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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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in Wahrheit hinter Vendanji her sein könnten … aber aus irgendeinem Grund glaubte er dem Sheson. Händler machten oft in Helligtal Halt, um Felle oder Dörrfleisch einzutauschen. Wenn man sich mit ihnen unterhielt, kamen sie meist bald auf die Liga zu sprechen, und stets wusste einer von einem weiteren Sheson, der hingerichtet worden war. Sogar in Städtchen wie Bollorg war schon ein Lenker öffentlich gehenkt worden. Und meistens sprachen die Händler von diesen Exekutionen als gut und richtig. Aber Vendanji hatte Wendra geheilt, ohne selbst irgendeinen Gewinn davon zu haben. Und mehr noch – wenn Vendanji eine Entscheidung traf, stimmte irgendetwas in Tahns Innerem ihm jedes Mal zu, selbst wenn sein Verstand dagegen anschrie.
    »Was glaubst du, warum wir nach Decalam gehen?«, fragte Tahn Sutter. Sein Freund hatte eine beinahe unheimliche Gabe, solche Dinge zu erraten.
    »Decalam«, wiederholte Sutter, offenbar bei der bloßen Vorstellung von Ehrfurcht ergriffen. »Bei all meinen Himmeln, das ist …«
    »Eine weite Reise«, beendete Mira seinen Satz.
    Tahn fuhr überrascht zusammen. Die Fern kniete direkt hinter ihnen und füllte an einem kleinen Bach ihren Wasserschlauch. Und sie hatten nicht einmal geahnt, dass sie da war. »Sie dauert mehrere Wochen, also teilt euch eure Kräfte ein.« Sie hob den Wasserschlauch an die Lippen und trank. Tahn hörte einen milden Tadel aus ihren Worten heraus, als sei sie doppelt so alt und sehr viel weiser, obwohl sie eher ein wenig jünger zu sein schien als er und Sutter.
    »Entfernt euch nicht zu weit von den anderen, wenn wir rasten. Und lasst ja nichts zurück, verstanden? Ich wünschte wirklich, ihr könntet leichtfüßiger gehen.« Sie musterte den Boden um sie herum und schüttelte den Kopf. »Ein Kind könnte euren Spuren folgen. Achtet auf eure Füße. Tretet auf Stein, wo immer es möglich ist.« Sie verschloss ihren Wasserschlauch und ging zurück zu den Pferden. Tahn sah ihr nach. Jeder ihrer Schritte war flink und leicht, und ihr Umhang blähte sich wie ein Segel bei starkem Wind.
    »Vergiss es«, sagte Sutter. »Du und eine Fern? Nie und nimmer. Sie ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich wichtig zu machen und ihre Schwerter zu schwingen. Außerdem – hast du sie schon mal lächeln sehen? Nur ein einziges Mal?«
    Ja , dachte Tahn, ein Mal.
    »Decalam«, fuhr Sutter fort. »Ich glaube, es war noch nie jemand aus dem Helligtal dort. Wir werden zu Legenden, sage ich dir.«
    »Legenden«, wiederholte Tahn nachdenklich. »Es heißt, Decalam sei eine der größten Städte östlich der Dividen. Der Sitz des Regenten. Und sie ist mehrere Wochen weit weg, du hast Mira ja gerade gehört. Warum bringt Vendanji uns dorthin?« Er hielt inne und überlegte. »Sutter, was soll aus unserem Einstand werden? Wer wird uns beistehen, wenn wir so lange fort bleiben? Du sprichst von Legenden, aber bis wir einstehen, sind und bleiben wir Melura.« Tahn verstummte und blickte zu der weiten Ebene hinaus, die vor ihnen lag. Balatin hatte ihm Geschichten über Länder jenseits des Helligtals erzählt, aber sie hatten sich in seinem Kopf so vermischt, dass er Wahrheit und Sage nicht mehr auseinanderhalten konnte. Er starrte in die Ferne und dachte an die Stilletreuen auf ihrer Spur, an ungeklärte Fragen und die schreckliche Aussicht, dass er vielleicht nie einstehen würde. Gedankenverloren setzte er hinzu: »Es spielt gar keine Rolle, wenn wir dabei umkommen. Unsere Entscheidungen haben keinerlei Bedeutung …« »Du bist ja fröhlich heute. Und sprich bitte nur für dich. Mich wird man sehr wohl vermissen.« Sutter ballte die Fäuste und stemmte sie in die Hüften.
    Die vertraute Pose entlockte Tahn ein lautes Lachen. Sie kehrten zu den Pferden zurück, wobei sie kichernd von Stein zu Stein sprangen.
    Als sie beim Lager ankamen, saß Vendanji auf einem Felsbrocken und Braethen im Schneidersitz vor ihm auf dem Boden. Wendra lehnte an ihrem Pferd, die Wange an dessen Hals geschmiegt, und hörte zu.
    »Die Fähigkeit, aus dem Allwillen zu schöpfen, wird nicht jedem gegeben, Braethen. Hast du das aus deiner Lektüre nicht gelernt?« Vendanji nahm den Wasserschlauch von Mira entgegen und trank langsam.
    »Doch, Vendanji«, antwortete Braethen mit leuchtenden Augen, offensichtlich begeistert über die Gelegenheit, mit einem leibhaftigen Sheson über solche Dinge sprechen zu können. »Aber nirgends steht etwas darüber, wie einem diese Fähigkeit übertragen wird.«
    »Das ist auch gut

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