoleum, das über Jahrhunderte immer weiter ausgebaut worden war, damit ein ganzes Volk darin die letzte Ruhe fand.
    Am östlichen Rand der Steilwände, die das Tal umschlossen, wurde der Himmel immer heller und hauchte die Mauern und riesigen Türme bläulich an. Im Morgengrauen eines neuen Tages fühlte die Stadt sich geborgen und sicher an.
    »Ein Wunderwerk der Baukunst«, bemerkte der Fremde. »Alles, was ihr hier seht, haben die Steinsberger eigenhändig gemeißelt, erbaut und gestaltet. Ein fleißiges Volk mit einer seltenen Begabung dafür, aus Stein Kunst zu schaffen.« Der Mann ließ anerkennend den Blick über die Stadt schweifen. »Ein Jammer, dass sie nicht mehr sind.«
    »Warum eigentlich?«, fragte Tahn.
    »Weil«, antwortete der Fremde augenblicklich, »man selten sieht, dass eine ganze Stadt sich so sehr um Ästhetik bemüht. Sagt, woher kommt ihr?«, fragte er, an Tahn gewandt.
    Sutter warf Tahn einen warnenden Blick zu, und Tahn zögerte mit seiner Antwort.
    »Behaltet Euer Geheimnis«, sagte der Mann, ehe Tahn eine passende Lüge einfallen

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