Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
Vom Netzwerk:
sie hinter ihm aufs Pferd springen, um ihn im Sattel festzuhalten. Doch der Sheson hob abwehrend die Hand und richtete sich entschlossen auf. Er sah aus wie Wendra, nachdem sie am Krampffieber gelitten hatte, doch er ritt weiter und umklammerte die Zügel mit weißen Fingern.
    In der Sonne am Straßenrand blühten üppige Hyazinthen in leuchtenden Farben in der Nähe großer Pfützen. Ansonsten wurde die Landschaft von Buscheichen und niedrig wachsenden Zedern beherrscht. Die Straße trocknete allmählich, Vögel versammelten sich an den schlammigen Pfützen, um zu trinken und zu baden, und flatterten hastig auf, wenn sich die Pferde näherten. Sie ritten bis zum Mittag, dann führte Mira sie ein gutes Stück weit in den Wald hinein, wo sie rasten wollten.
    Aber nicht gleich.
    Nachdem alle abgestiegen waren, mussten sie sich mit ihren neuen Waffen in einer Reihe vor Mira aufstellen. Dann brachte sie ihnen die Grundlagen des Schwertkampfes bei. Die Fern lieh Tahn zum Üben eine ihrer Waffen. Tahn und Sutter und sogar Wendra erinnerten sich bald wieder daran, was sie vor Jahren in ein paar Übungsstunden von Balatin gelernt hatten. Braethen tat sich schwerer – er schien zwar schon zu wissen, wie er die Waffe halten und die Arme führen musste, als erinnerte er sich an Abbildungen in einem seiner vielen Bücher, aber er bekam nur sehr langsam ein Gefühl für die entscheidenden Bewegungen und die Waffe. Nachdem sie eine Stunde lang die leere Luft durchstoßen, pariert und mit Hieben traktiert hatten, erlaubte die Fern ihnen endlich, sich auf den Boden sinken zu lassen und sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen.
    Allen außer Tahn.
    Mit ihm ging sie zu einer nahen Wiese und ließ ihn mehrere Dutzend Pfeile abschießen. Das fiel ihm schon leichter. Balatin hatte streng dafür gesorgt, dass Tahn das Bogenschießen übte. Für Tahn war es immer ein Mittel zum Zweck gewesen – nämlich Fleisch zu erjagen, um dafür bare Münze oder andere Lebensmittel zu bekommen. Doch auf einmal hatte die Sorgfalt, mit der er den Wind, den Winkel zum Boden und die nötige Spannung der Sehne einzuschätzen gelernt hatte, eine neue Bedeutung. Tahn verfehlte sein Ziel nicht oft. Und er fragte sich, ob sein Vater ihn auf mehr hatte vorbereiten wollen, als Hirsche zu erlegen.
    Wieder dachte er an die Träume, in denen ein gesichtsloser Mann ihm einschärfte: Den Bogen spannen deine Arme …
    Diesen tief eingeprägten Satz musste er stets vor dem Schuss sprechen. Das Bild von sich selbst, wie er in seinen Träumen den Bogen spannte – die vielen Fragen über ihn selbst –, ließ ihm keine Ruhe, selbst während er aus seiner Heimat floh, verfolgt von Stilletreuen.
    Dieser gesichtslose Mann, der bei Tahn das Gefühl hinterließ, dass es nicht nur ums Jagen ging …
    Doch darüber nachzugrübeln hatte noch nie etwas genützt. Es beunruhigte ihn nur.
    Mira entließ Tahn, nachdem er alle Pfeile in seinem Köcher drei Mal abgeschossen und wieder eingesammelt hatte. Die Fern wirkte erfreut, und Tahn war nicht unglücklich darüber, sein Können vor ihren Augen bewiesen zu haben. Er glaubte, einmal sogar ein anerkennendes Lächeln gesehen zu haben, aber da war er nicht sicher. Trotzdem klopfte sein Herz schneller. Er zog sich in den Schatten der Bäume zurück, um Pfeilspitzen und Befiederung zu überprüfen, aber vor allem, um sich auszuruhen.
    Sutter gesellte sich zu ihm. »Das wäre beinahe mein Ende gewesen da hinten am Fluss, Tahn. Dann hätte ich mir meine Rüben von unten anschauen können, zusammen mit den Würmern.« Er klatschte Tahn die flache Hand auf den Rücken und grinste übers ganze Gesicht.
    »Ein Glück, dass du noch da bist, Rübenbauer, ich habe nämlich Hunger. Geh und buddele mir etwas Essbares aus.«
    »Diese Vergangenheit werde ich nie los, was?« Sutter lachte laut. Es war ein nervöses Lachen, aber es tat gut, auf ihrer Flucht einmal innezuhalten und herumzualbern, wie sie es immer getan hatten.
    »Ich habe das Grasland erst einmal im Leben gesehen, Tahn. Und als ich wieder zu Hause war, konnte ich eine Woche lang nur im Stehen essen.« Sutter wies auf seinen Hosenboden, um die Tracht Prügel anzudeuten, die er dafür bekommen hatte, dass er so weit von zu Hause weg gewesen war.
    Tahn empfand nichts von dem Staunen, das Sutter beim Anblick der nördlichen Ebene zeigte. Zu viele Fragen gingen ihm durch den Kopf. Sicher war nur eines: Die Bar’dyn verfolgten sie. Tahn fragte sich inzwischen, ob die Stilletreuen nicht

Weitere Kostenlose Bücher