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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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herein, ein Schwert in jeder Hand. Dicht hinter ihr erschien Vendanji mit so grimmig entschlossener Miene, dass Tahn Angst vor ihm bekam. Der Mann trat in die Mitte des Raums und stellte sich zwischen Tahn und den Bar’dyn. Die Fern – Mira – bewegte sich so schnell, dass Tahns Blick ihr kaum folgen konnte. Nun drängten auch Sutter und Braethen herein, beide mit kurzen Messern bewaffnet.
    »Halt, Scheusal!«, befahl Vendanji mit einer Stimme wie aus einem tiefen Horn.
    Der Bar’dyn wirbelte herum, und Tahn meinte, einen besorgten Ausdruck über die schwieligen Züge huschen zu sehen. Doch die Bestie zögerte nicht. Sie warf den Säugling auf Wendras Lager und stürzte sich auf Vendanji. Solche Schnelligkeit hätte Tahn ihr nie zugetraut. Vendanji machte sich bereit, den Angriff zu parieren, doch noch ehe der Bar’dyn ihn erreicht hatte, trat Mira vor, duckte sich tief und stieß mit beiden Schwertern aufwärts zu. Eine Klinge prallte wirkungslos von der dicken Haut des Bar’dyn ab, die andere brachte ihm eine kleine Wunde an der Brust bei. Die Bestie drang weiter vor und schwang ihren Dolch – so lang wie das Schwert eines kräftigen Mannes – mit raschen Bewegungen hin und her. Mi ra hatte keine Schwierigkeiten, der Klinge auszuweichen, doch der Bar’dyn hieb sich den Weg frei, indem er Vendanji zwang zurückzuweichen. Die Kreatur aus dem Born hatte es auf Tahn abgesehen. Hilflos ließ er seinen Bogen fallen.
    Ein seltsames Pfeifen wurde immer lauter. Tahn drehte sich nach dem Geräusch um und sah, dass Vendanji die Hände kreisen ließ. Dann hob der Mann sie mit einer raschen Geste und ballte eine Faust um die andere. Mira warf sich zur Seite, und ein Lichtstrahl traf den Bar’dyn in die Brust und schleu derte ihn zurück. Der Gestank nach versengtem Fleisch erfüll te den engen Raum, begleitet von grausigem Kreischen. Zur Antwort erhob sich weit draußen im Wald ein Chor gellender Stimmen, die trotz des Regens deutlich zu hören waren. Tahn und Sutter blickten zur Tür und rechneten halb damit, eine ganze Horde Bar’dyn hereinstürmen zu sehen. Doch keiner kam.
    Vendanjis Blitz hatte den Bar’dyn rücklings in den Winkel der Dachschräge geschleudert. Die Bestie rappelte sich hoch, beugte sich auf Knien über das Lager, griff zwischen Wendras Beine und riss das Kind an sich. Mira rollte sich geschickt ab und war sofort wieder auf den Füßen, zum Angriff bereit. Doch der Bar’dyn richtete sich auf und warf sich laut heulend mit einer Schulter gegen die Wand. Das Holz splitterte, und die Bestie stürzte durch die geborstene Wand hinaus in den Regen. Vendanji sprang vor, Mira ihm dicht auf den Fersen. Tahn erwachte endlich aus seiner Starre und eilte den beiden nach, um dann zwischen ihnen vor dem Loch in der Wand stehen zu bleiben. Gemeinsam starrten sie in die stürmische Nacht hinaus. Der Bar’dyn, Wendras Kind in einer Hand, bewegte sich unfassbar schnell direkt auf den Waldrand zu. Ein Blitz flammte auf und beleuchtete die davonstürmende massige Gestalt. Als das grelle Licht erlosch, verschwand der Bar’dyn in der Finsternis, und nichts war zu hören außer dem trommelnden Regen und verhallendem Donner.
    Mira trat vor, als wollte sie durch das Loch springen und den Bar’dyn verfolgen. Vendanji legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Hab Geduld.«
    Tahn wandte sich von der zerstörten Wand seines Elternhauses ab und eilte an Wendras Seite. Die Bettdecke war blutgetränkt, und Schnittwunden an ihren Händen und Unterarmen bezeugten ihren vergeblichen Versuch, den Bar’dyn abzuwehren. Wendras Wangen waren hohl, ihr Gesicht bleich und erschöpft. Sie richtete sich auf, den Rücken an ein Kissen gelehnt, und weinte stumm vor sich hin.
    Sutter brachte eine Schüssel Wasser und saubere Tücher. Während Braethen Wendras Wunden reinigte und verband, saß Tahn neben ihrem Bett und machte sich im Stillen schreckliche Vorwürfe. Mehr als einmal versuchte er, zu Wendra aufzublicken, doch er konnte ihr nicht in die Augen sehen. Er hatte zwanzig Fuß entfernt gestanden, mit freiem Schuss auf den Bar’dyn, und er hatte nichts getan, um das Leben seiner eigenen Schwester und das ihres Kindes zu retten. Er hatte leise den alten Spruch gemurmelt und gewusst, dass der Schuss falsch war. Er hatte dieser Weisung gehorcht, statt seine Schwester zu schützen. Warum?
    Diese Frage frustrierte ihn schon lange, und er hatte bisher keine Antwort darauf finden können.
    Sie verfolgte ihn, quälte ihn bereits sein

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