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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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wenn sie das Große Mandat einberief.
    Die dunkle Wolke über ihrer Seele gab ihr schreckliche Ahnungen von Zerstörung ein. Sie würden sich erfüllen, wenn sie nichts unternahm.
    Sie fürchtete, was diese Ahnungen bedeuten könnten: dass der Schleier tatsächlich fallen und alle Albträume vom Beginn der Zeit in die Welt entlassen könnte.
    Dies waren schwere Gedanken … die ihren Blick schließlich wieder auf Roth Staned lenkten, der mitten in ihrer Reichskanzlei stand, unnachgiebig, unversöhnlich. Er beobachtete sie mit starrem Blick und wartete auf ihren Befehl.
    Bedrückendes Schweigen hatte sich im Raum ausgebreitet. Alle spürten die Last von Entscheidungen, die über das Leben zahlloser Männer, Frauen und Kinder entscheiden würden. Heute machten die Menschen sich keine Sorgen darum, dass die dunkle Seite der Geschichte sich wiederholen könnte. Sie fürchteten nicht, dass Stilletreue ins Land gelangen oder Legenden tatsächlich wahr sein könnten. Die meisten dieser Geschichten wurden in den Straßen von Decalam gar nicht mehr erzählt – dafür hatte nicht zuletzt die Liga gesorgt.
    Helaina hatte sich entschieden.
    Sie erwiderte Van Stewards Nicken. Der General eilte an Staned vorbei zur Tür und gab jemandem davor einen leisen Befehl. Kurze Zeit später trat ein Dutzend junger Pagen mit Neuntötern in Käfigen ein.
    »Roth …«, begann sie.
    Doch Aszendent Staned fixierte sie alle mit einem bitteren, hasserfüllten Blick. Dann verließ er den Raum, wobei seine Absätze in schnellem, zornigem Takt auf den Marmorboden knallten.
    Helaina, die Regentin von Decalam, nickte erneut, und die Neuntöter wurden freigelassen. Flügelschlag hallte von den harten Marmorwänden wider, als die Vögel sich in die Luft schwangen und von ihren acht Fenstern aus in alle Himmelsrichtungen davonflogen.
    »Schickt auch die Ausrufer und Reiter los«, sagte sie zu Van Steward. »Jedem Land und jedem König wird einmal mehr ein Platz in der Versammlung angeboten. Wir wollen hoffen, dass dies das letzte Mal ist.«
    Gemeinsam sahen die drei den Vögeln nach, bis sie nicht mehr zu erkennen waren.
    Werden die Anführer der Menschheit dem Ruf folgen? , fragte sie sich. Die Antwort auf diese Frage drohte ihrem Herzen mit Verzweiflung.

9
    ORDENTLICHE VORSTELLUNGEN
    S utter, der hinter Vendanji und Mira die Nordstraße entlangritt, zog tief den Kopf ein. Windböen peitschten ihm den Regen wie spitze kleine Nadeln ins Gesicht. Der Helligwald wurde hier so dicht wie das Fichtenwäldchen östlich von seinem Haus, und die Nacht senkte sich so schwarz herab, dass er den Weg oft nur erkannte, wenn Blitze die Landschaft kurz erleuchteten. Er vertraute einfach darauf, dass sein Pferd den Anschluss zu Vendanji und Mira nicht verlieren würde. Der satte Geruch von lehmiger Erde und nassen Nadelbäumen hing über dem Weg, und der kalte Regen prasselte auf ihn herab, durchweichte seine Kleidung und machte seine Hände taub.
    Hin und wieder glaubte Sutter, den seltsamen, erst schrillen, dann tiefen Ruf der Bar’dyn irgendwo im Wald zu hören, trotz des Gewitters und des keuchenden Atems seines Pferdes. Doch der Laut war nie lange zu hören, und er packte die Zügel fester. Er konnte nur hoffen, dass sein Pferd nicht im Matsch ausrutschen und von der Straße in die dichten Bäume schlittern würde.
    Er hatte Angst, daran war nicht zu rütteln. Aber er spürte auch einen Schauer der Erregung: Er war das Wurzelgemüse los, zumindest für eine Weile!
    Was Filmoere jetzt wohl dachte, nachdem er und Tahn einfach verschwunden waren? Diese Frage machte ihm zu schaffen. Was, wenn die Bar’dyn über das Helligtal herfielen, Hambley, die Feldstein-Taverne? Seine Familie. Er kam sich vor wie ein Feigling. Es gefiel ihm gar nicht, das Helligtal auf diese Weise zu verlassen, befand er. Er atmete tief ein und hielt die Luft an, so lange er konnte. Er hatte nämlich festgestellt, dass ein Bauch voller Luft Angst vertrieb.
    Zwei Mal verlangsamten sie das Tempo zum Schritt, damit die Pferde sich erholen konnten. Vorher hielt Mira inne, ließ alle an sich vorbeiziehen, wendete ihr Pferd und ritt den Weg zurück, den sie gekommen waren. Ehe sie erneut Tempo aufnahmen, holte sie wieder zu ihnen auf und erwiderte Vendanjis Blick mit einem subtilen Kopfschütteln. Sutter war klar, was sie damit signalisierte: keine Bar’dyn. Er wünschte, er könnte endlich absteigen. Seine Oberschenkel waren beinahe gefühllos geworden, und er konnte die Augen kaum noch offen

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